Montessori für das 21. Jahrhundert

Inhaltsverzeichnis

  1. Montessori kompakt
  2. Die Meta-Montessori-Konzeption

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Maria Montessori begründete eine großartige Pädagogik. Doch entspricht ihr Konzept noch dem Verständnis kindlicher Entwicklung und Bildung im 21. Jahrhundert? Wassilios E. Fthenakis über die Notwendigkeit einer Meta-Montessori-Konzeption.


Bei der konzeptionellen Weiterentwicklung von Kindertagesstätten nimmt die Montessori-PädagogikMontessori-Pädagogik|||||Montessoripädagogik wurde von Maria Montessori ab 1907 als pädagogisches Bildungskonzept vom Kleinkind bis zum jungen Heranwachsenden entwickelt. Leitspruch der Pädagogik ist "Hilf mir es selbst zu tun" und arbeitet mit offenem Unterricht und freien Verfügungsphasen, in dem der Lehrende dazu angehalten ist die Lernprozesse angemessen anzuregen.  heute einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Allerdings liegen häufig defizitäre Kenntnisse von Montessoris Gedankengut und ihren Materialien vor. Daher sollen hier zunächst die wichtigsten Grundlagen des Konzeptes vorgestellt werden. Nicht selten wird ihr Ansatz reduziert auf die Arbeit mit behinderten Kindern oder die Realisierung ihrer Pädagogik in Integrationseinrichtungen. Dabei ist der zentrale Punkt der Montessori-Pädagogik die Grundhaltung und -einstellung dem Kind gegenüber. Wohl kaum ein Pädagoge vor oder nach Montessori hat so großes Gewicht auf die Beobachtung und die Signale der Kinder gelegt. Sie wollte die von ihr immer wieder bewunderte Kraft und die Macht des Kindes nicht eindämmen, sondern dessen Eigenkräfte zur vollen Entfaltung bringen. Die Erwachsenen hätten somit vom Kind zu lernen.
 

„Neue Lehrer“ geben Lernanreize

Damit diese Entwicklungsschritte positiv verlaufen können, fordert Montessori die „vorbereitete Umgebung“ und die „neue Lehrerin“, verkörpert durch Erzieherinnen und Eltern. Die „vorbereitete Umgebung“ ist nach Montessori eine Umwelt, die Lernanreize setzt. Hier schafft die „neue Lehrerin“ Lernvoraussetzungen für die Kinder und löst sich von jeder vorgefassten Meinung bezüglich deren Entwicklungsniveaus. Nach Montessori gehört die Umgebung den Kindern. Erzieherinnen geben ihnen nur auf deren Wunsch hin Hilfestellung. In Freiheit könne das Kind seine Interessen besser entwickeln, es sei motiviert und konzentriert.

 
Kinder sollen selbst handeln

Erziehung zu Selbstständigkeit und schöpferisches Lernen vollziehen sich, nach Montessori, nur durch eigenes Tun. Aktivität müsse sich aus dem Kind selbst entwickeln. Das Kind solle lernen, unabhängig zu handeln, seine eigenen Aufgaben zu wählen, in seinem eigenen Rhythmus zu arbeiten und eine Handlung so lange und so oft zu wiederholen, wie es dies wolle. Der Fortschritt des Abstraktionsprozesses könne nicht im „Gleichschritt der Kindergruppe“ erfolgen, sondern sei immer an die vom jeweiligen Kind erreichte Entwicklungsphase gebunden. In der Umgebung vollziehe sich das Lernen des Kindes nach einem inneren Bauplan. Montessori spricht hier von „sensiblen Perioden“, die in der Entwicklung auftreten und deren zeitliche Dauer beschränkt sei. Montessoris Grundprinzipien finden sich in ihren „Sinnesmaterialien“ sowie in ihrer Didaktik wieder, der „Drei-Stufen-Lektion“.


