Führen durch Kommunikation

– Erfolgreiches Führen durch aktives Zuhören

Versteht die Führungskraft stets das, was ihr Personal meint? ■ Die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist als Führungskraft ihrem Personal gegenüber ein Vorbild. Als ein/e gute/r Kommunikator/in gestaltet er/sie seine/ihre Gespräche nach bestimmten Grundmustern und erfüllt somit einen Teil der Vorbildfunktion. Für das Kommunikationsverhalten einer Führungskraft ist das Zuhören von großer Bedeutung.

Besonders in pädagogischen Einrichtungen ist eine gute Personalführung erforderlich. In einer Kindertagesstätte mit vielen ungelösten Sach- und Führungsproblemen kann keine gute und qualifizierte pädagogische Arbeit stattfinden. Die Konflikte innerhalb eines pädagogischen Teams können auf die Eltern und Kinder der Einrichtung übertragen werden (vgl. Möller 2007, S. 68). Auch wenn das Personal oder die Kita-Leitung die Spannungen im Team überspielt und nach außen eine Harmonie präsentiert, spüren aufmerksame Eltern die Unstimmigkeiten im Team. Dies führt zu einem schlechten Ruf der Einrichtung und kann interessierte Eltern abschrecken, ihr Kind in dieser Kita anzumelden. Die Kommunikation ist der Dreh- und Angelpunkt in der Beziehung zwischen der Führungskraft und ihren Mitarbeitern/ Mitarbeiterinnen. Die Leitung prägt die Gesprächskultur ihrer Einrichtung, indem diese den Ton angibt. In der Kommunikation drückt sie ihren Führungsstil und ihre Haltung gegenüber den einzelnen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus. Dabei beschränkt sich die Kommunikation nicht nur auf die einzelnen Gespräche durch das Gesprochene in seinem Klang, sondern beinhaltet auch die nonverbalen Signale. Die Leitung kommuniziert ihre Einstellung zum Thema anhand ihrer Reaktion im Geschehen oder im Gespräch, beispielsweise mit einem Lächeln oder einem fragenden Blick (vgl. Brede 2012, S. 79).

Der vierfache Gehalt einer Äußerung

Folgende Zusammenfassung bezieht sich auf die Erkenntnisse von Professor Dr. Friedemann Schulz von Thun, Hochschullehrer am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg. Jede Äußerung eines Menschen enthält demnach vier Botschaften zugleich:
  • eine Sachinformation (worüber ich informiere),
  • einen Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe),
  • eine Selbstkundgabe (was ich von mir selbst kundgebe),
  • einen Appell (wozu ich dich veranlassen möchte).

Im Jahr 1981 hat Schulz von Thun die »vier Seiten einer Äußerung« als ein Quadrat dargestellt, dem Empfänger »vier Ohren« und dem Sender »vier Schnäbel« zugeordnet.

Sachinhalt
Nach Schulz von Thun (2014) soll der Sachinhalt in einem professionellen Gespräch die Hauptrolle spielen. »Sachlichkeit ist die Tugend von Menschen, die miteinander zu arbeiten haben, unabhängig davon, ob sie sich mögen und ›miteinander können‹« (Schulz von Thun 2012, S. 33). Im Vordergrund dieser Botschaft steht die Sachinformation, welche meist direkt explizit (Ich-Botschaft) ausgesprochen wird. Auf dieser Ebene gelten folgende Kriterien: Wahrheitskriterium (zutreffend oder nicht zutreffend?), Kriterium der Relevanz (ist die Information für das Thema von Bedeutung?), Kriterium der Hinlänglichkeit (ist die Information für das Thema ausreichend?). Der/die Gesprächspartner/in der Führungskraft hat auf der Sachinformationsseite viele Möglichkeiten, wie etwa die Wahrheit anzuzweifeln oder für übertrieben zu halten. Die Herausforderung der Führungskraft auf der Sachebene des Gesprächs liegt darin, sich auf den Inhalt (Was) und Dialog (Wie) gut vorzubereiten.

Beziehungshinweis
Durch die Ansprache bzw. Formulierung, Betonung und Mimik des Senders ist es im Gespräch zu erkennen, wie dieser zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Nach Schulz von Thun (2014) ist das die Beziehungsseite. Hat der Empfänger auf dieser Ebene ein empfindliches Ohr, hört er einen Beziehungshinweis. Hier wird entschieden, wie dieser sich behandelt fühlt. Die Beziehungssignale werden oft implizit (mitgemeint, aber nicht ausdrücklich gesagt) gesendet. Das Nonverbale bzw. der Tonfall und die Mimik des Senders spielen auf dieser Ebene eine wichtige Rolle. Besteht zwischen dem Sender und Empfänger, in diesem Fall zwischen der Führungskraft und einem/einer Erzieher/in auf der Beziehungsseite eine Spannung, kann dies bei dem Empfänger zu einer überreizten Reaktion führen. Die Herausforderung der Kita-Leitung ist es, die Sachebene und die der Beziehungsebene klar voneinander zu trennen. Nach Schulz von Thun ist es wichtig die Beziehungsstörungen zu klären und zu beheben, bevor man zur Sachebene zurückkommt.

