Integriertes Gesundheits-Management für KiTas

Nicht nur für älter werdende Beschäftigte ist die Gesundheit von Fachkräften ein aktuelles Thema. Mit den wachsenden Anforderungen an ErzieherInnen und Kinder in der KiTa sowie besorgniserregenden Studien zur Gesundheit von pädagogischen Fachkräften rückt das Thema weiter in den Fokus. Der ganzheitliche Ansatz zum Gesundheitsmanagement aus dem Projekt "K!GG Kita Gut & Gesund" beschreibt ein neuartiges Verständnis - im Sinne des Wohlbefindens von Kindern und  ErzieherInnen. 

 

 

Für KiTa-Träger und Leitungen ist das Thema Gesundheit in der Mitarbeiter-Führung und in den Angeboten für Kinder und Familien ein zentraler Punkt. KiTas haben als erste Bildungsinstitutionen für Kinder eine besondere Möglichkeit, die ungleich verteilten Lern- und Gesundheitschancen von Kindern auszugleichen. Der 13. Kinder- und Jugenbericht stellt nochmals deutlich heraus, dass Mädchen und Jungen aus schwieriegen sozialen Verhältnissen beträchtlich höheren Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind. Trotz dieser Erkenntnisse hat die Mehrheit der Organisationen die Gesundheitsförderung, insbesondere für Fachkräfte in KiTas, bis heute nicht systematisch verankert.

Bisweilen haben sich jedoch beispielgebende Konzepte und Vorgehensweisen für diesen Bereich entwickelt. Der folgende Gesundheitsmanagement-Ansatz ist keinem zeitlich begrenztem Projekt verschrieben, sondern stellt vor allem ein ganzheitliches Konzept dar: Es ermöglicht eine systematische Integration von Gesundheit in die Organisation KiTa und zielt dabei auf die Verknüpfung von Arbeit, Bildung, Entwicklung und Gesundheit ab.

Das Projekt "K!GG Kita Gut & Gesund" ist ein Programm für Integriertes Gesundheitsmanagement aus einer Initiative des Zentrums für Angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG) der Leuphana Universität Lüneburg unter der Leitung von Prof. Dr. Paulus. Getragen vom nifbe und gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, ist es im Regional-Netzwerk Nordost verankert. KiGG richtet sich an das Management-Personal von Kindertageseinrichtungen, an Personen in Stabs- und beratenden Funktionen sowie auch an interessierte pädagogische Fachkräfte: KiTa-Leitungen und Träger-VertreterInnen, ErzieherInnen, die sich auf eine Leitungsposition vorbereiten möchten sowie Qualitätsbeauftragte, FachberaterInnen, die KiTas in der Qualitätsentwicklung beraten. Ebenso spricht das Projekt VertreterInnen der Politik und alle Interessierten aus Wissenschaft und Praxis zum Thema Gesundheit in der KTia an.

Der Ansatz der "guten gesunden KiTa" vertritt vor allem ein Gesundheitsverständnis, das weg von einem rein medizinischen hin zu einem sozialwissenschaftlichen Gesundheitsverständnis geht. Kennzeichen sind  folgende Aspekte (vgl. Barkholz, Israel, Paulus & Posse 1998; Paulus 2010):

1. Von der Abwesenheit von Krankheit zur positiven Bestimmung von Gesundheit: Gesundheit - als sprachliches Pendant zu Krankheit - wurde in Orientierung an einem medizinischen Leitbild lange als Abwesenheit von Krankheit verstanden, Gesundsein als Nicht-Kranksein. Mit der Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 1946) (siehe unten zur Definition) wurde eine Abkehr von der medizinischen Sichtweise vorgenommen und Gesundheit positiv definiert.

2. Von einem eindimensionalen zu einem mehrdimensionalen Verständnis von Gesundheit: Einigkeit besteht heute darin, dass Gesundheit ein mehrdimensionales Konstrukt ist, das körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden beinhaltet und in der Folge-Diskussion auch durch die lebensweltlichen Bezüge einer Person (ökologische Aspekte) (vgl. WHO 1988) und die Sinndimension (spirituelle Aspekte) (vgl. WHO 1991) erweitert wurde.