Sinnesmaterialien

Das Sinnesmaterial besteht aus einem System von Gegenständen, die nach bestimmten physikalischen Eigenschaften der Körper, wie Farbe, Form, Klang, Gewicht oder Temperatur geordnet sind. Durch die Materialien soll das Kind eindeutige Abstraktionen bestimmter Sinneseindrücke erwerben, da nur je ein Sinn beteiligt ist. Zudem lerne es nicht durch mündliche Vermittlung des Erziehers, sondern durch individuelle Erfahrungen beim Hantieren mit dem Material. Das gebe dem Kind die Möglichkeit der Fehlerkontrolle, ohne dass der Eingriff des Erziehers notwendig ist. Im Unterschied zu den sogenannten didaktischen Materialien wird beim Sinnesmaterial die Aktivität nicht auf ein bestimmtes Ziel gerichtet. Es stellt für das Kind vielmehr einen Schlüssel für seine Umgebung dar, indem es befähigt wird, seine natürlichen Eindrücke in einer nahezu wissenschaftlichen Weise klar zu ordnen.

 
Drei Stufen der Sinnesschulung

Die Schulung der Sinne verläuft stets parallel mit der Spracherziehung, im Rahmen der „Drei-Stufen-Lektion“: Auf der ersten Stufe lernt das Kind am Modell des Erziehers. Auf der zweiten Stufe soll das Kind die Eigenschaften selbst erkennen. Auf der dritten Stufe erfolgt die Namensgebung der Eigenschaften. Ähnliche Ziele sind mit Montessoris „Übungen“ zu einer Fülle an lebenspraktischen Tätigkeiten wie Zuknöpfen, Eingießen einer Flüssigkeit oder Vorbereitung einer Mahlzeit verbunden. Sie werden vom Kind zweckfrei geübt, um Sicherheit zu erlangen und von der Hilfestellung Erwachsener unabhängig zu werden sowie die Motorik zu fördern.

 

Kritische Anmerkungen:

Alle Lernprinzipien Montessoris sind zeitlos und haben bis heute nichts an ihrer Bedeutung verloren. Der häufig geäußerte Vorwurf, dass die Materialien rein technisch funktionieren würden, jede kreative Entwicklung behinderten und rein kognitiv ausgerichtet wären, wird durch den Alltag in einem Montessori-Kinderhaus widerlegt. So haben alle angebotenen Materialien einen Bezug zum Lebensalltag. Die Selbsttätigkeit, zu der die Kinder gelangen, lässt sie eigenständig, kreativ und einfallsreich Probleme bewältigen und Fragestellungen lösen. Das erworbene Wissen und Können wird im Alltag umgesetzt. Eine Theorie und Praxis der Montessori-Pädagogik, die sich etwa auf die reine Anwendung des didaktischen Materials beschränkt, bedeutet eine von Montessori nicht gewollte Verengung und eine grundlegende Verkennung ihrer Erziehungsabsichten.

Um Montessoris Pädagogik wahrhaftig zu verstehen, ist es notwendig, die „kosmische“ Dimension ihres Konzepts zu berücksichtigen, die Basis ihres Gesamtwerkes. Unter kosmischer Erziehung versteht Maria Montessori die Einführung des Kindes in die Entwicklung des Universums, der Erde und der Gesellschaften sowie die Anleitung zum Kennen- und Verstehenlernen derselben. In der Kita entspricht diesem Bereich das Lernfeld „Umwelt und Sachbegegnung“.

Zur Begründung der kosmischen Erziehung entwickelte die Pädagogin die „Kosmische Theorie“. Neben der Berücksichtigung der „kosmischen Erziehung“ für das Verständnis des Erziehungsansatzes von Montessori ist es dringend geboten, sich mit den philosophischen Grundlagen (Welt- und Menschenbild) und den die Lernbereiche übergreifenden Arbeitsprinzipien ihres Werkes konstruktiv kritisch auseinanderzusetzen und beides mit neuen Entwicklungen und Erkenntnissen in Verbindung zu bringen.

 


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