Die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten und anderen Einrichtungen zu Familienzentren liegt bundesweit im Trend. Familien benötigen wohnortnahe, an ihren Bedürfnissen und Bedarfen ansetzende, familienunterstützende Angebote und umfassende Möglichkeiten der Begegnung, Beratung, Begleitung, Bildung und Betreuung. Die Praxis reagiert vor Ort auf sich verändernde Lebenswelten und gesellschaftliche Anforderungen. Familienzentren sind eine mögliche Antwort darauf. Dabei unterscheiden sich die Entwicklungen vor Ort und knüpfen in der Regel an Vorhandenem an. Die Entwicklung zu Familienzentren ist sehr vielfältig. Es gibt Kindertagessstätten, Familienbildung, -beratung oder Mehrgenerationenhäuser, die sich zu Familienzentren weiterentwickeln und vermehrt ihre Angebote auf die Bedarfe vor Ort ausrichten. In Niedersachsen gibt es derzeit insgesamt rund 150 „Familienzentren“ und etwa 120, die sich auf dem Weg dorthin befinden - mit stark steigender Tendenz.

Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des nifbe das Thema „Familienzentren“ regional und landesweit aufgegriffen. In Niedersachsen schreitet vor allem die Landeshauptstadt Hannover mit einem trägerübergreifenden Programm voran. Am Modell Hannover orientieren sich  schon weitere größere Städte wie Wolfsburg und Braunschweig. Im ländlichen Raum sind vor allem die Landkreise Emsland und Osnabrück mit der Einrichtung und Etablierung von Familienzentren beschäftigt.

Landesweite Expertenrunde


Deshalb wurde auf Landesebene die interdisziplinärinterdisziplinär|||||Unter Interdisziplinarität versteht man das Zusammenwirken von verschiedenen Fachdisziplinen. Dies kann auch als „fächerübergreifende Arbeitsweise“ verstanden werden, z.B wenn Psychologen, KinderärztInnen, ErzieherInnen und Lehrende zusammen an einer Fragestellung arbeiten.e und bildungsbereichsübergreifende „nifbe-ExpertInnenrunde Familienzentren in Niedersachsen“ etabliert, die sich allen Fragen rund um dieses Thema widmet. Die Mitglieder kommen aus den folgenden Bereichen:

  • Kindertageseinrichtung / Familienzentren
  • Fachberatung von Kindertageseinrichtung / Familienzentren
  • Familienbildung, -beratungseinrichtungen
  • Erwachsenenbildung, FortbildnerInnen der Erwachsenenbildung
  • Fachschule
  • Freie Wohlfahrtspflege, Trägervertretung
  • Kommunale Trägervertretung
  • Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Niedersachsen
  • Hochschulen, Leuphana Universität Lüneburg & Hochschule Hannover
  • Gesundheitsbildung, -beratung
  • Zu bestimmten Fachfragen überregionale ExpertInnen aus dem Bundesgebiet oder dem internationalen Raum.

Als Gäste sind das Niedersächsisches Kultusministerium und das Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration an der Expertenrunde beteiligt.

 

Zielsetzung und Aufgabe der nifbe Landesexpertenrunde


Die nifbe Expertenrunde „Familienzentren“ besteht aus interdisziplinären und bildungsbereichsübergreifenden ExpertenInnen, die sich umfassend den Fragestellungen von Familienzentren widmet.

Grundsätzlich gilt, dass Ergebnisse erreicht werden sollen, die in die jeweiligen Arbeitsbezüge einbezogen werden können und einen entsprechenden Mehrwert für Niedersachen darstellen.


