Aufgaben der Sprachentwicklung bei Kindern unter drei

Im Beitrag „Aufgaben der Sprachentwicklung“ aus der Reihe KiTa Fachtexte widmet sich die Elementarpädagogik-Professorin Petra Völkel den Meilensteinen beim Erlernen der Muttersprache. Sie fasst zusammen, wie ErzieherInnen die Entwicklung individuell begleiten und fördern können.

 

Eins, zwei... Drei-Wort-Sätze? Unterstützung der sprachlichen Entwicklung der unter Dreijährigen
In welchen Etappen und wie können ErzieherInnen den Spracherwerb der Kinder im Alltag unterstützen? Die Autorin Petra Völkel lehrt seit 2006 an der Evangelischen Hochschule Berlin. Die Expertin für Entwicklungspsychologie und pädagogische Beobachtung betrachtet interaktionsfreudige ErzieherInnen als Schlüssel zur optimalen Sprachförderung.

Ob in deutscher, türkischer oder chinesischer Sprachumgebung: Jedes Kind hat die gleichen genetischen Anlagen, um ein bis zwei Mutter- oder Vatersprachen zu lernen. Voraussetzung dafür sind empathische Personen in seiner Nähe, die auf es reagieren und mit ihm interagieren. In den ersten vier Lebensjahren lernen Kinder ihre Muttersprache, entweder im „analytischen“ oder „holistischen“ Spracherwerbs-Stil. Petra Völkel empfiehlt folgende pädagogische Unterstützung in den vier Stadien:

 

  • Laut-Bildung von drei bis acht Monaten – Tipp: Handlungen beschreiben

In dieser Phase reihen Säuglinge Silben aneinander und lallen in ihrer Umgebungssprache. Erwachsene sprechen mit den Babys intuitiv in der kindgerechten Ammen- oder Babysprache. Zudem lernt der Säugling, dass seine anfangs willkürlichen Bewegungen beim Erwachsenen als absichtliche Mitteilung verstanden werden. Krippen-ErzieherInnen können diese Phase nutzen, um während der Pflege-Situationen (Windelnwechsel) ihre Handlungen zu erklären.

 

  • Laut-Wort-Verknüpfung von ein bis zwei Jahre – Tipp: Interessen beantworten

Einjährige Kinder verstehen schon um die 50 Wörter aus ihrer Erfahrungswelt. Mit 18 Monaten steigt der passive Wortschatz auf 200, der aktive auf 50 Wörter. Der Vokabelspurt beginnt und wächst bis zum zweiten Geburtstag auf 200 aktive Wörter. Da Kinder dann auf die stützende Sprache angewiesen sind, können Fachkräfte in dieser Phase optimal unterstützen, indem sie die Interessen und Fragen der Kinder beantworten, interagieren und erklären – auf dem Spielplatz, beim Bilderbuch-Lesen.

 

  • Zwei- und Drei-Wort-Sätze von zwei bis drei Jahren

Zwischen Wortschatz und Grammatik besteht ein großer Zusammenhang. Mit 18 Monaten entdecken Kinder Regeln der Satzstellung, die sich in Sätzen mit zwei oder drei Wörtern einsetzen („Oma gehen!“ versus „gehen Oma“). Plural, Kasus, Numerus, Genus gebrauchen sie ab 18 Monaten, die sie bis zum dritten Geburtstag verfeinern und korrigieren. Zunehmend wenden die Kinder die nötigen Zeitformen an.

 

  • Kommunikation zur Verständigung bis vier Jahre – Tipp: Abläufe erklären

Mit vier Jahren verstehen sich Kinder auch komplexe Satzkonstruktionen (Konditional, Kausal, Nebensätze). Sie profitieren in der Interaktion von der lehrenden Sprache der Erwachsenen – in Form von „Fragen, Wiederholungen, Erweiterungen der kindlichen Aussagen sowie korrektiven Rückmeldungen“. In der Kita können PädagogInnen die kindlichen Handlungen oder Abläufe mit ausführlichen Erklärungen versprachlichen und begleiten (beim Anziehen, Essen-Verteilen, Basteln).

 

Angebote der individuellen Sprachentwicklung anpassen
Völkel unterscheidet kindlichen Spracherwerb in den analytischen und holistischen Stil. Die pädagogische Unterstützung sollte dem individuellen Sprachstil des Kindes entsprechen. So benötigen Kinder mit holistischer Sprachentwicklung Angebote mit wiederkehrenden Interaktionen in komplexem Kontext (Bilderbuch), während analytische Spracherwerber eher von abwechslungsreichen Dialogen profitieren.



Zum Weiterlesen:

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