Die Eltern sind mit dabei

Elternbeteiligung in der Kita

Elternarbeit in der Kita steht aktuell wieder voll im Fokus – nicht erst seit Corona. Doch haben gerade die letzten Monate eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig und unverzichtbar eine gute, tragfähige Beziehung zwischen Familien und Kita, Krippe und Hort ist. Viele Einrichtungen stellen sich deshalb gerade jetzt der Herausforderung, Elternarbeit und Elternbeteiligung neu zu denken und zu organisieren.

Elternarbeit beginnt mit dem ersten Kontakt zwischen Kita und Familien und endet erst dann, wenn das Kind die Einrichtung wieder verlässt. Jede Begegnung, vom Aufnahmegespräch über die Eingewöhnungsphase, von Elternabenden und Elternbriefen bis zu Veranstaltungen wie dem Laternenfest und Tag der offenen Tür, prägt das Verhältnis und vermittelt Informationen über die Haltung der Kita den Familien gegenüber. Ob die Zusammenarbeit als angenehm und gleichberechtigt empfunden wird, ob Eltern und Angehörige sich vertrauensvoll auf den Rat der Erzieher*innen verlassen und sich engagiert in die Gestaltung des pädagogischen Alltags einbringen, all das entscheidet sich oft in den ersten Tagen und Wochen – und prägt die kommenden Jahre!

Die Einstellung muss stimmen

Gestaltet wird die Zusammenarbeit im Wesentlichen von der Kita. Für eine Elternarbeit, die beide Seiten als gelungen empfinden, sind Kita-Leitung und Team deshalb besonders gefordert. Sie müssen nicht nur die Maßnahmen und Möglichkeiten von Elternarbeit und -beteiligung in der eigenen Einrichtung klar definieren und nach außen tragen. Sie sollten auch die die eigene Einstellung den Erziehungsberechtigten gegenüber immer wieder kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Reflektion
Im Team wird darüber gesprochen, was jede*r von den Eltern und der Zusammenarbeit erwartet. Das können kleine, alltägliche Dinge sein wie die Matschhose, die in jedem Fach liegen sollte. Oder größere, allgemeinere Erwartungen, etwa an die Bereitschaft der Eltern, sich einzubringen und zu engagieren.
  • Welche Regeln bestehen im Verhältnis zwischen Familien und Kita?
  • Welche konkreten Formen nimmt die Elternbeteiligung an?
  • Was ist gesetzt, wo sind Unklarheiten?

Dabei darf es auch darum gehen, die Grenzen der Partnerschaft zu besprechen und sie im Team auszuloten. Elternbeteiligung muss nicht bedeuten, dass Eltern immer und überall mitreden und mit entscheiden. Auch wenn die Kita in vieler Hinsicht eine „Bringschuld“ den Eltern gegenüber hat, sollen im gegenseitigen Verhältnis auch die Bedürfnisse der Erzieher*innen Berücksichtigung finden.

Elternbeteiligung sieht unterschiedlich aus

Der Gesetzgeber verpflichtet die Kitas zur Elternarbeit – im Sozialgesetzbuch (SGB) heißt es dazu: „Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen“.  Doch in welcher Weise das Ziel, zum Wohl der Kinder zusammenzuarbeiten konkret erreicht wird und was genau die „wesentlichen Angelegenheiten“ sind, an denen die Eltern zu beteiligen sind, bleibt weitgehend den Einrichtungen selbst überlassen.

Wie Elternarbeit also konkret aussieht, ist in jeder Kita anders und von vielen Faktoren abhängig. Standort, Träger, pädagogische Ausrichtung, Größe, Zusammensetzung der Elternschaft sind nur einige davon. Doch so unterschiedlich die Zusammenarbeit im Einzelfall auch sein mag, einige Rahmenbedingungen sollten erfüllt sein, damit diese wichtige Beziehung auch im Krisenfall tragfähig ist. Auf den Punkt gebracht, könnte man sagen: „Die Einstellung muss stimmen“. Damit ist gemeint, dass gegenseitige Wertschätzung und Respekt und der vielbeschworene Kontakt auf Augenhöhe die Richtung vorgeben sollten.

Konkret zeigt sich das so:
  • In Kita, Krippe und Hort herrscht ein Klima des Willkommens für alle Eltern
  • Transparenz und Offenheit bestimmen den Kontakt untereinander im Team und nach außen, zu den Familien
  • Wertschätzung der Eltern als Expert*innen für ihre Kinder ist fester Bestandteil der Konzeption



Willkommenskultur sichtbar machen -  Praxistipp

Sichtbar wird das Klima des Willkommens für Eltern aller kulturellen Hintergründe durch
Plakat mit Willkommengruß in vielen Sprachen
Weltkarte, auf der diejenigen Länder markiert sind, aus denen die Kinder kommen
Familienwände gestalten, die im Flur aushängen und Lebenswelten sichtbar machen
Schriftliche Informationen in verschiedenen Sprachen
Besucher*innen freundlich begrüßen und nach ihrem Anliegen fragen