Folgende Ziele sind vorgesehen und werden weiter konkretisiert:

  • Interdisziplinäres Netzwerk auf niedersächsischer Ebene konstituieren
  • Bestandsaufnahme erstellen, die eine Übersicht über die bisherigen Praxisaktivitäten sowie die Fort- und Weiterbildungen zeigt
  • Plattform für interdisziplinären und fachlichen Austausch bereitstellen, z.B. Tagungen, Workshops durchführen
  • Handreichungen und Empfehlungen, Gelingensbedingungen erstellen
  • Erkenntnisse und Erfahrungen bündeln und in jeweilige Arbeitskontexte einspeisen
  • Fort- und Weiterbildungsbedarf für pädagogische Fachkräfte, insbesondere im Sinne von „Train the Trainer“ Fachberatungen und FortbildnerInnen ermitteln
  • Verknüpfung zu weiteren sozialen Netzwerken und Arbeitsrunden, in die die Mitglieder der Expertenrunde ohnehin vertreten sind und somit beidseitig Informationen multiplizieren können
  • Qualitätskriterien entwickeln
  • Rahmenbedingungen für Familienzentren erarbeiten
  • Organisationsentwicklungsberatung für Einrichtungen, Fachberatungen, Träger einrichten, BeraterInnenpool aufbauen
  • Gezielte thematische / politische Öffentlichkeitsarbeit, die die unterschiedlichen Ebenen einbezieht, ggf. Thesenpapiere als Argumentationsgrundlage für Politik erstellen
 

Bestandsaufnahme


Als Grundlage für die Arbeit wurde in einer Online-Befragung unter KiTas, Familienbildungsstätten, Mehrgenerationenhäusern und Beratungsstellen zunächst erhoben, was im Land unter einem Familienzentrum verstanden wird. Die Ergebnisse belegen einerseits die hohe Relevanz in der pädagogischen Fachpraxis. Andererseits zeigen die Ergebnisse, dass ein hoher Bedarf an Unterstützung und Orientierung auf unterschiedlichen Ebenen vorhanden ist. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege sowie einzelne Kommunen haben zum Teil spezifische Konzepte und Rahmen für ihre Familienzentren beschrieben und unterstützen die Einrichtungen vor Ort sehr unterschiedlich. Allerdings zeigte sich, dass über 70% der Einrichtungen keine finanziellen u. o. personelle Unterstützung erhalten, wie die Befragung verdeutlichte.

Die ExpertInnenrunde beschäftigt sich aktuell mit der Frage, was die Kernelemente eines Familienzentrums für Niedersachsen sind und hat bereits eine entsprechende landesweite  Definition abgestimmt. Auf dieser Basis entstehen im Weiteren zunächst Handreichungen, die Unterstützung und Orientierung für politische Entscheidungsträger sowie für die Ausbildung geben werden. Damit verbunden ist die Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte, die inhaltlich-konzeptionelle Ausrichtung z. B. nach dem Early-Excellence-Centre-Ansatz, dem idealen Personalschlüssel oder auch der Einbindung externer PartnerInnen in die Familienzentren. Außerdem gilt es, die FortbildnerInnen und Fachberatungen entsprechend weiterzubilden, um sich den Herausforderungen in der Begleitung der Veränderungsprozesse von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren zu stellen. Darüber hinaus hat die Berufsbildende Schule (BBS) Bassgeige in Goslar die Thematik in der Ausbildung ihrer ErzieherInnen aufgegriffen. Dies ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die Ausbildung und wurde als Modellprojekt vom Kultusministerium unterstützt.
 

Zentrale Aktivitäten


Regional wie landesweit wurde der hohen Nachfrage an Beratung und Orientierung über verschiedene Veranstaltungen Rechnung getragen. Aufgrund der großen Nachfrage erster Tagungen zu dieser Thematik folgte 2011 auf Landesebene gemeinsam mit dem Kultusministerium und der Hochschule Hannover die Tagung Von der KiTa zum Familienzentrum. Die 330 Plätze waren schnell ausgebucht und es bestand eine lange Warteliste. Der Vortrag von Dr. Margy Whalley, die in Corby, Großbritannien (GB), maßgeblich den Early-Excellence-Centre-Ansatz entwickelt hat sowie der Vortrag von Mark Lambert, The Berries Children´s Centre, Wolverhampton, GB, im Vorjahr wurde auf einer DVD eindrucksvoll dokumentiert. Diese bietet Anregung für die pädagogische Praxis sowie zur Verwendung in der Aus- und Fortbildung, insbesondere Fachschulen nutzen diese, um sie z.B. im Fachenglisch einzusetzen und den Blick über den Tellerrand in andere Länder zu wagen. Die Ergebnisse aus den Workshops dieser Tagung sind in die Arbeit der ExpertInnenrunde eingeflossen.

