Die Autorin beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie pädagogisch-ethische Aspekte im professionellen Umgang mit GrundschülerInnen bei der Unterrichtsgestaltung, der Weiterentwicklung von Schulkultur und Schulqualität im schulischen Alltag berücksichtigt werden. Sie beschreibt in ihrem Buch „Ethos und Schulqualität“ die Ergebnisse aus ihrer empirischen Untersuchung, in der sie zu dieser Thematik in drei europäischen Ländern - in Dänemark, Finnland und Deutschland - umfangreiches qualitatives Datenmaterial in mehreren Schulen erhoben und ausgewertet hat.
Aus der Analyse der verschiedenen Schulprogramme, aus Unterrichtsbeobachtungen (in den Klassenstufen 2-4) sowie aus mehreren Interviews mit Lehrkräften und SchulleiterInnen konnten deutliche länder-, instituionen-, und personenspezifische Unterschiede im Ethos, d.h. im gewohnten Umgang der Lehrkräfte mit SchülerInnen im Kontext Schule festgestellt werden. Besonders die als Ergebnis der Untersuchung beschriebenen Unterschiede in den individuellen Verhaltens- und Handlungsweisen der Lehrkräfte sowie ihr rationales individuelles Handlungsverständnis bezüglich realer Situationen verdeutlichen eindrucksvoll, wie stark schulischer Unterricht, die SchülerInnen-LehrerInnen-Beziehung und die Berücksichtigung kindlicher Bedürfnisse im Schulalltag vom pädagogischen Ethos der Lehrkraft abhängig sind.
Wie der Buchtitel bereits ankündigt, richtet die Autorin aber ihren Blick nicht nur allein auf den „Ethos“ im Sinne von Gewohnheit, Sitte oder Brauch, sondern auch auf pädagogisch-ethische Aspekte im Umgang mit SchülerInnen in Schulen. Sie bezieht damit eine weitere noch bedeutsamere Analyseebene mit in ihre Reflexionen über Schulqualität sowie in ihre empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.e Untersuchung ein: die den Ethos bestimmenden Aspekte. Es zeigt sich, dass es tatsächlich auch notwendig wäre, pädagogisch-ethische Fragen im Rahmen der LehrerInnenaus- und fortbildungen, in der wissenschaftlichen Forschung und bei der Weiterentwicklung von Schulqualität stärker als bisher zu berücksichtigen. Das empirische Datenmaterial, das die Autorin in ihrer schul- und ländervergleichenden Studie zusammen getragen hat, veranschaulicht auch, dass Ethos im Umgang mit Kindern und pädagogische Ethik sich nicht allein im Verhalten von Einzelpersonen bemerkbar machen, sondern dass Ethos und Ethik sich auch im Zusammenspiel aller Beteiligten in der sozialen Institution Schule konstituieren und täglich weiter entwickelt werden, wodurch sich der einzigartige Charakter einer Institution Schule ergibt, der sowohl Alleinstellungsmerkmal als auch besonderes Qualitätsmerkmal sein kann. Das Buch bietet dem Leser einen interessanten Einblick in die Vielfalt schulischer Kulturen.
Dr. Christina Schwer
Susanne Müller-Using: Ethos und Schulqualität. Pädagogisch-ethische Aspekte im professionellen Umgang mit SchülerInnen in Dänemark, Finnland und Deutschland. BudrichUnipress, 241 S., 33 Euro