Zahl der Kita-Fachkräfte und Auszubildenden erreicht neuen Höchststand - Expansion führt nicht zu Dequalifizierung des Personals

Kindertageseinrichtungen sind ein boomender Arbeitsmarkt: Die Anzahl der dort Beschäftigten ist zwischen 1998 und 2014 um mehr als 235.000  (+65%) auf etwa 610.000 gestiegen. Diese Expansion erfolgte entgegen vieler Befürchtungen nicht zu Lasten des Qualifikationsniveaus: Sieben von zehn pädagogisch und leitend Tätigen sind ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Dennoch liegt die Quote einschlägig akademisch Qualifizierter mit 5% nach wie vor deutlich unter der in anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Zudem ist kaum Zeit für Leitungsaufgaben und das Gehalt entspricht nicht der Qualifikation. Deutlich erhöht haben sich die Ausbildungskapazitäten. Fraglich ist jedoch, ob die Nachwuchskräfte ausreichen, um die Kindertagesbetreuung künftig qualitativ zu verbessern. Dies geht aus dem Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2014 hervor, mit dem die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) erstmals auf Grundlage der amtlichen Statistik eine umfangreiche Analyse über Personal und Qualifizierung in der Frühen Bildung in Deutschland vorlegt.

BAG-BEK mit Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Systems der Kindertagesbetreuung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK e.V.) hat das Ziel, die Professionalisierung des gesamten Bereiches inbesondere der pädagogischen Fachkräfte voranzutreiben und dazu die Aktivitäten verschiedenster Institutionen, Akteure und Akteurinnen im Bereich der Bildung und Erziehung in der Kindheit in Deutschland zu vernetzen und weiterzuentwickeln.


Auf ihrer Frühjahrstagung 2014 in Hamburg arbeiteten 130 Expertinnen und Experten an der Frage, welche Impulse aus der Forschung zur Weiterentwicklung des Systems der Kindertagesbetreuung in Deutschland ausgehen. Zu diesem System gehören die Einrichtungen selbst mit den Kindern, Eltern, pädagogischen Fachkräften, Trägern und Leitungskräften sowie Fachberatungen und Anbieter von Organisationsberatung, Supervision und Coaching, Aus-, Fort und Weiterbildung, Lehre und Forschung sowie die Politik.

 

Das Land Niedersachsen verbessert ab dem 1. Januar 2015 den Personalschlüssel in Krippengruppen und finanziert eine so genannte „Dritte Kraft", für die SozialassistentInnen vorgesehen sind. Im Rahmen eines Stufenplanes erhalten Träger künftig Finanzhilfe in Form einer Pauschale für die Drittkräfte.

 

„Die ‚Dritte Kraft' kommt - gesetzlich verankert und vollständig vom Land finanziert", kündigte die Niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt jetzt bei der Vorstellung der Finanzierungspläne an. „Wir entlasten damit nicht nur die Träger und verbessern die Arbeitsbedingungen in Krippen, wir setzen damit auch ein deutliches Zeichen für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung!"

 

Im Herder-Verlag ist jetzt die in der nifbe-Forschungsstelle Bewegung und Psychomotorik unter der Leitung von Prof. Dr. Renate Zimmer entwickelte und evaluierte „Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen“ – kurz BaSiK – erschienen – und zwar als „Grundpaket“ und mit zwei Dokumentationsvarianten für die Sprachbeobachtung bei Kindern über und unter drei Jahren.

 

Seit der Diskussion und schließlich der Einführung des Betreuungsgeldes zum 1. August 2013 wird die Befürchtung geäußert, dass dieses vor allem von Familien genutzt werden würde, deren Kinder von institutionellen Angeboten frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung besonders profitieren könnten – wie z.B. von Familien mit Migrationshintergrund oder von Familien aus eher bildungsfernen Milieus. Dadurch, so die Kritik, würde sich eher die Bildungsungleichheit verschärfen als Chancengerechtigkeit gefördert. Laut Statistischem Bundesamt wurde zwischen 1. August 2013 und 31. Dezember 2013 für knapp 65.000 Kinder Betreuungsgeld gewährt.

