Was wünschen sich eigentlich Eltern von der Kita?

Auch wenn Eltern und Familien heterogen sind, gibt es übereinstimmende Erwartungen, die sie an die Kita stellen. Damit verbunden sind Vorstellungen der Aufgaben und Ziele dieser, die jedoch unterschiedlich verstanden werden können. Dies hat Konsequenzen für das pädagogische Handeln der Fachkräfte.

Wollen Eltern ihre Kinder nicht in die Kita geben?

Schaut man nach Kriterien, nach denen Eltern einen Kitaplatz (aus-)suchen, zeigt sich in verschiedenen Studien, dass es unterschiedliche Hindernisse gibt, aufgrund derer Kinder nicht den Weg ins frühkindliche Bildungssystem finden. So kann aufgrund vorhandener Betreuungsmöglichkeiten in der Familie eine Fremdbetreuung nicht gewünscht sein, vielleicht haben die Kinder aber auch keinen Kita-Platz erhalten. Zudem ist die Übereinstimmung normativnormativ|||||Normativ  bedeutet normgebend, somit wird etwas vorgeschrieben, dass Normen, Regeln oder ein „Sollen“ beinhaltet.er Orientierungen von Familie und Kita zentral. Viele Eltern wägen dabei ‚soziale‘ Kosten (z. B. Ängste, Schuldgefühle) gegenüber dem Nutzen für ihre Berufstätigkeit und der Förderung des Kindes ab. Einem weiteren Anteil an Familien ist das frühkindliche Bildungssystem noch gar nicht bekannt bzw. dessen Strukturen und Bildungsverständnis nicht vertraut. Ist das Kind erstmal in einer Einrichtung, werden die positiven Auswirkungen auf das Kind und dessen Bildungsweg aber häufig betont.

Was ist Eltern besonders wichtig?

Für Eltern kann das ‚Abgeben‘ ihres Kindes in der Kita eine emotional sehr belastende Situation darstellen, vor allem wenn sich Vorstellungen von Erziehung und Bildung unterscheiden bzw. den Familien das System völlig fremd ist. Zudem muss (von Eltern und Kindern) die Aufgabe bewältigt werden, zu (mindestens) einer neuen außerfamiliä-ren Person Vertrauen aufzubauen. Hierfür kann eine Beständigkeit des Personals entscheidend sein. Vor allem bedeutend sind aus Perspektive der Eltern jedoch zwei Aspekte: Transparenz und eine gute Entwicklung des Kindes (s. Kasten). (3)

Die Themen, die den Großteil der Eltern am meisten beschäftigen, sind die Eingewöhnung, das Essen und die Mahlzeiten sowie die Vorbereitung auf die Schule. Die Umsetzung dieser Themen wird allerdings wiederum unterschiedlich von Eltern( teilen) ausgelegt und verstanden. (3)




Eltern wünschen sich von der Kita (3):

Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit
Eltern möchten über Abläufe und Strukturen informiert sein und diese, wenn möglich, selbst erleben / sehen.

Wohlbefinden und eine gute Entwicklung ihres Kindes
Zentral ist das Bewusstsein, dass die Wege, wie Transparenz hergestellt wird, sowie das Verständnis, was gute Entwicklung und Wohlbefinden bedeuten, unterschiedlich sein können und daher individuell mit jeder Familie im gegenseitigen Austausch kommuniziert werden müssen.



Welche Unterschiede gibt es?

Versucht man Unterschiede im Verständnis von dem, was Kita leisten soll, zusammenzufassen, kann man drei Richtungen erkennen. Steht bei Eltern die individuelle Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung des Kindes im Vordergrund, ist meist eine unausgesprochene Übereinstimmung mit Qualität aus Kita-Perspektive vorhanden.(3) Dies kann z. B. die Bedeutung von freiem Spiel und selbstbestimmtem Lernen betreffen. Ist eher die Entwicklungs- und Leistungsförderung des Kindes zentral, rücken diese Themen in den Hintergrund und es kann in Bezug auf den Ausgleich von Defiziten zu Konkurrenzdenken kommen. Wenn es hauptsächlich um die gute Betreuung und Versorgung geht, kann eine Einmischung in das Familiensystem eher unerwünscht sein und die Sorge bestehen, dass fremde Orientierungen die eigene Vorstellung von Erziehung bedrohen. (3) Für Fachkräfte kann der Umgang mit diesen Erwartungen herausfordernd sein, ein besseres Verständnis ist jedoch immer ein erster Schritt.

Welche Rolle spielen familiale Strukturmerkmale?

