
"Frühkindliche Bildung ist kein Wettlauf"
In der Folge warf die nifbe-Direktorin einen näheren Blick auf das Kind und auf das aktuelle elementarpädagogische Bild von ihm: Das Kind sei vom ersten Tag an aktiv und erobere über seinen Körper und seine Sinne die Welt. Das Kind habe einen ausgeprägten Eigensinn und strebe nach Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit. Dafür brauche es in ganz besonderer Weise Spiel- und Bewegungsraum und frühkindliche Bildung dürfe nicht als Wettlauf missverstanden werden. „Bildung braucht Zeit und Muße“ unterstrich Zimmer und hob neben den großen „B’s“ der Bildung wie Beziehung, Bindung und Bewegung auch die großen „Z’s“ wie Zeit, Zuwendung und Zärtlichkeit heraus.

"Bildung ist Beziehungsbildung"
Susanne Viernickel skizzierte die rasanten Veränderungen der Familie und der Arbeitswelt in den letzten Jahren und konstatierte: „Eltern stehen heute unter großem Druck“. Familien stünden zudem sehr unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung. Insbesondere bei alleinerziehenden Eltern, bei Familien mit Migrationshintergrund und aktuell bei Flüchtlingsfamilien seien Kinder erhöhten Entwicklungsrisiken ausgesetzt. Krippen als „familienergänzende und –unterstützende Infrastruktur“ könnten hier einen wichtigen Beitrag zur Chancengerechtigkeit in einer von zunehmender Diversität geprägten Welt leisten. Nach einer „enormen Ausbauanstrengung“ seien heute rund 1/3 der unter dreijährigen Kinder in der Krippe. Allerdings musste sie momentan noch einen „Herkunftseffekt bei der Bildungsbeteiligung“ sowie eine „schlechtere Prozessqualität“ in Einrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund konstatieren.
Die „erst spät in den Blick genommenen“ Bildungsprozesse in Krippen beschrieb Susanne Viernickel grundsätzlich als „Wechselwirkung zwischen Kind und Umwelt“. Zentrale Aufgabe in den ersten Jahren sei der „Aufbau einer positiven und möglichst etablierten emotionalen Beziehung“ zwischen pädagogischen Fachkräften und dem Kind. Eine Schlüsselrolle spielten dabei „Empathie und Zugewandtheit“. ErzieherInnen seien im Krippenalltag herausgefordert, „parallel und zeitnah auf die Kinder und ihre je individuellen Signale und Bedürfnisse zu reagieren“.
Bildung in der Krippe sei von Anfang an Beziehungs- und Persönlichkeitsbildung. Sie müsse daher ganz besonders den „subjektiven Sinn und die Bedeutsamkeit von Wissen und Können für das einzelne Kind“ ernst nehmen. Ziel der Bildung sei aus ihrer Sicht die „gesteigerte Selbstwirksamkeit und Handlungsautonomie des Kindes“. Dafür müsste die Gestaltung von Raum und Zeit „auf möglichst vielfältige Lerngelegenheiten und einen großen Erfahrungsreichtum“ ausgerichtet sein. Kinder müssten dabei auch einmal an ihre Grenzen gehen können, was aber in der Krippe aufgrund einer „gesetzlichen Überregulierung“ nicht ganz einfach umzusetzen sei.
Professionelles Handeln und professionelle Haltung weiterentwickeln
Für die Qualitätsentwicklung in Krippen forderte Susanne Viernickel abschließend eine „konsequente Absicherung und Weiterentwicklung des professionellen Handeln und der professionellen Haltung der pädagogischen Fachkraft“ ein. Eine zentrale Rolle nehme dabei die Selbstreflexion ein, aber auch die Beobachtung und Dokumentation der kindlichen Entwicklung ein. Notwendig für den Qualitätsprozess sei ferner eine wertschätzende und reflexive Leitungs- und Teamkultur sowie eine ausgeprägte „Kooperations- und Netzwerkkultur“. Aus Studienergebnisse zeigte Viernickel drei idealtypische Herangehensweisen für die Umsetzung neuer Herausforderungen wie z.B. der Bildungspläne in der KiTa auf: Ablehnung und Verweigerung; konsequentes bedingungsloses Umsetzen; Umsetzung in Abhängigkeit von einem fest stehenden inneren Wertekanon - letztere wertete Viernickel dabei als die sowohl für das Wohl der Kinder als auch das des Teams angemessenste Variante.

Nach der Vorstellung einer Wirksamkeitsanalyse der nifbe-Qualifizierungsinitiative mit bisher 8.000 TeilnehmerInnen (Sehr gute Noten für nifbe-Qualifizierungs-Initiative )durch Jörg Hartwig vom Regionalnetzwerk NordOst konnten die TeilnehmerInnen in acht verschiedenen Workshops zentrale Aspekte der Qualitätsentwicklung in Krippen vertiefen: Von der grundsätzlichen Haltung und dem Bild vom Kind über die Konzeptentwicklung, Beobachtung und Dokumentation oder Elternarbeit bis zur Raumgestaltung reichte das breit gefächerte Themenspektrum.

Krippen brauchen maßgeschneiderte Angebote


Präsentation Susanne Viernickel