Das Konzept der Sensitiven Responsivität

Schon lange betont die Bindungsforschung die hohe Bedeutung einer sicheren und feinfühligen Beziehung für die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern. Mary Ainsworth hat die aufmerksame,  empfindsame, prompte und angemessene (mütterliche) Reaktion auf kindliches Verhalten dabei als entscheidende Kriterien herausgearbeitet.

Auch im KiTa-Alltag gelten die feinfühligen Interaktionen zwischen Erwachsenen und Kindern als ein entscheidendes Qualitätskriterium der frühkindlichen Bildung und Entwicklung. Doch wie sind diese in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit tatsächlich zu erfassen und wie ist das pädagogische Antwortverhalten sinnvoll zu operationalisieren? Im Rahmen einer Text- und –Videoanalyse hat die Erziehungswissenschaftlerin Regina Remsperger hierfür ein differenziertes Konzept der „Sensitiven Responsivität“ erarbeitet. Damit wird einerseits erfasst, ob eine pädagogische Fachkraft überhaupt auf ein Kind reagiert und, wenn ja, in welchem Maße ihre Reaktion feinfühlig ausfällt.

In einem ersten Schritt wurden in dieser Studie aus einer vergleichenden Textanalyse folgende Kategorisierungen für das Interaktionsverhalten von ErzieherInnen vorgenommen und mit differenzierenden Codes versehen:

  • Signale bemerken (Zugänglichkeit, Aufmerksamkeit)
  • Sich auf Signale angemessen verhalten (z.B. Promptheit und Richtigkeit der Interpretation, generelle Haltung, Emotionales Klima oder Stimulation)
  • Ausdruckskanäle (Sprache, Stimme, Gesicht, Körper)

In der ethnographisch angelegten Studie wurden daraufhin in acht KiTas die alltäglichen sozialen Interaktionen und Umgangsformen zwischen ErzieherInnen und Kindern in den Fokus genommen: „Teilnehmende Beobachtungen und Videoaufzeichnungen dienten der Rekonstruktion des kindlichen Interaktionsverhaltens und der sich auf unterschiedlichen Ausdruckskanälen äußernden Pädagogischen Responsivität“ (Remsperger 2013, S. 13). Durch die Videoanalyse wurde deutlich, dass das vielfältige und in komplexen Wechselwirkungen stehende Interaktionsverhalten der ErzieherInnen durch die vorhandenen Kategorisierungen und Codierungen nur ansatzweise erfasst werden konnte, so dass diese weiter ausdifferenziert und modifiziert werden mussten. Die schließlich in 63 Codes ausdifferenzierten Codierungen wir „Promptheit“, „Eingehen“, „Wertschätzung zeigen / loben“ oder „Stimulation“ erlaubten es, „die fließenden Übergänge von einem feinfühligen Verhalten zu einem wenig sensitiv-responsiven Antworten […] sehr nuanciert zu beschrieben.“ (Remsperger 2013, S. 17)

Wie Remsperger weiter ausführt, wurde bei der Auswertung der Videoszenen deutlich, wie differenziert sich ein sensitiv-responsives Antwortverhalten pädagogischer Fachkräfte gestaltet und wodurch es zentral gekennzeichnet ist: „Situationen mit einer überwiegend hohen Sensitiven Responsivität sind  gekennzeichnet durch das  Interesse, Engagement, Verständnis, das Herstellen des Blickkontakts, die Ruhe und nicht zuletzt durch das intensive Eingehen der ErzieherInnen auf die Kinder. Demgegenüber sind Diskontinuität und Inkongruenz Merkmale von Situationen mit einem eher wenig sensitiv-responsiven pädagogischen Verhalten. Ablenkungen und Unruhe sind oftmals Gründe für die sich verringernde Sensitive Responsivität der Fachkräfte.“ (Remsperger 2013, S. 18).

 
Literatur

  • Regina Remsperger: Das Konzept der Sensitiven Responsivität. Ein Ansatz zur Analyse des pädagogischen Antwortverhaltens in der ErzieherInnen-Kind-Interkation. In: Frühe Bildung, 2013/1, Göttingen: Hogrefe, S. 12 - 19


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