Auf einer Kabinettsklausur zum Haushaltsplanentwurf für 2015 sowie die weitere mittelfristige Finanzplanung hat die Niedersächsische Landesregierung auch ihre Pläne zur besseren Personalausstattung in Krippen konkretisiert. Grundsätzlich, so heißt es in einer Pressemitteilung der Staatskanzlei, werde mit dem Haushaltplanentwurf die „Zukunftsoffensive Bildung" als Kernstück niedersächsischer Bildungspolitik fortgeschrieben und in der mittelfristigen Planung bis 2018 finanziell abgesichert. Als Schwerpunkt innerhalb der Bildungspolitik des Landes wird „die Förderung frühkindlicher Bildung sowie die Verbesserung der Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Anforderungen“ markiert.

Bertelsmann Stiftung fordert Bundes-Kita-Gesetz für einheitliche Standards

In der frühkindlichen Bildung bleibt gute Qualität oftmals auf der Strecke, weil viele Kindertageseinrichtungen nicht genügend Erzieherinnen haben. Die Personalschlüssel für unter Dreijährige in Niedersachsen weichen deutlich von einem kindgerechten und pädagogisch sinnvollen Betreuungsverhältnis ab. Von den westlichen Bundesländern ist dies der zweitschlechteste Personalschlüssel für Krippen. Die großen Unterschiede zwischen den Bundesländern sorgen dafür, dass die Bildungschancen von Kleinkindern erheblich vom Wohnort abhängig sind: „Wir brauchen dringend einheitliche Qualitätsstandards, die in einem Bundes-Kita-Gesetz geregelt sind“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Würden die von der Bertelsmann Stiftung empfohlenen Personalschlüssel für alle Kitas in Niedersachsen verbindlich gelten, wären gut 4.200 Erzieherinnen zusätzlich erforderlich. Die niedersächsische Landesregierung hat derweil angekündigt, die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten Bundesmittel in Höhe von gut 100 Millionen Euro für die dritte Fachkraft in Krippengruppen zu nutzen. (siehe dazu auch unseren Beitrag Kultusministerin Frauke Heiligenstadt im nifbe-Interview).

 

 

Das erfolgreiche Bundesprogramm "Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration" wird fortgesetzt. Bis zum 31. Dezember 2015 sollen rund 4.000 Schwerpunkt-Kitas bundesweit gefördert werden. Dafür stellt der Bund zusätzlich rund 100 Millionen Euro jährlich zur Verfügung und investiert erneut in die qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung. Jede geförderte Einrichtung erhält davon 25.000 Euro pro Jahr, jeder Einrichtungsverbund 50.000 Euro pro Jahr.

Im Interview mit Karsten Herrmann vom nifbe gibt Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt Auskunft über den grundsätzlichen Stellenwert der frühkindlichen Bildung sowie über aktuelle Vorhaben und Schwerpunkte der Landesregierung. Sie unterstreicht dabei, dass die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel für Bildung für die Finanzierung von Drittkräften in Krippengruppen zur Verfügung gestellt werden sollen.

 

Konzeptentwicklung und Umsetzungsmaßnahmen zur alltagsorientierten Sprachbildung und -beobachtung in NRW

Unter maßgeblicher Beteiligung der nifbe-Forschungsstelle Bewegung und Psychomotorik unter Leitung von Prof. Dr. Renate Zimmer hat das Bundesland Nordrhein–Westfalen neue Empfehlungen zur Sprachbildung und -Beobachtung herausgegeben. In Zusammenarbeit mit Vertretern der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und der Landesjugendämter in NRW hat das MFKJKS (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport) unter Begleitung des nifbe ein Grundlagenpapier erarbeitet, in dem die alltagsorientierte Sprachbildung als Hauptmerkmal der Unterstützung einer individuellen Sprachentwicklung gilt (vgl. www.kita.nrw.de).   Gleichzeitig wurden Empfehlungen zur Sprachentwicklungsbeobachtung und -dokumentation sowie einer flächendeckenden Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte in Kindertagesstätten erarbeitet. Auch weiterhin steht die nifbe-Forschungsstelle dem MFKJKS sowie den Trägern der Kindertageseinrichtungen als beratender Ansprechpartner für weiterführende Fragen im Umsetzungsprozess zur Seite.