Wie unterscheidet sich die Kindergarten-Praxis in Deutschland von der in China und wo gibt es gemeinsame Ansatzpunkte? Diese Frage stand im Fokus des Besuchs einer sechsköpfigen Studiengruppe des Instituts für Frühpädagogik an der Zhejiang-Universität in Hangzhou unter der Leitung von Prof. Chen Buyun beim Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe).
Neben einem Empfang durch nifbe-Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer und einer Vorstellung des auf den intensiven Austausch von Forschung und Praxis ausgerichteten nifbe stand auch der Besuch von Kindergärten in Stadt und Landkreis Osnabrück auf dem Programm. So besuchte die Gruppe den als Familienzentrum konzipierten St. Antonius-Kindergarten in Haste und ließ sich über das Konzept des Bewegungskindergartens in der AWO-Kita in Natbergen informieren. Im Gegensatz zu chinesischen Kindergärten mit oftmals mehr als 500 und Gruppengrößen von 40 Kindern sind die deutschen erheblich kleiner. Und auch die Pädagogik unterscheidet sich deutlich: Während in chinesischen Kindergärten Disziplin und eine schulische Orientierung vorherrschen, setzen deutsche Kindergärten mehr auf Freiraum und Selbstverantwortung.
Dies zeigte sich auch beim Besuch des Kindergartens „An der Schelenburg“ in Bissendorf mit seinem insgesamt rund 11.000 qm großen Außengelände. KiTa-Leiterin Silvia Reiner erläuterte den Gästen aus China ihr pädagogisches Konzept, dass viel Raum für das eigenständige Forschen, Entdecken und Gestalten der Kinder bietet. „Wir gehen davon aus“, so Reiner, dass die Kinder von Anfang an lernen und sich weiter entwickeln wollen“.
Und so stehen hier auch weniger durchgeplante Angebote der ErzieherInnen als vielmehr die Frage im Vordergrund: „Was zeigen uns die Kinder? Wo liegen Ihre Interessen und Herangehensweisen?“Auf diese Weise nimmt man die Kinder ernst und vertraut auf ihr eigenständiges und eigenverantwortliches Handeln. Und so können die Kinder der Kita an der Schelenburg sich auch einmal alleine zurückziehen, in den Bäumen klettern und Buden bauen oder im Werkraum mit scharfen Sägen, Feilen und Raspeln hantieren.
Von diesen Freiräumen und Zutrauen in die Fähigkeiten der Kinder zeigte sich die Studiengruppe sehr angetan. Denn in China sei es für die ErzieherInnen Pflicht immer im Blickkontakt mit den Kindern zu sein und möglichst jede Gefährdung auszuschließen. „Chinesische Kinder“, so Prof. Dr. Renate Zimmer, die sich regelmäßig zu Studienaufenthalten und Vorträgen in China aufhält und eine Forschungskooperation mit dem Institut für Frühpädagogik aufgebaut hat, „sind tendenziell überbehütet“. Und in diesem Sinne resümierte auch Prof. Chen Buyun: „Wir können von deutschen Kindergärten viel lernen und möchten unseren Kindern in Zukunft auch noch mehr Möglichkeiten und Räume geben.“
Gemeinsamer Anschwung für die Elementarpädagogik:In der Mitte von l.n.r. Prof. Dr. Renate Zimmer, KiTa-Leiterin Silvia Reiner, Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter und Studiengruppenleiter Prof. Chen Buyun.