Das gehört dazu

In den letzten Jahren hat sich das Verständnis, was „gute Elternarbeit“ ist und was dazugehört, stark geändert. Eltern und Erzieher*innen begegnen sich heute als gleichberechtigte Erziehungspartner, die jeweils eigene Kompetenzen in den Erziehungsprozess einbringen. Nach diesem Verständnis gehört zu Erziehungspartnerschaft:
  • Der persönliche Austausch auf Augenhöhe über Entwicklung und Erziehung des jeweiligen Kindes zwischen Eltern und Erzieher*innen
  • Schriftliche, digitale und persönliche Informations-Angebote der Kita an die Eltern, die einen Einblick in die pädagogische Arbeit und allgemeine Informationen wie Termine, Ausflüge, Organisatorisches etc. vermitteln (z. B. Konzeption, Elternbriefe, Dokumentationen, Elternabend, Hospitation)
  • Regelmäßige Gespräche mit allen Eltern sowohl vor Ort als auch gegebenenfalls im Rahmen von Hausbesuchen
  • Einladung/Anregung zur Mitarbeit der Eltern in der Kita, zum Beispiel bei Festen, Ausflügen, gemeinsamen Aktionen wie Kochen, Basteln, Vorlesen und speziellen Angeboten, die besondere Ressourcen der Eltern einbeziehen
  • Mitbestimmung der Eltern bzw. die Möglichkeit, Wünsche und Interessen einzubringen, z. B. bei der Entwicklung und Weiterbearbeitung der Konzeption, bei der Jahresplanung oder Zukunftsvisionen
  • Angebote, die erzieherische, familiäre und persönliche Kompetenzen der Eltern stärken, z. B. Vorträge von Expert*innen zu Erziehungsthemen, Workshops etc.
  • Selbstverständlich auch die regelmäßige, intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Elternrat, Elternausschuss, Kindergartenbeirat oder Elternbeirat.

Los geht’s: Elternbeteiligung in der Praxis

Elternbeteiligung wächst über die Jahre. So sind in jeder Einrichtung viele Maßnahmen seit Jahren gute Tradition, die sich in der Praxis bewährt haben und nun weitergeführt werden. Oft ist jedoch auch ein Wildwuchs der Aktionen und Angebote entstanden, der aus Gewohnheit nicht verändert wird, obwohl vieles längst nicht mehr funktioniert. Dann hilft eine Bestandsaufnahme, sich einen Überblick zu verschaffen und „Energiefresser“ zu entlarven, die viel Aufwand verursachen, aber wenig Wirkung zeigen. Durchgeführt wird sie im Team, aber auch unter Einbeziehung der Eltern (z. B. mit einem Fragebogen oder im Gespräch).
Wichtig: Bewertet wird nicht nur die Zahl der Maßnahmen, sondern auch Zufriedenheit und Qualität kommen auf den Prüfstand.


Bewährte Klassiker – neue Medien
Einige Maßnahmen sind so gut, dass sie jede Veränderung mitmachen, auch wenn sich ihre Form im Lauf der Zeit wandelt. Dazu gehört eindeutig die umfassende und zeitnahe Elterninformation. Eltern wollen und sollen über Inhalte der pädagogischen Praxis, Aktivitäten und den Kita-Alltag informiert sein, vor allem aber auch über aktuelle Entwicklungen.

Elternbrief
Wie wichtig das ist, hat sich in der aktuellen Krise gezeigt, als Kitas, Krippen und Horte schließen mussten. Auf einmal war die tägliche Begegnung nicht mehr möglich und Aushänge, Plakate oder Gespräche vor Ort fanden nicht mehr statt. Dafür erlebte der Elternbrief in vielen Einrichtungen eine ganz neue Sternstunde – oft in digitaler Form.

Im Elternbrief, der den Eltern nun in digitaler Gestalt per E-Mail oder als Pdf-Datei ins Haus flatterte, kam natürlich der Kita-Corona-Ticker mit aktuellen Informationen über Betreuungsmöglichkeiten, Konditionen und Entwicklungen vor. Es passten aber auch jede Menge Texte hinein, die einzelne Mitarbeiter*innen aus dem Home-Office schrieben. Zum Beispiel mit Bildungsimpulsen aus der Einrichtung, die für die Familien aufgearbeitet wurden (z. B. Sprachspiele, Anregungen für Experimente, Basteltipps, Spiele und Kreatives). Für die Kinder waren Fotos von Erzieherinnen, Projektideen, Basteleien, der Kita oder dem Außengelände und manchmal auch Hördateien integriert (z. B. MP3-Dateien mit Liedern, Traumreisen oder Lieblingsgeschichten). Schließlich war im Newsletter auch Raum für professionelle Anregungen, wie Familien die Krise zuhause bewältigen und was Eltern tun konnten, wenn sie selbst mit der Situation nicht mehr klarkommen.

