Die Bildung von Anfang an ist in aller Munde und droht dabei immer öfter bedenkliche Blüten zu treiben und über das Ziel hinaus zu schießen.

 

Armin Krenz unternimmt es daher in dem von ihm herausgegebenen und eingeleiteten Buch „Kindorientierte Elementarpädagogik“ das „Wesentliche … in Augenschein zu nehmen, das Unwesentliche bewusst zu vernachlässigen und das Notwendige zu unternehmen“.

 

Als „Dilemma der aktuellen Bildungsarbeit“ sieht Krenz, dass frühkindliche Bildung zunehmend zu einem „Programm“ zu drohen wird und schon in den ersten Jahren eine „Bildung aus erster Hand“ durch eine „Bildung aus zweiter Hand“ ersetzt werde: „Wo früher mit Kindern die ‚Leichtigkeit des Seins‘ in guten Beziehungsbindungen genossen wurde, wird heute die kritische Frage gestellt, ob eine solche Kuschelpädagogik nicht die Selbstbildungskräfte von Kindern unterfordere. Wo früher tatsächlich die KiTa-Tage gemeinsam mit Kindern geplant wurden, stehen heute förderorientierte Bildungsprogramme auf der Tagesordnung. … Wo früher Bindungsqualitäten der elementarpädagogischen Fachkräfte im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen, stehen heute Bildungsanforderungen an Kinder im Zentrum einer zeitaktuellen Bildungspädagogik.“

 

Keine Bildung ohne Bindung

 

Mit diesen aktuellen Tendenzen geraten aus Krenz Sicht die Grundlagen der frühkindlichen Bildung und Entwicklung aus dem Blick. Zunächst müssten nämlich die Grundbedürfnisse von Kindern befriedigt werden – von Liebe, Respekt und Sicherheit über Bewegung und Neugierde bis zur Mitsprache. Die erfüllten Grundbedürfnisse bildeten erst die Wurzeln für die Persönlichkeits- und Lebensentfaltung der Kinder. An erster Stelle stehe dabei die Erfahrung einer sicheren Bindung: „Die gesamte pädagogische Didaktik und Methodik muss so gestaltet werden, dass Kinder in der täglichen Arbeit ihre Grundbedürfnisbefriedigung durch Bindungserfahrungen erleben.“

 

Wie Krenz ausführt, erfolge erst nach dieser Grundbedürfnisbefriedigung die Entwicklung spezifischer emotionaler, motorischer und sozialer Fähigkeiten. Und kognitive Fähigkeiten entwickelten sich im Grunde eher „nebenbei im Sinne eines concomitant learning, ohne dass Kinder bewusst erkennen, dass sie sich kognitiv bilden.“ Statt einer didaktischen Vielfalt an Programmen bräuchten Kinder daher „feste Bezugspersonen, die sich selbst als entscheidenden didaktischen Mittelpunkt begreifen.“ Die Erwachsenen allgemein und die Pädagogischen Fachkräfte im Besonderen müssten sich von der Vorstellung, Kinder zu belehren und ihnen Wissen beizubringen, „radikal und konsequent verabschieden, um für eine alltagsorientierte, lebendige, unterstützenden ‚Bildungsatmosphäre‘ zu sorgen.“

 

Bildung als Kern der Persönlichkeitsentwicklung

 

Armin Krenz vertritt mit seinem AutorInnen-Team, dem viele PraktikerInnen angehören, ein Bildungsverständnis, das Bildung als Kern der Persönlichkeitsentwicklung und eben nicht als Mittel zu einem – wie auch immer gearteten - Zweck sieht. Bildung stellt sich damit auch als eng mit der Vermittlung und Entwicklung von Werten, d.h. Einstellungen, Haltungen und Sichtweisen verbunden dar.

 

Unter diesen Prämissen stellen Krenz und seine Mit-AutorInnen auch Modelle der Qualitätsentwicklung und als adäquates pädagogisches Konzept den Situationsorientierten Ansatz vor. Besonderes Augenmerk wird auch dem „Spielraum“ und dem „Spiel“ als einem unabdingbaren Basiselement der Elementarpädagogik gewidmet.

 

Das Buch „Kindorientierte Elementarpädagogik“ ist ein wichtiger Beitrag, um die aus den Boden schießenden Debatten, Ansätze, Programme und Projekte rund um die frühkindliche Bildung und Entwicklung wieder auf die richtige Grundlage und das Kind in den Mittelpunkt zu stellen. Es gibt Gelegenheit zum Innehalten und zur Rückbesinnung und liefert ErzieherInnen eine gute Grundlage in der Diskussion um ihre weitere Professionalisierung.

 

Karsten Herrmann

 

  • Armin Krenz (Hg.): Kindorientierte Elementarpädagogik. Vandenhoeck & Ruprecht, 220 S., 19,90 Euro.