Osnabrücker Kongress „Bewegte Kindheit" mit 3.000 TeilnehmerInnen farbenfroh eröffnet
Jonglage, Rhythmus, Tanz, Artistik - mit bewegten und bewegenden Künsten des „Kinderzirkus Luftikus" der Grundschule Bissendorf ist vor 3.000 TeilnehmerInnen der 9. Kongress „Bewegte Kindheit" in der OsnabrückHalle fröhlich und farbenfroh eröffnet worden. Der gemeinsam von Universität Osnabrück und dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) veranstaltete und seit Wochen ausgebuchte Kongress ist bundesweit die größte und renommierteste Veranstaltung zur frühkindlichen Bildung und Entwicklung. Über drei Tage stehen mehr als 150 Vorträge, Seminare und Workshops auf dem Programm. Im thematischen Fokus des diesjährigen Kongresses stehen die Inklusion, die Sprachbildung sowie die Arbeit mit Kindern unter drei Jahren.
„Fahrplan Kita-Qualität!"
Staatssekretär Dr. Rolf Kleindiek aus dem Familienministerium dankte zum Auftakt den pädagogischen Fachkräften in KiTa und Grundschule für ihre „tagtägliche Höchstleistung". Er bezeichnete die frühkindliche Bildung als „politisches Schlüsselthema" und forderte im Hinblick auf die zurzeit laufenden Tarifverhandlungen eine bessere Bezahlung von ErzieherInnen. Im Hinblick auf die Inklusion stellte Kleindiek heraus, dass diese zunächst einmal eine Haltung voraussetze, die jedem Kind ein Recht auf Bildung und Teilhabe einräume. Inklusion brauche aber auch entsprechende Rahmenbedingungen und hier unterstütze der Bund durch ein neues Investitionsprogramm, mit dem auch die Ausstattung in KiTas gefördert werden könne. Gemeinsam mit den Ländern habe der Bund sich desweiteren auf einen gemeinsamen „Fahrplan Kita-Qualität" geeinigt. Ziel sei es, allen Kindern bun-desweit die gleichen Entwicklungs- und Bildungschancen zu bieten und damit zur Chancengerechtigkeit beizutragen. „Am Ende", so Kleindiek, „ profitiert die ganze Gesellschaft von guter Bildung von Anfang an!"
Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang Lücke unterstrich in seiner Begrüßung die hohe gesellschaftspolitische Bedeutung der Forschung im frühkindlichen Bereich. Mit dem an der Universität angesiedeltem nifbe habe das Land Niedersachsen 2007 ein „Zentrum für frühkindliche Forschung und Transfer geschaffen", das bundes- und europaweit einzigartig sei. In diesem Sinne sei Osnabrück „ein herausragender Standort für die frühkindliche Bildung und Entwicklung" und der Kongress „Bewegte Kindheit" ein exemplarisches Beispiel dafür.
„Das Glück der gelungenen Tat"
Kongressleiterin Prof. Dr. Renate Zimmer hob die Chancen der Bewegung im Hinblick auf die Inklusion heraus; „Bewegung ist in besonderem Maße geeignet, einen Zugang zu allen Kinder unabhängig von ihren individuellen Entwicklungs- und Lernvoraussetzungen zu finden – denn über die Bewegung können sie eigene Stär-ken entdecken und Selbstwirksamkeit verspüren". Kritisch nahm Zimmer den zunehmenden Leistungsdruck bereits in der frühen Kindheit in den Blick und plädier-te für „das Glück der gelungenen Tat im Hier und Jetzt."
„Neue Kultur der Bewegung und Ernährung"
Der Zusammenhang von Bewegung und Gesundheit auf der Folie der menschlichen Evolution stand im Fokus des Eröffnungsvortrages von Prof. Dr. Detlev Ganten. Der Präsident des „World Health Summit" und Vorstandsvorsitzende der „Charité – Universitätsmedizin Berlin" kritisierte, dass „Fehlernährung und Bewegungsmangel zu den modernen Seuchen geworden sind", die ebenso viel Leid und Tote forderten wie die Epidemien des Mittelalters. Bewegung und Sport hätten nicht nur direkte positive körperliche Effekte, sondern auch positive Auswirkungen auf Kognition, Emotion und soziales Verhalten. Er forderte daher „mehr Präventi-on und eine neue Kultur der Bewegung und der gesunden Ernährung."
Perspektive Inklusion
Einen roten Faden im Kongressprogramm bildet unter dem Motto „Vielfalt von Anfang an" die gesellschaftspolitisch heiß diskutierte Inklusion in KiTa und Grundschule. ReferentInnen wie Prof. Dr. Timm Albers, Prof. Dr. Ulrike Lüdtke oder Prof. Dr. Simone Seitz zeigen aus verschiedenen Perspektiven auf, wie körperliche, kulturelle oder kognitive Unterschiede zwischen Kindern als Bereicherung und Chance gesehen und die Vision der Inklusion in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden kann. „Jeder Mensch muss mit seinen einzigartigen Eigenschaften und Ressourcen, mit seinen Stärken und Schwächen angenommen, beteiligt und gefördert werden. Dafür brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Perspektivwechsel" bekräftigte Prof. Dr. Renate Zimmer.
Siehe auch die weitere Kongress-Berichterstattung:
"Wir müssen Qualität zum zentralen Thema machen"