Fachschulen als Impulsgeber

Neue Herausforderungen im Kita-Alltag

Bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben kommt den Fachschulen eine unterstützende Brückenfunktion zu. Sie haben die Aufgabe und die Möglichkeiten am Puls der Zeit zu sein. Von daher ist eine differenzierte Vernetzung von der lokalen bis zur Bundesebene notwendig. Da, wo dies auf Augenhöhe gelingt, sind Fachschulen maßgebliche Kompetenzzentren.


Als im April diesen Jahres in Berlin das Fachkräftebarometer 2017 vorgestellt wurde, waren sich alle Akteure einig: Die Dynamik im Arbeitsfeld der Frühpädagogik ist ungebrochen und das Ziel der Global Player mit der 2008 gegründeten »Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte« (WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.) ist es nach wie vor, »die Elementarpädagogik zu stärken und die Qualität der pädagogischen Arbeit zu verbessern«, so formuliert es die Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka im Vorwort. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts, stellt angesichts der hohen Nachfrage nach Krippen- und Kita-Plätzen vor allem den Bildungsauftrag heraus.

Hat man in der letzten Dekade vor allem auf den U3-Bereich geschaut, so nimmt die aktuelle im September 2017 erschienene Studie des Forschungsverbundes des Deutschen Jugendinstituts und der Technischen Universität Dortmund mit dem Titel »Plätze. Personal. Finanzen – der Kita-Ausbau geht weiter« nun die Betreuung der Grundschulkinder (6,5–10,5 Jahre) in den Blick. Die Zahl der prognostizierten Fachkräfte steigt also weiter und es ist noch nicht abzusehen, wie sie erreicht werden soll. Aber dennoch scheint klar zu sein, dass ein Absenken des Qualifikationsprofils der falsche Weg wäre. Vielmehr wird betont: »Wer Kindern von Beginn an eine gute Förderung und Entwicklung zugutekommen lassen will, wer Kindern von früh auf gleiche Chancen jenseits der sozialen Herkunft geben will, kann nicht die Standards senken, um sich dadurch noch zusätzliche Plätze und Personal zu erhoffen – das wäre ein fatales Signal an die bereits Beschäftigten –, sondern muss konsequent die nachholende Modernisierung eines Arbeitsfeldes und seiner Fachkräfte vorantreiben« (S. 52).

Die Entwicklung des frühpädagogischen Arbeitsfeldes in den letzten 15 Jahren darf alle Beteiligten mit Stolz erfüllen. Das Erreichte kann sich sowohl quantitativ wie auch qualitativ sehen lassen. Dennoch ist es nicht an der Zeit, nun die Hände in den Schoß zu legen. Weitere Anstrengungen sind notwendig. Hier soll es im Folgenden um die inhaltlichen Herausforderungen dieser Dynamik gehen, die einzig im produktiven Zusammenspiel von Aus-, Fort- und Weiterbildung bewältigt werden können. Die Fachschulen nehmen dabei eine Schlüsselfunktion im differenzierten Netzwerk der Frühpädagogik ein: Sie bilden eine wertvolle und anspruchsvolle Brückenfunktion zwischen den konkreten sozialpädagogischen Einrichtungen und ihren Mitarbeitenden auf der einen und den Trägern und der Wissenschaft auf der anderen Seite.

Vielfältig vernetzt mit den Einrichtungen

Die Stärke der fachschulischen Ausbildung sind sicherlich die Ressourcen zur Arbeit am Lernort Praxis, die in Niedersachsen mit den neuen Rahmenrichtlinien nun noch einmal gestärkt worden sind. So können Lehrkräfte wirklich mehrfach und effektiv in die Kindertageseinrichtungen gehen und dort als Mentorinnen und Mentoren ganz konkret die praktische Ausbildung begleiten.