Auf ganz besondere Resonanz stießen in vielen Fällen kleine Projekte, die Familien, Kinder und Kita auch in der Distanz verbanden. So wurden Kinder und Eltern aufgefordert, in E-Mails, Fotos oder Videos zu berichten, wie sie die Impulse aus der Kita aufgegriffen und weiterentwickelt hatten. Innerhalb kurzer Zeit war damit der schönste Dialog im Gang – trotz der räumlichen Entfernung. An der Produktion konnte das gesamte Team wachsen. Aus der geschlossenen Kita oder dem Home-Office wurden neue mediale Wege beschritten, die sich zuvor längst nicht jede Einrichtung zugetraut hatte. Und selbstverständlich erhielten diejenigen, die digital nicht erreichbar waren, ein Exemplar per Post oder direkt in den Briefkasten. Ein Stück von diesem neuen, digitalen Mut wird sicher auch in der Nach-Corona-Zeit die Kommunikation erleichtern und modernisieren – in Form digitaler Elternbriefe, Wochen- und Projektdokumentationen und vielem mehr.

Gesprächsbedarf!

Auch das hat sich während der „Coronakrise“ gezeigt: Persönliche Begegnungen sind das Salz in der Suppe der Elternarbeit und Elternbeteiligung. Umso schöner, dass nun wieder unterschiedlichste Gespräche und Begegnungen möglich sind. Vertrauen und Gemeinsamkeit wachsen bei allen Angeboten, die
  • Eltern und Erzieher*innen bzw. Eltern ins Gespräch bringen wie Elternnachmittage oder Eltern-Cafés
  • Eltern in ihrer persönlichen und erzieherischen Kompetenz stärken, zum Beispiel Angebote im Bereich der Eltern- und Familienbildung wie gewaltfreie Kommunikation, Rhetorik, pädagogische Themen
  • Möglichkeiten für Partizipation bieten, z. B. Kochen, Backen, Ausflüge, Feste, Eltern-Kind-Aktivitäten
  • Eltern in Planung und Durchführung von Projekten einbinden (z. B. Vorleseaktionen, gemeinsame Feste)

Hinzu kommen alle Veranstaltungen, bei denen Eltern und Erzieher*innen gemeinsam pädagogisches Wissen vertiefen oder in denen der Umgang miteinander Thema ist. Möglich sind sowohl
  • themenzentrierte Treffen zu spezifischen pädagogischen Inhalten als auch
  • thematisch offene Begegnungen, in denen nach Situation Fragen und Themen auf den Tisch kommen, die von der Gruppe bearbeitet werden sollen.

Speziell für Angebote mit und für Eltern eignet sich der Elternbeirat als Partner bei der Planung und Durchführung. In einigen Fällen können auch Expertengruppen gebildet werden, in denen Mütter oder Väter mit Erzieherinnen zu bestimmten Themen Vorschläge erarbeiten bzw. gemeinsam lernen. Oder im Rahmen eines Elternabends werden mit der Elternschaft einer Gruppe konkrete Maßnahmen erarbeitet. Wichtig ist in jedem Fall, die Zusammenarbeit von Anfang an methodisch so anzugehen, dass den Eltern nichts übergestülpt wird, sondern Gemeinsamkeit und gegenseitige Wertschätzung das Miteinander prägen.

Jetzt erst recht: Eltern beteiligen sich aktiv

Viele Eltern haben gerade jetzt den Wunsch, sich wieder aktiv in die Gestaltung des Kita-Alltags einzubringen. Der Vorteil: Wer mitmacht, übernimmt ein Stück Verantwortung. Gemeinsame Aktivitäten schaffen Verbindungen. Aus Team und Elternschaft wird so eine Gemeinschaft. Allerdings: Nicht alle können und wollen dabei sein. Das muss auch gar nicht sein. So schön Elternbeteiligung an Projekten und Alltag ist, bleibt sie doch oft die Ausnahme. Das hat oft organisatorische und zeitliche Gründe. Einige Mütter und Väter halten aber auch deshalb mit ihren Fähigkeiten und tollen Ideen hinterm Berg, weil sie den eigenen Fertigkeiten nicht trauen oder ihre Kompetenzen nicht als solche erkennen.

Deshalb ist es gut, aufmerksam zuzuhören und Eltern auch einmal direkt darauf anzusprechen, ob sie nicht einmal zum Kochen, Basteln, Singen, Vorlesen oder einer anderen Aktivität in die Kita kommen mögen. Wenn gemeinsame Aktivitäten anstehen, hat sich eine gut gemachte Einladung bewährt, ebenso wie Eltern auf allen verfügbaren Wegen (schriftlich, Aushang, persönlich, Internet) anzusprechen.



Praxistipp:
Ob Beet-Gestaltung, Vorleseaktion oder Kochwerkstatt – Elternaktionen werden mit Fotos und einem kurzen Begleittext am Schwarzen Brett und auf der Webseite dokumentiert (bitte Erlaubnis einholen, die Fotos zu verwenden!). So werden andere Eltern darauf aufmerksam, dass sie sich einbringen können.



Literatur

  • Lindner, Ulrike: Eltern willkommen. Elternarbeit in der Kita neu gestalten. Verlag an der Ruhr 2018
  • Lindner, Ulrike: Gute Elternarbeit in Krippe & Tagespflege. Verlag an der Ruhr 2017


Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
klein&groß 11-2020


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