Qualität trifft Vielfalt

Die Erwartungen der Träger sind hoch – was aber bekommen Fachberaterinnen
von ihrem Arbeitgeber, um sich weiterentwickeln zu können? Ein Plädoyer für
mehr Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten

Das klingt nicht gerade wie eine konkrete Stellenbeschreibung: Als „unechten Anlernberuf “ beschrieb Autorin Beate Irskens die Fachberatung schon 1992, weil es für sie keine geregelte Ausbildung und kein Studium gibt. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert: Unterschiedliche Landesgesetze und Trägervorstellungen prägen immer noch das Anforderungsprofil, und die Kompetenzen, die die Bewerberinnen mitbringen, passen entweder dazu oder werden im Berufsverlauf durch Fort- und Weiterbildung angeglichen. Aber was sind die Erwartungen aus der Praxis und von Trägerseite an Fachberaterinnen von heute? Wie sieht deren Profil aus? Und welche Fortbildungsmöglichkeiten gibt es für Fachberatende?

Das musst du können

Da in den Gesetzen des Bundes und der Länder wenig zu Kita-Fachberatung ausformuliert ist, kann man an dieser Stelle sowohl Träger als auch Fachberatungen selber zu den Erwartungen befragen, die an diesen Beruf herangetragen werden. Die Erziehungswissenschaftlerinnen Claudia Hruska und Katrin Lattner analysierten 2018 in zwei Erhebungen Stellenanzeigen zu Fachberatung und stellen Folgendes fest: Träger suchen in der Regel Bewerberinnen und Bewerber mit meist pädagogischem Studienabschluss und Berufserfahrung, etwa als Kita-Leitung. IT-Kenntnisse waren am häufigsten gefordert, noch vor Beratungs- oder Erwachsenenbildungskompetenz und inhaltlichem Fachwissen. An personalen Kompetenzen wurde hohe Flexibilität gepaart mit hoher Selbstorganisation gewünscht. Teamfähigkeit, Kommunikationsvermögen und Organisationsfähigkeit stellten für Träger ebenfalls wichtige Eigenschaften der Fachberatung dar. Insgesamt bescheinigen die Autorinnen den Arbeitgebern, dass sie ein „breites PortfolioPortfolio||||| Ein Portfolio bezeichnet ursprünglich  eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Im  Handlungsfeld frühkindliche Bildung werden Portfolios beispielsweise wie "Ich- .Mappen" für Kinder genutzt um eigene Fortschritte zu dokumentieren. Auch in Studiengängen gibt es Beispiele, wo Portfolios als Prüfungsleistung oder Dokumentation von Entwicklungen zählen können. an Anforderungen und Erwartungen aufstellen“.

Weiterhin stellen sie fest, dass die Stellenanzeigen den Eindruck vermitteln, dass „die Mehrzahl der Arbeitgeber davon ausgeht, dass der Aufwand, wie ein eigenes Auto, bei der Arbeit als Fachberatung ,normal‘ sei und kaum bis keine Arbeitgeberleistung etwa in Form von Weiterbildungsmöglichkeiten nötig sind“. Bei Arbeitgebern setzte sich bisher offenbar nicht überall ein Bewusstsein dafür durch, dass Leistungen und Entgegenkommen ihrerseits für ein gutes Arbeitsverhältnis und langfristige Personalbindung nötig sind – insbesondere wenn sie so hoch qualifiziertes und engagiertes Personal gewinnen und halten wollen.

In der Praxis gibt es bei großen Trägern, für deren Kitas in der Regel eigene Fachberaterinnen eingestellt sind, häufiger Konzepte oder Leitbilder zum Berufsfeld. Kleine Träger verfügen meist nicht über eine eigene Fachberatung und bedienen sich deshalb bei Bedarf am Markt bei sogenannten freien Fachberaterinnen. In Niedersachsen steht in den meisten Landkreisen den Kitas mindestens eine kommunale Fachberatung als generelle Ansprechpartnerin im Jugendamt zur Verfügung. Gelegentlich handelt es sich auch um Teams aus mehreren Personen, die teilweise ausschließlich für Schwerpunkte wie Sprache, Inklusion, Hort oder Krippe zuständig sind.

Da das ganze Feld durch den Kita-Ausbau in Bewegung ist, sind etliche Träger auch in der Entwicklung einer geeigneten Stellen- oder Aufgabenbeschreibung für ihre Fachberatung. Dennoch stellen viele Fachberaterinnen, egal ob Berufsanfängerinnen, Quereinsteigerinnen oder ehemalige Kita-Leiterinnen, in ihren ersten Arbeitswochen und auch bei größeren Trägern fest: Es fehlt an konkreten Stellen- und Aufgabenbeschreibungen, Einarbeitungskonzepten, Fachkenntnissen bei Vorgesetzten, Arbeitgeberangeboten wie Rollenklärung durch Supervision oder Coaching und einem passenden Fortbildungsangebot speziell für Fachberaterinnen. Das zumindest legen die Ergebnisse aus einem Gruppengespräch beim sechsten nifbe-Fachtag für Fachberatungen im August nahe.

Es zeigt sich somit, dass nicht nur in den Kitas selbst die Rahmenbedingungen nicht mit dem schnellen Ausbau Hand in Hand gehen, sondern auch in den Strukturen um die Kindertageseinrichtungen herum die professionelle Entwicklung hinterherhinkt, obwohl die Forderung nach professioneller Fachberatung nicht neu ist, aber politisch und finanziell bisher kaum abgesichert wurde.