Wichtige Hilfen hierfür liefern der Leitfaden für die praktische Ausbildung aus dem Niedersächsischen Kultusministerium vom Juni 2017 und der WiFF Wegweiser Weiterbildung Nr. 8 »Mentorinnen und Mentoren am Lernort Praxis« aus dem Jahr 2014. Wichtig dabei ist aber nicht nur die konkrete Begleitung der Auszubildenden, sondern in diesem Zusammenhang vor allem auch der direkte Austausch auf Augenhöhe mit den Erzieherinnen und Erziehern vor Ort. Hier wird vor dem Hintergrund der gegebenen pädagogischen Anforderungssituation gemeinsam am angezielten Qualifikationsprofil gearbeitet.

Das Praxiskonzept unserer Fachschule St. Franziskus gewährleistet darüber hinaus mittels PortfolioPortfolio||||| Ein Portfolio bezeichnet ursprünglich  eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Im  Handlungsfeld frühkindliche Bildung werden Portfolios beispielsweise wie "Ich- .Mappen" für Kinder genutzt um eigene Fortschritte zu dokumentieren. Auch in Studiengängen gibt es Beispiele, wo Portfolios als Prüfungsleistung oder Dokumentation von Entwicklungen zählen können. arbeit eine hohe Transparenz und Partizipation. Einblicke in den klassischen Dreischritt von Planung, Durchführung und Reflexion sind immer theoriegestützt und daher intensiv und differenziert. So wird deutlich, dass jede gute Theorie immer reflektierte Praxis darstellt. Mit dieser Portfolioarbeit werden Ressourcen im Sinne der Kompetenzentwicklung (Haltung, Wissen und Fertigkeiten) gespiegelt und dadurch Impulse für die nächsten Entwicklungs- und Lernschritte eröffnet.

Die Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten vollzieht sich auch noch auf zwei anderen Ebenen: Zum einen sind hier die Mentoring-Treffen mit allen Mentorinnen und Mentoren der Einrichtungen und der Fachschule – in der Fachschule St. Franziskus dreimal im Jahr – zu nennen, in denen das konkrete Ausbildungskonzept besprochen wird. Zum anderen ist der Fachbeirat zu erwähnen, in dem Trägervertretungen und Einrichtungsleitungen gemeinsam mit der Fachschule die konkrete Ausbildung und die Entwicklungen im Arbeitsfeld reflektieren. Auf diese Weise gelingt eine gemeinsam verantwortete, regional profilierte Ausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher von morgen.

Gremienarbeit – differenzierte Vernetzung auf allen Ebenen

Damit nicht an jedem Ort das Rad neu erfunden werden muss, sind die Fachschulen auch vielfältig untereinander vernetzt. In Niedersachsen arbeitet die Landesarbeitsgemeinschaft der Fachschulen (LAGderFSP) auf der Landesebene und auch auf regionaler Ebene. Hier werden Informationen aus dem Kultusministerium, der KultusministerkonferenzKultusministerkonferenz|||||Die KMK  ist die ständige Konferenz der Länder in der BRD, wurde 1948 gegründet und ging aus der "Konferenz der deutschen Erziehungsminister" hervor. Sie basiert auf dem freiwilligen Zusammenschluss der zuständigen Minister/Senatoren der Länder für Bildung, Erziehung und Forschung. Da nach dem Grundgesetzt und sog." Kulturhoheit der Länder" die Zuständigkeiten für das Bildungswesen bei den einzelnen Ländern liegt, behandelt die KMK Angelegenheiten von  überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer "gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung, sowie der Vertretung gemeinsamer Anliegen". , der Bundesverbände der Ausbildungsstätten von Erzieherinnen und Erziehern, der Trägerverbände, aus diversen Projekten und Institutionen (z.B. nifbe und WiFF) zusammengetragen und diskutiert. Insbesondere die drei Bundesverbände der Fachschulen (BeA, BöfAE und BAG KAE) mit ihrer gemeinsamen Vertretung arbeiten intensiv zusammen mit den Ministerien, den Instituten, den Trägerverbänden und der Wissenschaft an der Weiterentwicklung des Arbeitsfeldes.

Fachschulen als Kompetenzzentren

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum gerade Fachschulen sich als sozialpädagogische Kompetenzzentren verstehen und verstanden werden. Nicht wenige Fachschulen werden daher auch immer wieder vom Feld um Unterstützung gebeten.

