Über 1.000 TeilnehmerInnen bei nifbe-Veranstaltungen
Einen gelungenen Auftritt auf der didacta konnte das nifbe mit seiner Sonderschau „Forschung, Vernetzung und Transfer" sowie zahlreichen frühpädagogischen Angeboten im Rahmenprogramm der weltweit größten Bildungsmesse verbuchen.
Viele BesucherInnen nutzen am nifbe-Stand so die Gelegenheit, um sich über aktuelle Projekte und Ergebnisse aus den nifbe-Regionalnetzwerken sowie den nifbe-Forschungsstellen zu informieren und mit den Akteuren direkt in das Gespräch zu kommen. Auf großes Interesse stießen auch die Publikationen des nifbe wie die „Themenhefte" oder auch das nifbe-Portal als zentralem Zugang zur frühkindlichen Bildung in Niedersachsen. Im Rahmen der Sonderschau bot das nifbe auch fünf Thementage mit jeweils vier kostenlosen Workshops an. Das Themenspektrum reichte dabei von der „Arbeit mit Kindern unter drei" über „Material- und Lernwerkstatt", „MINT" sowie „Sprache (im Übergang)" bis zur „Inklusion".
Zusätzlich zu der Sonderschau kooperierte das nifbe in diesem Jahr auch eng mit der didacta beim Rahmenprogramm für KiTas und bot verschiedene KiTa-Seminare, einen „Fachtag Fachberatung" sowie gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück den Bildungstag „Kitas im Spannungsfeld zwischen Effizienz und pädagogischer Qualität" an. Insgesamt nahmen mehr als 1000 Pädagogische Fachkräfte an den Bildungsangeboten des nifbe und seiner Kooperationspartner auf der didacta teil.
Niedersächsische Fachberatung in Aufbruchstimmung
Aufbruchstimmung vermittelte der restlos ausgebuchte nifbe-Fachtag Fachberatung im Convention Center der Messe. Nachdem Prof. Dr. Michael May von der Hochschule Rhein-Main und Maria-Theresia Münch vom Deutschen Verein die aktuelle Situation und zukünftige Perspektiven beleuchteten, diskutierten die FachberaterInnen selber mögliche Ansätze und Wege zur Entwicklung ihres Professionsverständnisses. In Niedersachsen wird das nifbe diesen Weg weiter begleiten und unterstützen (s.a. den ausführlichen Bericht zur Tagung Quo vadis Fachberatung?).
Bildungstag zwischen PISA und Büllerbü
„PISA oder Büllerbü" – unter diesen Antagonismen lotete der in Kooperation von der Hochschule Osnabrück, dem didacta-Verband und dem nifbe durchgeführte didacta-Bildungstag das Spannungsfeld zwischen Effizienz und pädagogischer Qualität aus. Wie Prof. Dr. Julia Schneewind von der Hochschule Osnabrück erläuterte, sollte es dabei nicht um „Schwarz-Weiß-Malerei" gehen, sondern um „Klärung der Frage, welche pädagogischen Ziele wir eigentlich verfolgen wollen".
Zur Begrüßung unterstrich nifbe-Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer, dass Bildung Zeit brauche und dass Kinder Zeit brauchen, um ihre Potenziale zu entfalten. Gegen alle Tendenzen die Kindheit zu verkürzen forderte sie insbesondere in den ersten Jahren „das Glück des heutigen Tages" im Auge zu behalten.
Im Gespräch mit Prof. Dr. Yvonne Anders sprach sich nifbe-Forscher Prof. Dr. Hilmar Hofmann auch gegen ein „Entweder – Oder" zwischen PISA und Büllerbü aus: „Wir sollten uns aber bewusst darüber sein, wann wir uns in PISA und wann wir uns in Büllerbü befinden, wann wir systematische Anreize setzen und die Kinder fordern und wann wir ihnen Freiräume bieten und sie laufen lassen wollen." Er plädierte auch dafür, seitens der Wissenschaft weniger normative Vorgaben zu machen und Programme zu entwickeln als vielmehr den Alltag in der KiTa besser zu erforschen und die Frage zu beantworten: „Was passiert in welchen Settings?" Yvonne Anders von der FU Berlin stellte klar, dass die Umsetzung von Bildungsplänen nicht die Umsetzung von Programmen bedeute. Förderlicher seien „alltagsintegrierte und situationsorientierte pädagogische Ansätze". Grundsätzlich kritisierte sie, dass die hohen Anforderungen an pädagogische Fachkräfte in KiTas derzeit nicht realistisch seien, weil „Zeit und Ressourcen sowie fachliche Unterstützung fehlen".
Kritischer Blick auf Krippenbetreuung
Sehr kritisch nahm Dr. Rainer Böhm vom Sozialpädiatrischen Zentrum in Bielefeld die Auswirkungen der Krippenbetreuung auf die kindliche Entwicklung in den Blick. Nach einer Kurzvorstellung der Bindungstheorie leitete er insbesondere aus anglo-amerikanischen Längsschnittstudien und Meta-Analysen die Schlussfolgerung ab, dass Kinder unter zwei Jahren aufgrund „chronischer Stressbelastung" nicht in der Krippe betreut werden sollten. Zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag sei maximal eine halbtägige Gruppentagesbetreuung und erst ab drei Jahren eine bis zu ganztägige Gruppentagesbetreuung möglich. Statt institutioneller Betreuung favorisierte er die Unterstützung und Förderung der elterlichen Betreuung und verwies auf die entsprechenden „Bielefelder Empfehlungen". Nur ansatzweise konnten auf dem Bildungstag allerdings die Konsequenzen der Ausführungen von Rainer Böhm im Hinblick auf die derzeitige Bildungspolitik, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für die Pädagogischen Fachkräfte in den Krippen diskutiert werden.
Nach einem Abstecher von Thorsten Landowsky in die „Fünf Dimensionen systemischer Führung" beleuchtete ZEIT-Journalist Martin Spiewak die aktuelle Situation von Kindern in Deutschland. Im Kontrast zu vielfältigen medialen Katastrophenszenarios und entsprechend boomenden Publikationen wie „Erziehen wir unsere Kinder zu Tyrannen?" konstatierte er: „Kinder leben bei uns heutzutage besser als je zuvor und sind glücklicher als je zuvor". Den Anteil von Problemkindern taxierte er zwischen 5 und 20 Prozent und forderte, dass hier der Fokus liegen und die entsprechenden Familien zielgerichtet unterstützt werden müssten.
Appell für mehr Zeit und Besinnung in der Bildung
Mit einem nachdenklich-philosophischen Ausblick verabschiedete Julia Schneewind die TagungsteilnehmerInnen. Sie hinterfragte unter anderem im Hinblick auf den immer früheren und längeren Medienkonsum kritisch den „Zeitgeist" und forderte mehr Zeit und Besinnung auf den geglückten Moment statt eines auf Effizienz getrimmten und in die Zukunft gerichteten „Schneller, höher, weiter".