Das kann ich anbieten

In einer Studie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.) arbeitete Jan Leygraf heraus, dass Fachberaterinnen zu mehr als achtzig Prozent über ein Studium verfügen, davon hat ein Viertel einen Universitätsabschluss. Die größte Gruppe studierte Sozialpädagogik oder Pädagogik. Die Zahl der Fachberaterinnen, die eine Ausbildung zur Erzieherin absolvierten oder als Erzieherin tätig waren, variiert je nach Quelle zwischen einem Drittel und einem Viertel.

Jan Leygraf fragte in seiner Studie auch nach Zusatzqualifikationen und stellte fest, dass knapp fünfundzwanzig Prozent über keine spezifische Zusatzqualifikation verfügten und rund vierundvierzig Prozent eine Fortbildung explizit für Fachberatungen absolviert hatten. Weitere Themenfelder, in denen sich im Laufe der Berufsjahre hauptsächlich fortgebildet wurde, waren: Qualitätsmanagement, Coaching und Supervision, Beratung und Gesprächsführung sowie systemisches Arbeiten.

Wie kann ich mich entwickeln?

Seit der Einführung, vor allem aber auch seit dem Ausbau des Fachberatungssystems, werden nicht nur Rahmenbedingungen und Aufgabenvielfalt kritisiert, sondern auch spezialisierte Fortbildungsangebote und wissenschaftliche Unterstützung eingefordert. Fortbildungsangebote, die speziell für Fachberatungen konzipiert wurden, sind aber nach wie vor nicht flächendeckend vorhanden. Oft sind große Kita-Träger Vorreitende und verfügen inzwischen über passgenaue und qualitativ gute Angebote für ihre Mitarbeiterinnen. An der Paritätischen Akademie in Berlin findet zum Beispiel zurzeit ein berufsbegleitender Lehrgang mit sechs Modulen über rund zwanzig Monate statt. Einige wenige Hochschulen bieten Fortbildungsmöglichkeiten an, die über einzelne Seminare, Module oder Tagesveranstaltungen hinausgehen. An der Hochschule Koblenz kann man zum Beispiel aktuell den Masterstudiengang Kindheits- und Sozialwissenschaften als berufsbegleitendes Fernstudium mit einem Vertiefungsschwerpunkt Fachberatung studieren. Weitere Hochschulen, deren Studienangebote auch auf die Tätigkeit als Fachberaterin vorbereiten, sind unter anderem die Universität Leipzig, die Hochschule in Erfurt oder die Hochschule in Kiel. Die Studieninhalte sind dabei höchst unterschiedlich, da auch hier ein bundesweiter Rahmen fehlt, stellte Maria-Theresia Münch vom Deutschen Jugendinstitut 2018 in einem Vortrag fest. In Niedersachsen gab es von 2016 bis 2018 eine modularisierte Fortbildung des Kultusministeriums, die aufgrund der guten Evaluationsergebnisse erneut in Planung ist und im Sommer 2020 gestartet ist.

In der Regel nutzen Kita-Fachberaterinnen berufsbegleitende Fortbildungen, die auf dem freien Markt der Erwachsenenbildung angeboten werden und sich an ihren tatsächlichen Arbeitsaufgaben orientieren. Bei der Auswahl spielen aber auch die Vereinbarkeit mit ihren Arbeitszeiten, ihren familiären Verpflichtungen sowie die Kosten eine große Rolle. Weiterhin wünschen sich Fachkräfte, dass die Angebote eine hohe Qualität vorweisen, dass Fortbildungen beispielsweise durch Zertifikate anerkannt werden oder sogenannte Credits für ein späteres Studium erworben werden können, wie Karin Beher und Michael Walter in ihrer WiFF-Studie belegten.

So geht es weiter

Das Feld der Kindertagesbetreuung wird zukünftig nicht mehr ohne personell gut ausgestattete Unterstützungssysteme wie Fachberatung auskommen. Der quantitative Ausbau, die gestiegenen Anforderungen und (früh-)pädagogischen Notwendigkeiten in einer vielfältigen Gesellschaft können von Leitungen und Fachkräften vor Ort nicht im Alleingang bewältigt werden. Die Einhaltung der geforderten bundeseinheitlichen Standards für Fachberatung würde möglicherweise zu guter Qualität der Arbeit und geregelter Eingruppierung führen, andererseits aber die Vielfalt der Zugänge einschränken und Entwicklungsmöglichkeiten sowohl von multiprofessionellen Fachberatungteams als auch von persönlichen Karrierewegen, insbesondere von Frauen, beeinträchtigen. Denn neben Personen mit den von Wissenschaft und Praxis immer wieder geforderten Grundqualifikationen wie Berufserfahrung und pädagogisches Studium gibt es, wie die Untersuchung von Jan Leygraf zeigt, auch unterschiedlichste Quereinsteigerinnen in den Beruf der Fachberatung. Abgesehen von einer verstärkten Einrichtung von Studienschwerpunkten zur Fachberatung in grundständigen Bachelor- und Masterstudiengängen der Kindheitspädagogik sowie der Erziehungs- und Bildungswissenschaft können auch gezielte und bundesweit verbreitete Fort- und Weiterbildungen auf Hochschulniveau dazu beitragen, dass die fachliche Vielfalt unter den Beschäftigten erhalten bleiben kann und dennoch Qualität gewährleistet ist.



LITERATUR
  • HOFMANN, IRIS (2018): Passende Angebote häufig Fehlanzeige. In: ALSAGO, ELKE; KARSTEN, MARIA-ELONORA; MAY, MICHAEL; PREISSING, CHRISTA (Hg.): Fachberatung im Aufbruch. Verortung – Herausforderung – Empfehlungen. Freiburg: Herder.

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
TPS 2-2020, S. 40-44




Zu den Aktivitäten des nifbe rund um die Fachberatung siehe auch hier:

Unterstützung und Begleitung der Fachberatung


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