August Köhler (1821-1879)


August Köhler 200August Köhler (Quelle: Ida Seele-Archiv)Ernst Heinrich August  Anton Köhler wurde am 9. September 1821 in Trasdorf (Thüringen) geboren. Er absolvierte eine Lehrerausbildung. Anschließend unterrichtete er an dem 1784 von Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) begründeten Philantropinum in Schnepfenthal. Dort kam der junge Lehrer erstmals mit der Pädagogik Friedrich Fröbels (1782-1852) in Berührung. Doch diese lehnte er entschieden als „eitel Firlefanz und Spielerei“ (zit. n. Justus 1877, S. 16) ab. Im Jahre 1848 übersiedelte Köhler nach Gotha, da er dort eine Anstellung als Elementarlehrer erhielt. Er beobachtete, dass einige seiner Schüler sehr gut vorgebildet waren und in vielen Dingen ihren Klassenkameraden weit voraus waren. Dabei handelte es sich um Kinder, die den Gothaer Kindergarten besuchten, der von einer Fröbelschülerin geleitet wurde. Ausgehend von diesen Beobachtungen interessierte er sich verstärkt für die Fröbel- und Kindergartenpädagogik. Hinzu kam noch, dass er tief beeindruckt von der Erscheinung des Kindergartenbegründers war, als dieser noch kurz vor seinem Tod auf der Gothaer Lehrerversammlung (1. bis 3. Juni 1852) weilte.  Diese Begeisterung führte dazu, dass Köhler einen Kindergarten ins Leben rief sowie eine allumfassende Ausbildungsstätte für Mädchen und junge Frauen, die u. a. auch ein Kindergärtnerinnen- und Lehrerinnenseminar beinhaltete. Eine beachtliche Anzahl von Absolventinnen gründeten Kindergärten im In- und Ausland.

Beispielsweise haben ehemalige Schülerinnen   die Fröbelpädagogik und die Idee des Kindergartens in Siebenbürgen eingeführt und verbreitet. Dort galt allgemein: "Wer sich fachlich vervollkommnen und befähigen lassen wollte, mußte damals nach Deutschland gehen. Tatsächlich sind vor 1884 mehrere Siebenbürger Sächsinnen im Köhlerschen Seminar in Gotha ausgebildet worden" (Heltmann-Capesius 1934, S. 3). Die Kronstädter Stadtpfarrerstochter Friederike Schiel (1839-1923), die Anfang Januar 1869 in Kronstadt den ersten privaten Kindergarten Siebenbürgens ins Leben rief, besuchte im Jahre 1872 für mehrere Wochen die Einrichtungen von August Köhler. Sie war so begeistert, dass sie sogleich ihre Schwester und Cousine zur Ausbildung nach Gotha schickte und fortan die Fröbel'sche Pädagogik favorisierte. Auch die Arztfrau Therese Jikeli (1821-1890) aus Hermannstadt absolvierte 1871 eine einjährige Ausbildung zur Kindergärtnerin bei August Köhler. In ihre Heimat zurückgekehrt, machte die Kindergärtnerin die Fröbel'sche Idee publik. Sie gründete einen Fröbelkindergarten und erteilte jungen Mädchen, die in ihrem Kindergarten als "Helferinnen" angestellt waren, unentgeltlichen Unterricht in "Theorie und Praxis der Erziehungslehre Fröbels" (vgl. Mieskes 1986, S. 63 ff.).

Hauptwerk "Die Praxis des Kindergartens"


Köhler war Mitbegründer einer Fachzeitschrift, beteiligte sich an der Gründung von Fröbel- und Kindergartenvereinen und hielt unzählige Vorträge, weit über Deutschland hinaus. Ferner war er rege publizistisch tätig. Mit seinem dreibändigen Hauptwerk „Die Praxis des Kindergartens“, erschienen 1871, 1872 und 1875, hatte er für lange Zeit die Theorie und Praxis des Kindergartens beeinflusst, „in Nord und Süd, in Ost und West, in Deutschland wie in Rußland, in Amerika wie in England: in allen Kulturstaaten“ (Gothaisches Tageblatt, April 1897, Beilage zu Nr. 97). Den Kindergarten betreffend konstatierte Köhler, ganz im Sinne Friedrich Fröbels, dass der Kindergarten  „für Kinder beiderlei Geschlechts, etwa im Alter von 3 – 7 Jahren (ist; M. B.) […] Er wendet sich an alle Kinder der ersten Kindheit, mögen deren Eltern arm oder reich sein, niedrig oder hoch stehen, dieser oder jener politischen Partei angehören, sich zu der einen oder anderen Religion oder Konfession bekennen, gleichviel, denn er ist eine allgemeine Anstalt, deren Zweck ist: mitzuwirken an der Heranbildung des Kindlichen im Kind“ (Köhler 1868. S. 3 f).