Bei einigen Fachschulen hat sich daraus sogar ein eigenes Fortbildungsangebot entwickelt. An der Fachschule St. Franziskus firmiert dieses unter dem Namen »pfiff« (pädagogische fortbildungen in der fachschule st. franziskus). Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt dabei ein intensives Miteinander. So manche Fortbildung wird durch Einrichtungen oder durch Träger oder Fachberatung angeregt. Aber mindestens ebenso viele Themen resultieren aus der oben skizzierten Gremienarbeit und werden vor allem in letzter Zeit durch vermehrte Nachfragen nach Teamfortbildungen angenommen. Diese Inhouse-Teamfortbildungen machen in sehr spezifischer Form institutionsbezogene Herausforderungen bewusst, auf die dann reagiert werden kann. Dabei geht es zum Beispiel um Portfolioarbeit, um Bildungs- und Lerngeschichten, um Mentoring Prozesse, um religionssensible Erziehung, um Partizipation als Herausforderung im institutionellen Netzwerk, um DiversitätDiversität|||||siehe Diversity, um ästhetische Erziehung und Bildung in der Krippe, um Konzeptionserstellung, um Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, um die Implementierung neuer Dokumentationsformen, um den Umgang mit unterschiedlichen Verhaltensauffälligkeiten und viele andere Themen mehr. Auch hier zeigt sich das wertvolle Miteinander aller beteiligten Akteure.

Gemeinsam getragene Weiterentwicklung

Eine Folge dieses Miteinanders zeigt sich natürlich dann auch in den Aktualisierungen von Unterrichtsinhalten im berufsbezogenen Lernbereich Theorie. Als Beispiele seien hier nur einige Schlagworte genannt: Eingewöhnungsmodelle, Erziehungspartnerschaft, Sozialraumorientierung, Netzwerkarbeit, Auswirkungen veränderter rechtlicher Grundlagen. Für den berufsbezogenen Lernbereich Praxis seien hier exemplarisch die Portfolioarbeit in der Kita und die Portfolioerstellung der Auszubildenden als Dokumentation der individuellen Lernprozesse genannt.

Es bleibt festzuhalten: Die oben beschriebene dynamische Vernetzung wirkt positiv. Impulse aus der Praxis werden in die Ausbildung am Lernort Schule inkludiert und die Fachschule transportiert aktuelle Impulse pädagogischer Arbeit in die Einrichtungen.

Fazit

Fachschulen müssen sich in ihrem Selbstverständnis als Kompetenzzentren begreifen und den sich anbahnenden aktuellen Fragestellungen und Herausforderungen auf der Spur sein. Nur in dieser Form können sie sich den Einrichtungen als starker und kompetenter Partner im Netzwerk anbieten. Gleichzeitig befördern sie mit dieser Brückenfunktion die Qualität der Ausbildung und des gesamten Arbeitsfeldes.

HINWEIS
Die Fachschule St. Franziskus ist eine staatlich anerkannte, katholische Ersatzschule für die berufliche Aus- und Weiterbildung von sozialpädagogischen Assistenten/ Assistentinnen, Erzieher/innen und Heilpädagogen/- pädagoginnen. Träger der Berufsfach- und Fachschulen ist seit der Gründung im Jahr 1965 die Kongregation der Franziskanerinnen in Thuine und ab dem Jahr 2018 die Schulstiftung im Bistum Osnabrück. Für die Fachschule St. Franziskus mit 225 Ausbildungsplätzen im sozialpädagogischen Bereich und 50 Plätzen für die Weiterbildung in der Heilpädagogik ist neben einer hohen fachlichen Kompetenz die Persönlichkeitsbildung der angehenden Pädagoginnen und Pädagogen besonders wichtig. Mit dem innovativen Fortbildungsangebot pfiff (pädagogische fortbildungen in der fachschule st. franziskus) ist sie ein starkes Kompetenzzentrum für die sozialpädagogische Weiterentwicklung in der Region.

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus KiTa Aktuell ND, S. 255-257




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