Materialien in Kindertagesstätten

Unter Materialien werden alle Gegenstände verstanden, die zur Gestaltung der Räume (innen und außen) und für die pädagogische Arbeit benutzt werden. Dabei waren und sind sie abhängig von der finanziellen Situation, den pädagogischen Zielsetzungen, politischen Einflüssen,  gesetzlichen  Vorgaben und spiegeln die jeweils pädagogischen Konzeptionen. Beispiele für Materialien aus der Geschichte des Kindergartens sind Friedrich Fröbels System der Spielgaben und Beschäftigungsmaterialien, Maria Montessoris vorbereitete Umgebung, die Gegenstände für Übungen des täglichen Lebens und ihre Sinnesmaterialien und die naturbelassenen Materialien in den Waldorfkindergärten.

Die im PestalozziPestalozzi||||| Johann Heinrich Pestalozzi`s (1746 - 1827) pädagogisches Ziel war es eine ganzheitliche Volksbildung zu erreichen, und die Menschen in ihrem selbstständigen und kooperativen Wirken in einem demokratischen Gemeinwesen zu stärken. Er legte Wert auf eine harmonische und ganzheitliche Förderung von Kindern in Bezug auf intellektulle, sittlich-religiöse und handwerkliche Fähigkeiten. Grundidee ist dabei, ähnlich wie in der Montessori-Pädagogik, dass die Menschen die Fähigkeit entwickeln, sich selbst zu helfen.   -Fröbel-Haus in Berlin eingeführten Prinzipien zur Arbeit in Kleingruppen nach Monatsgegenständen unter Einbeziehung hauswirtschaftlicher Beschäftigungen, naturkundlicher Anschauungen, der Blumen-, Tierpflege und Gartenarbeiten führte Anfang des 20. Jahrhunderts zur aufgelockerten Raumgestaltung mit Tischgruppen.

Der Raum wurde zur Gruppenstube als Wohnraum. Nach dem Vorbild des Pestalozzi-Fröbel-Hauses wurden in den 1920er Jahren die Gruppenräume mit Freiflächen und Funktionsecken (Puppen-, Bau-, Bilderbuchecke) und Materialien zum kreativen Gestalten ausgestattet. Das Außengelände bot neben den Spielgeräten Möglichkeiten zur Gartenarbeit und Tierpflege.

1918 veröffentlichte der Deutsche Fröbelverband Mindestanforderungen für den Bau, die Einrichtung und Ausgestaltung von Kindergärten, für Räume, Möbel und Spielmaterialien, die dann in Preußen 1930 übernommen wurden und auch nach dem 2. Weltkrieg maßgebend blieben.

In der Folge der Bildungsreform in den 1970er Jahren kam es zu Veränderungen in der Architektur (Neben- und Mehrzweckräume) und der Raumgestaltung (gegliederte Räume durch Raumteiler). Die Inneneinrichtungen und – nur bedingt – die Außenflächen wurden entsprechend den unterschiedlichen Konzeptionen und dem Angebot der Industrie (Kindergärten nach Katalog) z.B. nach den Zielsetzungen einer kompensatorischen Erziehung, lernbereichs- oder funktionsorientiert oder im Sinne des Situationsansatzes mit Spiel- und Lernmaterialien ausgestattet. Einfluss auf die Materialien und eine offene Raumgestaltung hatte ab den 1980er Jahre der aus Italien stammende Reformansatz der Reggiopädagogik, der u.a. von der Theorie des entdeckenden Lernens dem Kind seine Sinne ansprechende und herausfordernde Umgebung zur Verfügung stellt. Nur zögerlich und eingeschränkt haben bis heute technische Medien und Materialien für den naturkundlich-technischen Bereich Eingang in den Kindergarten gefunden.

Unterschiedliche, pädagogisch, psychologisch, ästhetisch und ethisch begründete Kriterienkataloge zur Auswahl von Materialien wurden entwickelt. Bei der Auswahl der Materialien sind danach nicht nur Kriterien der Sicherheit, Hygiene, Stabilität, der möglichen Veränderbarkeit der Raumgestaltung, der Sachgemäßheit und Vielseitigkeit zu berücksichtigen, sondern auch die Selbständigkeit der Kinder, ihr Entwicklungsstand, ihre Kreativität und Phantasie, die Auseinandersetzungen mit Lebenssituationen und die Ermöglichung individuellen und sozialen Lernens.

Seit den 1990er Jahren wurde der Kindergartenraum in seiner dritten Dimension entdeckt und durch den Einbau von Galerien, Emporen und Rückzugsmöglichkeiten erweitert.

Bei den Methoden zur empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.en Qualitätsbestimmung von Tageseinrichtungen gehören die Materialien zur Strukturqualität, zu den zeitlich relativ stabilen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich erzieherische Prozesse vollziehen. Dabei zeigen einige, noch zu vertiefende Untersuchungen, dass die Raumgestaltung und anregende Materialien mit verschiedenen Verhaltens- und Entwicklungsaspekten der Kinder (Einzelspiele, soziale Aktivitäten, Problemlösungsverhalten) korrelieren.

Literatur

  • Deutsches Jugendinstitut, Arbeitsgruppe Vorschulerziehung (Hg.) (1973): Anregungen II. München.
  • Erning, G. (1987): Bilder aus dem Kindergarten. Freiburg. –
  • Fthenakis, W. E./Textor M. R. (1998): Qualität von Kinderbetreuung. Weinheim, Basel.

 

 

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Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)




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