Gestaltung einer anregungsreichen Umgebung für Kinder unter drei

Ästhetische Bildung bei Kindern unter drei

Warum robbt es sich auf Parkett leichter? Wohin fließt das Wasser beim Schütten? Schon die Jüngsten wollen die Gesetze ihrer Welt erforschen. Unter dem Titel „Gestaltung einer anregungsreichen Entwicklungsumgebung für Kinder in den ersten drei Lebensjahren“ aus der Reihe Kita Fachtexte beschäftigt sich die Sozialpädagogin, Mathematikerin und Fortbildnerin Jeanette Boetius mit kindgerechten Räumlichkeiten und Materialien. Anhand von zahlreichen Beispielen und Abbildungen zeigt sie konkret, wie diese entwicklungsfördernd gestaltet und angeordnet werden können.

Die Autorin verweist darauf, dass Kinder jeden Alters ihre Bildungsprozesse selbst steuern und sich vom umgebenen Raum und von Materialien inspirieren lassen. Voraussetzung für die Zuwendung zur Umwelt und Ästhetik in Raum und Materialien sind eine positive Beziehung zur pädagogischen Fachkraft sowie Rückzugsmöglichkeiten – als psychische Grundbedürfnisse. Umsetzen kann man dies in der Krippe durch Kissen, Matratzen oder so genannte „Krippenkörbchen“.

Laut Boetius begreifen Kinder Schritt für Schritt die Welt um sich herum in ihrer Vielfalt und mit allen Sinnen. „Im ersten Jahr dominiert die motorische Entwicklung“: Eine variantenreiche Beschaffenheit des Bodens – glatt wie Parkett oder rauh wie Teppich –  sowie eine „Möblierung vom Boden aus“ (Podeste, Durchkrabbel-Regale) wirkt sich positiv auf das Fortbewegungsspektrum vom Drehen, Robben, Krabbeln, Hochziehen bis zu ersten Gehversuchen aus. Wichtig ist, den größer werdenden Bewegungsradius wenig zu begrenzen. „Für die Möblierung bedeutet das vor allem, dass sie flexibel einsetzbar sein muss“, zum Beispiel mit zusammenstellbaren kleinen Tischen oder stapelbaren, kombinierbaren Podesten, eventuell mit verschiedenen Stoffbezügen.

Gut sichtbare und zugängliche Material-Vielfalt

Als „neugieriger Forscher und Entdecker“ (vgl. Schäfer) brauchen Kinder in den ersten drei Lebensjahren Materialien, die gut sichtbar, übersichtlich geordnet, leicht zugänglich und sicher sind. Zur Organisation und Aufbewahrung der einzelnen Material-Gruppen (nach Gegenstand oder Farbe) bieten sich laut Boetius Körbe oder leichte Kisten am Boden oder im unteren Fach von Regalen an. „Dies begünstigt das Aus- und Umräumen als eigenständige Spielaktion“. Säuglinge sollten von der Decke hängende, gesundheitlich unbedenkliche Gegenstände mit Händen, Füßen und dem Mund erforschen können. Allgemein geben „...„unfertige“ Materialien wie Schachteln, Dosen, Korken, Decken/Tücher, Holzstücke, Flaschen aus Kunststoff usw.“ mehr Anlass zum Experimentieren und kreativer Auseinandersetzung. Zudem bieten „Küchenutensilien wie Rührbesen, Kochlöffel, Kellen, Töpfe mit Deckeln usw. ... einen großen Fundus.“ Mit beispielgebenden Abbildungen wie von einem selbst gebastelten Einsteckkarton für verschiedene Deckel, Sortiertablets mit Lockenwicklern oder Wäscheklammern in Verbindung mit bunten Bechern verweist Boetius auf die Möglichkeiten der Kinder, ihre Fähigkeiten zu testen. Mit viel Freude schulen sie an diesen Gegenständen und Materialien zum Beispiel Mund-Hand-Koodination, Feinmotorik, taktile Wahrnehmung und visuelle Unterscheidung.

Den künstlerischen Ausdruck erproben Kinder in den ersten drei Lebensjahren mit Gestaltungsmaterialien wie Pinsel, Papier, Knete, Kleister, Ausstech-Werkzeugen, etc. Sogar zur Erfahrung physikalischer, mathematischer Gesetzmäßigkeiten ist laut Boetius in der Krippe Gelegenheit: Beim Bauen mit Lego-Steinen oder Baustein-Türmen entstehen Muster oder Anordnungen, die physikalische Kräfte sichtbar machen oder mathematischen Gesetzen folgen, beispielsweise wenn der Turm einstürzt, eine Kugel rollt oder nur Legosteine mit gerader oder ungerader Anzahl von Ösen ineinander passen. Am attraktivsten erscheint ästhetische Bildung den Kindern im Waschraum beziehungsweise in einer Wasser-Werkstatt. „Wasser übt auf Kinder eine große Faszination aus und ermöglicht unzählige Lernerfahrungen. Das Schütten ist hierbei das zentrale Element und vereint zahlreiche Lernaufgaben der ersten Lebensjahre.“ Ausgerüstet mit Wannen, Kannen, Schläuchen, Schwämmen, Gießkannen lernen die Kinder wie nebenbei, welchen Gesetzen Wasser beim Fließen folgt. Zudem trainieren sie Grob- und Feinmotorik sowie die Auge-Hand-Koordination.

Die pädagogischen Fachkräfte sollten die kindlichen Aktivitäten als BeobachterInnen verfolgen und haben die Aufgabe, die Umgebung, Möbel und Material an die schnell wachsenden und veränderten Bedürfnisse der Krippenkinder anzupassen.

Zum Weiterlesen: Exploration mit Alltagsgegenständen und Naturmaterialien für Kinder unter drei