Selbstkundgabe
Jede Äußerung enthält eine Selbstkundgabe-Seite. Diese Botschaft beinhaltet, was in dem Sender vorgeht und wie er seine Rolle auffasst. Was in dem Sender vorgeht, kann man nie genau sagen. Darüber weiß er selbst Bescheid, oder auch nicht. Dies kann implizit oder explizit geschehen. Der Selbstkundgabe-Schnabel kann unterschiedlich benutzt werden, entweder zur positiven Darstellung oder im Sinne der Authentizität. Nach Schulz von Thun (2012) soll sich die Führungskraft als Sender, je nach Situation, unterschiedlich, aber authentisch verhalten. Steht sie in der Rolle des Empfängers, ist es wichtig, die Information auch mit dem Selbstkundgabe-Ohr zu empfangen. Und wie? »Indem er, aktiv zuhörend, die darin enthaltene Selbstkundgabe akzeptierend zurückspiegeln würde: […]« (Schulz von Thun 2012, S. 39).

Appell
Die letzte Seite der Kommunikationstheorie nach Schulz von Thun (2012) ist die Appell-Seite. Mit seiner Nachricht will der Sender, hier die Führungskraft, beim Empfänger etwas erreichen und Einfluss nehmen. »Die Macht des Wortes ist für Führungskräfte von besonderer Bedeutung, denn der Führungsauftrag enthält die Herausforderung, Menschen zu leiten, zu bewegen, zu motivieren« (Schulz von !un 2012, S. 40). Das Appell-Ohr einer Leitung sollte gut ausgebildet sein und die Wünsche sowie Erwartungen ernst nehmen. Denn die unerfüllten Wünsche können sich schnell zu Vorwürfen entwickeln. Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geht es oft nicht um die Wunscherfüllung, sondern darum, dass die Führungskraft sie ernst nimmt. » Das aktive Zuhören kann auch mehr sein als eine Methode. Es geht um die eigene Haltung.«

Aktives Zuhören der Kita-Leitung

Voraussetzung für das Verstehen und eine erfolgreiche Kommunikation im Gespräch ist das richtige Zuhören. Dabei ist nicht der physikalische Vorgang des Empfängers gemeint, sondern das verstehende Zuhören und somit eine eigene Reaktion (vgl. Bay 1995, S. 28). Die Rede ist vom aktiven Zuhören. Das aktive Zuhören bedeutet, die Worte des Empfängers wiederzugeben und sich in diese hineinzuversetzen. Für eine Führungskraft bedeutet das, die Gedanken und Gefühle der Mitarbeiter/innen in eigenen Worten auf den Punkt bringen zu können (vgl. Schulz von Thun 2012, S. 70). Fraglich ist, ob das Gesagte beliebig wiedergegeben werden kann. So einfach ist es nicht. Das aktive Zuhören ist eine Kompetenz bzw. eine Technik der Gesprächsführung, die auf bestimmten Regeln basiert. Die Grundsätze müssen erlernt werden, damit sie im Gespräch abrufbar sind. Das aktive Zuhören kann auch mehr sein als eine Methode. Es geht um die eigene Haltung.
Im Gespräch soll die Kita-Leitung zunächst auf der Beziehungsebene signalisieren: Ich höre Dir zu. Ich bin ganz Ohr. Dabei achtet sie nicht nur auf das gesprochene Wort, sondern zeigt mit ihrer Körpersprache und dem Blickkontakt ihr Interesse. Auch Äußerungen wie »Hmm …« oder »Ja …« signalisieren ihre Aufmerksamkeit (vgl. Schulz von Thun 2012, S. 73).

Eine Führungskraft soll alle vier Ohren offenhalten. Bei den meisten Führungskräften sind das Sach-Ohr und das Appell-Ohr stark ausgeprägt, das Selbstoffenbarungs-Ohr bzw. Selbstkundgabe-Ohr dagegen weniger. Viele neigen dazu, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine schnelle Antwort zu geben und Lösungen zu präsentieren, anstatt zuzuhören. Dabei ermöglicht gerade die Selbstkundgabe-Seite, ein Statement mitzuteilen, z.B.: »Ich bin verärgert wegen der erneuten Verspätung …« (vgl. Brede 2012, S. 83 f.).
Hauptkategorien des aktiven Zuhörens von Bedeutung: das Paraphrasieren und Verbalisieren.

Methode Paraphrasieren
Paraphrasieren ermöglicht dem/der Gesprächspartner/in bzw. der Führungskraft und dem/der Mitarbeiter/in, auf der Sachebene zu bleiben. Merkt der Sender bzw. der/die Erzieher/in, dass seine/ihre Aussage falsch verstanden wurde, hat er/sie die Möglichkeit, sofort zu reagieren und die Leitung zu korrigieren. Darin liegt der Vorteil dieser Methode. Die Führungskraft signalisiert in diesem Fall ihr Interesse und ihre Aufmerksamkeit, was sich wiederum positiv auf die Beziehungsebene auswirkt (Bay 1995, S. 60).