3. Von der objektiven Bestimmung der Abwesenheit von Krankheit zu einer subjektiven Bestimmung von Gesundheit: Gesundheit wird heute als letztlich nicht objektivierbar erfasst. Sie ist jedem einzelnen in seinem subjektiven Erleben zugänglich. Das heißt, nicht der objektive Befund einer Erkrankung, sondern das subjektive Erleben einer Person bestimmt, ob sich jemand gesund oder krank fühlt (Wohlbefinden).

4. Von einer organischen zur personalen Bestimmung von Gesundheit: Zentrum von Gesundheit ist nicht der Organismus, sondern die erlebende Person im subjektiv erlebten Gesundsein. Die Person wird als zu Selbstreflexion, Planung, zielgerichteten Handelns sowie Bewertung des eigenen Verhaltens fähig verstanden.

5. Von einem selbst- zu einem situationsbezogenen Verständnis von Gesundheit: Gesundheit ist immer im Lebenskontext der Person zu sehen, die mit ihrer sozialen und materiellen Umwelt in einem dauerhaften Interaktionsprozess steht. Gesund ist eine Person immer nur in Bezug auf ihre individuellen Lebensumstände.

6. Von einem statischen zu einem dynamischen Verständnis von Gesundheit: Gesundheit wird als dynamisches Geschehen verstanden, in dem Wohlbefinden als Voraussetzung und Resultat eines aktiven Austauschprozesses der Person mit der Umwelt erscheint. In der erlebten Balance zwischen den Anforderungen der Um- und Mitwelt und eigenen Bedürfnissen und Wünschen zeichnet sich die Person als mehr oder weniger gesund aus. Dabei muss diese Balance immer wieder neu hergestellt werden. Gesundheit ist so verstanden auch eine fortwährende aktive Leistung des Individuums, verschiedene Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen. In der dynamischen Balance der produktiven Verarbeitung sind auch die lebensweltlichen Bezüge der Person, wie auch die Sinndimension ihres Lebens angesprochen (siehe unten zur Definition). Gesundsein ist damit zu einem vielschichtigen komplexen Phänomen geworden, das am ehesten durch systemisch-vernetztes Denken adäquat erfasst werden kann.

 

KiTas als Entwicklungs- und Lernorte sowie Arbeitsorte mit Teilhabe

Im Ansatz von K!GG werden KiTas als Entwicklungs- und Lernorte für Kinder verstanden, die ihnen ein Höchstmaß an Teilhabe-Chancen in der heutigen Gesellschaft ermöglichen können und sollten. Insofern sind gesellschaftliche Realitäten einer Wissens- und Bildungsgesellschaft in den Blick zu nehmen. Gemeint ist damit aber nicht die einseitige Erlangung vorschulischer Kenntnisse der Mathematik- und Naturwissenschaften oder der Technik, jedoch sehr wohl eine Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes im Zielhorizont seiner ganzheitlichen gesunden und guten körperlichen und psychischen Entwicklung.

Ebenso sind KiTas Arbeitsorte, die den Beschäftigten die Teilhabe-Chancen an Arbeit und Gesellschaft ermöglichen. Die Möglichkeiten der Teilhabe sollten KiTa-Teams damit auch aus der Perspektive von Gesundheit entwickeln. K!GG bezieht sich dazu auf die aktuellen Qualitätsdiskussionen in KiTas an und stellt eine Verknüpfung von pädagogischer Qualitätsentwicklung und Gesundheit her.

In folgenden Leitfragen schlägt der Ansatz die Brücke zu den Akteuren:

1. Welche Gesundheitsmaßnahmen können mit dem Auftrag der KiTa verknüpft werden und zur Stärkung der pädagogischen Qualität beitragen? Welche können strukturell-organisatorisch mit der Logik der KiTa verknüpft werden?

2. Welchen gesundheitsbezogenen Beitrag können die Strukturen und Arbeitsaufgaben der KiTa, die sich auf der Ebene der Managementprozesse sowie aller Stütz- und Kernprozesse ergeben, im Hinblick auf die Entwicklung der pädagogischen Qualität leisten?

 

Weitere Verlinkungen und Veröffentlichung des K!GG-Ansatzes im Download-Bereich




Zum Weiterlesen:

Is(s)t KiTa gut?

Qualitätsstandards für die Verpflegung in KiTas

Gesunde Ernährung von Anfang an

Gesundheit und Gesundheitsförderung nach dem „K!GG“-Konzept