Neben dem häufig herangezogenen Migrationshintergrund konnten in unterschiedlichen Studien ebenfalls Zusammenhänge zwischen den Wünschen der Eltern und dem sozioökonomischen Status insgesamt oder dem Haushaltseinkommen, dem Bildungsabschluss bzw. der höchsten beruflichen Tätigkeit der Eltern einzeln festgestellt werden.(1,2)

Dies kann mit unterschiedlichen normativen Vorstellungen und Überzeugungen, Sprachkenntnissen sowie einer Unsicherheit gegenüber dem Bildungssystem zusammenhängen. Die Faktoren können jedoch nicht allein bestimmten Gruppen zugeordnet werden, da diese wiederum sehr heterogen sind. Daher sollte nicht von einer Gruppenzugehörigkeit auf ein bestimmtes Verhalten oder Vorstellungen von Bildung und Erziehung geschlossen, sondern aktiv der Austausch mit den Familien gesucht werden.

Was bedeutet das für die Arbeit im Bundesprogramm Kita-Einstieg?

Vertrauen von Eltern zur Kita kann durch gemeinsame Erfahrungsräume entstehen oder über Transparenz und Austausch durch gegenseitiges Interesse hergestellt werden. Zu Herausforderungen kommt es, wenn es keine Grundlage für Interaktion gibt, weil normative Orientierungen von Kita und Eltern sich zu stark unterscheiden. Beim Vertrauensaufbau unterstützen würde es, wenn bereits vor der Eingewöhnung Orientierungen und Vorstellungen beidseitig transparent gemacht werden könnten. Wünschenswert wäre es, wenn dafür mehr zeitliche und personelle Ressourcen zur Verfügung stünden, z. B. auch für eine Sprach- und Kulturmittlung.(3) Kitas können versuchen, diese Unterstützung in Netzwerken zu finden.

Sowohl bei der Vernetzung als auch bei Verständigungsprozessen mit Familien können Kita-Einstiegs-Fachkräfte den Kitas zur Seite stehen. Sie informieren die Eltern frühzeitig darüber, was sie von der Kita erwarten können, und was umgekehrt auch von ihnen erwartet wird. Zudem können sie den Übergang in die Kita begleiten und so Missverständnissen vorbeugen oder diese aufklären. Dabei kann auch vermittelt werden, wie wichtig es ist, den familienkulturellen Hintergrund wahrzunehmen und zu achten. Dies kann Ängsten entgegenwirken, dass sich das Kind von diesem entfremdet.

Kita-Fachkräfte können dabei begleitet werden, eine professionelle Haltung zu entwickeln oder zu festigen, die allen Eltern die Partizipation an der Qualität der Kita aus ihrer Perspektive auch dann ermöglicht, wenn ihre Überzeugungen (oder Sprachkenntnisse) nicht mit denen der Kita übereinstimmen. Haben Kita-Teams bereits im Vorfeld einen Einblick in die unterschiedlichen Erwartungen ihrer Elternschaft, respektieren sie diese und lassen sie nebeneinander gelten, dann können sie gezielt Angebote entwickeln und umsetzen, die diese Wünsche berücksichtigen. Solche Angebote sind umso nötiger, je mehr sich Wertvorstellungen unterscheiden. Austausch mit den Eltern und ihre Einbeziehung in die Klärung wichtiger Fragen muss dann über die üblichen Formate hinausgehen und aktiv von den Fachkräften initiiert werden. (3) Um dabei zu unterstützen, können Angebote im Bundesprogramm Kita-Einstieg überaus hilfreich sein.

Literaturverweise


(1) Lokhande, M. (2013). Hürdenlauf zur Kita. Warum Eltern mit Migrationshintergrund ihr Kind seltener in die frühkind-liche Kindertagesbetreuung schicken. Berlin: Sachverständi-genrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR).

(2) Burghardt, L. & Kluczniok, K. (2016). Erwartungen von Eltern zu Nutzen und Kosten eines Krippenbesuchs – Eine Analyse zu Zusammenhängen mit kindbezogenen und familialen Strukturmerkmalen. DiskursDiskurs|||||Der Begriff Diskurs kann verschiedene Bedeutungen haben, wurde ursprünglich jedoch als  „hin und her gehendes Gespräch“ verwendet. Weitere Bedeutungen sind: theoretische Erörterung, systematische, methodische Abhandlung, gesellschaftliche Auseinandersetzung, Erörterung. Sinnverwandt sind auch Debatte, Diskussion, Disput.  Kindheits- und Jugendforschung, 11 (3), 339–354. https://doi.org/10.3224/diskurs.v11i3.7

(3) Nentwig-Gesemann, I. & Hurmaci, A. (2020). KiTa-Qualität aus der Perspektive von Eltern. https://doi.org/10.11586/2020061



Dieser Text ist im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des vom Bundesfamilienministerium geförderten Programms „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ durch das nifbe entstanden. Er ist ein Teil des digitalen Sammelordners "Kita-Einstieg Wissen kompakt" mit knappen prägnanten Texten zu diesem Themenbereich und einer Einführung zum Hintergrund.


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