 

Ideen für eine Verbindung von Kindergarten und Grundschule


Hervorzuheben ist, dass der Schul- und Kindergartenpädagoge sich vehement für eine Verbindung von Kindergarten und Schule einsetzte. Seine Vorstellungen dazu, die sehr aktuell klingen, bündelte er in folgende sechs Grundsätze:

 

„1) Der Kindergarten gibt seine Selbständigkeit auf, wird in den äußeren Klassenverband der Schule eingereiht und unter ein und dieselbe Direktion gestellt […].

2) Alle Eltern der Schulgemeinde sind vorläufig gehalten, ihre Kinder, welche das 5. Lebensjahr erreicht haben, der mit dem Kindergarten in Verbindung getretenen Schule zuzuführen […]…

3) Die Verbindung des Kindergartens und der Schule erfordert, daß die obere Abtheilung des Kindergartens von Kindergärtnerinnen geleitet wird, welche zugleich Lehrerinnen sind; ingleichen mindestens das erste Schuljahr von Lehrern oder Lehrerinnen, welche auch eine kindergärtnerische Bildung haben […].

4) Der Kindergarten behält seine ihm eigenthümlichen Erziehungsformen und Erziehungsapparate, überhaupt seine Methode bei, nimmt jedoch in seine Belehrungsgänge die für seine Schule geeigneten Vorbereitungsstoffe mit auf […].

5) In dem Kindergarten darf prinzipiell kein Lehrstoff schulisch bearbeitet werden, auch nicht einmal der sogenannte Anschauungsunterricht, wie ihn die Schulpädagogik kennt, getrieben werden […].

6) Die Schule bekennt sich sowohl zu dem Prinzip der Anschauung, als auch zu dem der Darstellung, und trägt Letzterem, soweit es sein kann und darf, Rechnung; auch setzt sie zu dem Ende für alle ihre Klassen wöchentlich zwei Stunden zu darstellenden Arbeiten fest“ (Köhler 1875, S. 266 ff.).

 

Köhler starb am 22. April 1879 in Gotha an den Folgen eines Hirnschlages.

 

Literatur

 

  • Berger, M.: Köhler, Ernst Heinrich August Anton. In: Marwinski, F. (Hrsg.): Lebenswege in Thüringen. Vierte Sammlung, Jena 2011, S. 182-190

 

  • Gothaisches Tageblatt, April 1879, Beilage zu Nr. 97

 

  • Heltmann-Capesius, M.: Zum fünfzigjährigen Bestehen der Adle-Zay-Schule 1884-1934, Kronstadt 1934

 

  • Justus, K.: August Köhler und das Gothaische Lehrerinnen- und Kindergärtnerinnen-Seminar nebst Zweiganstalten, Gotha 1877

 

  • Köhler, A.: Der Kindergarten in seinem Wesen dargestellt, Weimar 1868

 

  • Ders: Die Praxis des Kindergartens. Erster Band, Weimar 1871

 

  • Ders.: Die Praxis des Kindergartens. Zweiter Band, Weimar 1873

 

  • Ders: Die Praxis des Kindergartens. Dritter Band, Weimar 1875

 

  • Mieskes, H.: Die Kindergartenidee in Siebenbürgen. Beitrag zur Kultur- und Geistesgeschichte der Siebenbürger Sachsen nach 1850, Wiesbaden-Auringer 1986

     

  • Witter, F.: Inhalte, Quellen und Grundlagen der Pädagogik August Köhlers (1821-1879), Lübeck/Marburg 2011





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