Elementardidaktik

Im Kontext der neueren intensiven Diskussion um frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung spielen Fragen des kindlichen Lernens eine herausragende Rolle. Einerseits geraten die vielfältigen Aspekte der alters- und entwicklungsspezifischen kindlichen Lernformen in den Blick, andererseits wird auch der Rolle der Erwachsenen als Bildungsbegleiter und Arrangeure kindlicher Lernprozesse mehr
Beachtung geschenkt.
Fragen des Lehrens und Lernens sind von alters her das Kerngebiet der Didaktik. Mit dem Begriff Elementardidaktik wird eine Didaktik der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung bezeichnet, die einen übergreifenden Orientierungsrahmen bietet, der dann wieder konzept-, inhalts- oder einrichtungsspezifisch ausgestaltet werden kann.
In Deutschland hat sich die didaktische Diskussion parallel zur ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   des Lehrerberufs und des Unterrichts entwickelt; sie reicht aber mittlerweile jenseits der Schule in andere Bildungsbereiche – etwa die Erwachsenenbildung oder die Sozialpädagogik – hinein. In der Fachöffentlichkeit werden didaktische Fragen im Wesentlichen auf drei Ebenen diskutiert:

  • als Modelle der Allgemeinen Didaktik, die Theorien des Unterrichts bereithält;
  • als Fach-, Feld- oder Bereichsdidaktiken, denen die Aufgabe der Übersetzung fachwissenschaftlicher Inhalte in unterrichtliches Handeln zukommt sowie
  • als (schul)stufenbezogene Didaktiken, die sich an der inneren Gliederung des Schulsystems orientieren, welches seinerseits wiederum an bestimmten Alterstufen orientiert ist.

Überträgt man diese Struktur aus dem schulpädagogischen Kontext auf die Frühpädagogik, so zeigt sich folgendes Bild: Auf der ersten Ebene, den Modellen der Allgemeinen Didaktik entsprechend, existiert ein breiter und gut ausgearbeiteter Fundus an Konzepten der frühkindlichen Erziehung und Bildung: von der Reggio- bis zur WaldorfpädagogikWaldorfpädagogik|||||Die Waldorfpädagogik wird der Reformpädagogik zugeordnet und wurde von Rudolf Steiner begründet (1861–1925). Seine Pädagogik basiert auf einer von ihm entwickelten Menschenkunde, die spirituelle Weltanschauung, fernöstlicher Lehren sowie naturwissenschaftlichen Erkenntnisse benhaltet. In Waldorfkindergärten sollen ErzieherInnen den Kindern durch Tun und schaffen ein Vorbild geben. Naturmaterialien sind häufig Bestandteil der Einrichtung und dienen als Lern- und Spielanreiz., von den Überlegungen Fröbels bis zu denjenigen Montessoris etc. Auf der zweiten Ebene ist die Diskussion gerade erst in Gang gekommen. Hier orientieren sich die Überlegungen an den Bildungsbereichen, die in den diversen Bildungsplänen der Bundesländer festgeschrieben sind. Am wenigsten entwickelt ist sicherlich die dritte Ebene: Eine Didaktik der Krippe, des Kindergartens oder der Horterziehung liegt derzeit (noch) nicht vor. Hingegen gibt es einige Ansätze, die – auf entwicklungspsychologischen Erkenntnissen basierend – altersspezifische Lern- und Entwicklungsaufgaben formulieren.
Da ein schlüssiger elementardidaktischer Entwurf bislang nicht vorliegt, erfüllen die genannten Zugänge zunächst die Funktion, die unterschiedlichen Perspektiven auf kindliche Lernprozesse zueinander in Beziehung zu setzen. Die drei genannten Dimensionen lassen sich dabei dem klassischen didaktischen Dreieck von Inhalt (Bildungsbereiche), Lehrer (frühpädagogische Konzepte) und Schüler (Alters- und/ oder Institutionenspezifik) zuordnen. Wenn wir jedoch bei den elementaren didaktischen Fragen bleiben, nämlich wer was wem zu welchem Zweck lehrt, verkürzen wir die Perspektive unzulässig und übersehen die Vielfalt kindlicher Fragehorizonte, die den Blick über das reine Vermittlungsgeschehen hinaus weiten. Aus diesem Grund ist auch eine kurzschlüssige Übertragung primarpädagogischer didaktischer Konzepte auf den Bereich der Frühen Kindheit kaum hilfreich. Die Arbeit an einem Entwurf einer Elementardidaktik kann sich allerdings an grundlegenden didaktischen Fragen orientieren:

  • Auf wen beziehen sich die Lehr- und Lernprozesse (Adressaten der Elementardidaktik: die Kinder unterschiedlicher Altersstufen)?
  • Wer arrangiert die Lehr- und Lernprozesse (Lernbegleiter: Eltern und professionelle Erzieherinnen und Erzieher)?
  • Welche Inhalte werden angeboten und/oder vermittelt (Bildungsbereiche: innerer Aufbau, Konsistenz und Integration der Inhalte)?
  • Mit welchen Absichten und welcher Perspektive werden Inhalte ausgewählt, angeboten und/oder vermittelt (normativnormativ|||||Normativ  bedeutet normgebend, somit wird etwas vorgeschrieben, dass Normen, Regeln oder ein „Sollen“ beinhaltet.e Begründung der Bildungs- und Erziehungsziele)?
  • Wo werden die Inhalte angeboten und/oder vermittelt (Räume/ Orte für Kinder: offene und/oder gestaltete und strukturierte Räume)?
  • Wie werden die Inhalte angeboten / und oder vermittelt? (methodische Vielfalt der Lernarrangements: Freispiel, vorbereitete Umgebung und/oder Instruktion).

Diese Fragen bilden im Wesentlichen die Bausteine einer noch auszuarbeitenden Elementardidaktik.

 

 

Literatur

  • Kasüschke, D. (2010): Didaktik in der Pädagogik der frühen Kindheit. K

 

 

Copyright-Hinweis:

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)

 

 



Verwandte Themen und Schlagworte