Regionale Aktivitäten


Im  nifbe-Regionalnetzwerk NordOst fanden vielfältige Tagungen, Workshops und Seminare gemeinsam mit der Leuphana Universität in den jeweiligen Landkreisen statt, die allesamt ausgebucht waren und zwischen 50 und 100 Teilnehmende umfassten. Im Anschluss an eine Veranstaltung mit den regionalen, kommunalen Vertretungen zeigte sich der Bedarf von Kommunen an Unterstützung bei der Entwicklung von Familienzentren. Das RNW NordOst entwickelt in Kooperation mit der Stadt Lüneburg und der Leuphana Universität einen Leitfaden zur Unterstützung der Jugendhilfeplanung. Dieser steht letztlich anderen Kommunen als Instrument zur Verfügung.

Das nifbe-Regionalnetzwerk SüdOst konzipierte gemeinsam mit dem Landkreis Goslar, der BBS Bassgeige, der Kindertagesstätte St. Jakobi und der KVHS Goslar die Tagung „Von der Kita zum Familienzentrum“ im April 2012, die sich einer großen Nachfrage erfreute. Im Anschluss gründete sich eine Arbeitsrunde, die die Thematik für den Landkreis Goslar mit Unterstützung durch das Regionalnetzwerk weiter entwickelt. Die Stadt Braunschweig führte in Kooperation mit dem Regionalnetzwerk SüdOst im Oktober die Tagung „Familienzentren / Familien im Zentrum - erreichen, bilden, beraten und teilhaben lassen“ durch. Diesem thematischen Auftakt in der Region folgt die Ringveranstaltungsreihe Kindheit in der Region „Kinder und ihre Familien im Zentrum“. Ergebnis und langfristiges, nachhaltiges Ziel soll die Gründung einer Arbeitsrunde sein, die die Kindertageseinrichtungen, die sich nach hannoverschem Vorbild zu Familienzentren weiterentwickeln, in diesem Entwicklungsprozess begleitet. Das wird maßgeblich durch das Regionalnetzwerk  SüdOst unterstützt.

Im nifbe-Regionalnetzwerk Südwest fand eine Tagung zu Familienzentren in Diepholz statt, in der u.a. der Early-Excellence-Centre-Ansatz in einem Vortrag von nifbe-Koordinatorin Heike Engelhardt vorgestellt und diskutiert wurde. Der Landkreis Osnabrück griff in ihrer Auftaktveranstaltung der Entwicklung von Familienzentren auf diese fachliche Expertise des nifbe zurück. In Kooperation mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) wurde ein Fachforum für die beteiligten Kommunen des Bundesprogramms „Anschwung - Frühe Chancen“ in Niedersachsen in Kooperation mit nifbe-SüdWest und der Ko-Stelle durchgeführt. Die Vorstellung der Ergebnisse der Befragung der nifbe Expertenrunde Familienzentren bildete den Ausgang, um sich vertiefend mit der sozialräumlichen Netzwerkarbeit rund um Familienzentren zu befassen. Das Bundesprogramm „Anschwung – Frühe Chance“ fördert sozialräumliche Netzwerke in Kommunen und begleitet in Form von Prozessbegleitung die Entwicklungen vor Ort. Hier zeigte sich u.a. die hohe Nachfrage nach Unterstützung bei der Entwicklung von Familienzentren.

In den weiteren nifbe-Regionalnetzwerken ist das Thema spürbar und es gibt eine große Nachfrage nach Informationen und Unterstützung. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den Regionalnetzwerken und der Ko-Stelle, um Aktivitäten abzustimmen, den Informationsfluss zu gewährleisten, sich gegenseitig zu unterstützen und den Transfer im Zusammenspiel mit den Akteuren regional, landesweit und auch bundesweit zu gestalten.