Bay unterscheidet zwei Formen des Paraphrasierens: die Wiederholung mit eigenen Worten und die zusammenfassende Wiederholung. Die Wiederholung mit eigenen Worten bedeutet, dass der Empfänger bzw. die Führungskraft die Aussage mit eigenen Worten wiedergibt. Dabei darf sie den Inhalt des Gehörten nicht verändern, dieser muss korrekt bleiben. Die Kita-Leitung achtet darauf, die Wiederholung mit eigenen Worten nur auf der Sach-Ebene neu zu formulieren und die Aussage auf den Kernpunkt zu bringen (Bay 1995, S. 61 f.).


Beispiel Beratungsgespräch:
Anliegen der Erzieherin: Umgang mit der Mutter X.
Erzieherin: »Ich kann die Mutter des Kindes X nicht einschätzen. An einem Tag ist sie freundlich und am nächsten Tag grüßt sie mich nicht oder ist sehr reizbar.«
Leiterin: »Sie zeigt sich widersprüchlich und Sie wissen deshalb nicht, wie Sie sich beim Begrüßen verhalten sollen.«
Die Kita-Leitung nimmt das Anliegen der Erzieherin ernst und macht ihrer Mitarbeiterin keine Vorwürfe. Sie bleibt auf der Sach-Ebene und bringt die Aussage auf dem Punkt.


Methode Verbalisieren
Bei der Verbalisierung geht es darum, die Gefühle der Gesprächspartner/innen anzusprechen, welche mehr oder weniger verdeckt in der Aussage untergebracht bleiben. Dabei wird die Aussage an drei Ebenen des Kommunikationsquadrates angesetzt: auf der Selbstkundgabe-Ebene, der Appell-Ebene oder der Beziehungs-Ebene (vgl. Bay 1995, S. 64). Schulz von Thun nennt diese Methode Gefühle verbalisieren. Es geht darum, »[…] dem anderen »aus dem Herzen zu sprechen«« (vgl. Schulz von Thun 2012, S. 73).


Beispiel Mitarbeitergespräch
In einem Mitarbeitergespräch schildert die Erzieherin der Kita-Leitung die schwierige Zusammenarbeit mit ihrer Kollegin. Während des Erzählens wird ihre Stimme leiser und sie zittert am ganzen Körper. Die mögliche Reaktion der Führungskraft: »… und Sie sind darüber ziemlich verärgert.« Die Leitung vermittelt die Gefühle ihrer Gesprächspartnerin, obwohl diese sie nicht ausgesprochen hat. Wird diese Gefühlsvermutung von dem Empfänger nicht bestätigt, ist es auch nicht wichtig, darauf zu bestehen. In einem emotionalen Gespräch kann dies dazu führen, dass das Verbalisieren von Gefühlen auf der Beziehungsebene stattfindet. Die Kita-Leitung sollte dabei bedenken, dass es nicht mit allen Mitarbeitern und nicht in jeder Situation vorkommen soll (vgl. Schulz von Thun).


Bedeutung des aktiven Zuhörens für die Praxis

Durch aktives Zuhören überprüft die Führungskraft ihre Wahrnehmungen und ihr Verständnis (vgl. Schulz von Thun 2012, S. 65). Durch diese Kontrolle werden Missverständnisse frühzeitig erkannt und Interesse sowie Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen signalisiert. Die Kunst einer Führungskraft besteht darin, sich mit diesen Kenntnissen auseinanderzusetzen und sie regelmäßig einzusetzen, bis das aktive Zuhören zu einer Grundhaltung wird. Die Kita-Leitung versucht sich in die Gedanken ihrer Mitarbeiter/innen einzufühlen und dies erfolgt nicht nur in einem Mitarbeitergespräch, sondern in ihrer gesamten alltäglichen Kommunikation.

Fazit

Aktives Zuhören ist eine Voraussetzung zum erfolgreichen Führen einer Kita-Leitung. Der Erfolg zeichnet sich in diesem Fall durch die Wertschätzung und das Vertrauen aus, welche sie ihrem Personal entgegenbringt. Eine Führungskraft, die das aktive Zuhören als eine Grundhaltung besitzt und in jedem Gespräch anwendet, begleitet ihr Personal mit Vertrauen und Offenheit durch den Arbeitsalltag. Sie ist ein Vorbild in ihrer Funktion.

Literatur

  • Bay, R. (1995): Erfolgreiche Gespräche durch aktives Zuhören. 2. Auflage. Renningen-Malmsheim: Expert Verlag.
  • Brede, G., (2012): Mitarbeiter-Führung – Leiten, Motivieren, Kooperieren. Berlin: Cornelsen Verlag.
  • Möller, J., Möller, E. (2007): Kita-Leitung. Leitfaden für Qualifizierung und Praxis. 5. Auflage. Berlin: Cornelsen Verlag.
  • Schulz von Thun, F. (2012): Miteinander Reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. 13. Auflage. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag.

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
KiTa aktuell ND, 4-2020, S. 101 - 103


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