nifbe-Fachtagung zur Fachberatung in Niedersachsen


Die Fachberatung spielt bei der Qualitätsentwicklung in den KiTas eine zentrale Rolle und ist die entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis. Zugleich ist die Fachberatung in Deutschland jedoch durch eine große Vielfalt im Hinblick auf ihre Aufgaben und Rollen und durch ein entsprechend heterogenes Berufsfeld gekennzeichnet. Sie erscheint als Blackbox, in der keiner so genau weiß, was darin ist und die vielfältigen Ansprüche an sie lassen vermuten, dass nur eine „eierlegende Wollmilchsau" diese erfüllen kann.


sliwka 150In Niedersachsen hat sich die Fachberatung nun unter der Begleitung des nifbe auf den Weg gemacht, den Status Quo zu durchleuchten, sich gegenseitig wahrzunehmen und gemeinsame Schnittmengen zu definieren. Den ersten Schritt dazu bildete bereits der von großer Aufbruchstimmung getragene „Fachtag Fachberatung" auf der didacta in Hannover. Ein zweiter Schritt wurde nun mit der Tagung „Fachberatung in Niedersachsen" im Hannoveraner Freizeitheim Vahrenwald unter dem Motto „Wo kommen wir her? Wo wollen wir hin?" gemacht. Zum Auftakt konstatierte nifbe-Geschäftsführer Reinhard Sliwka: „Eine Diskussion und Verständigung über das Professionsverständnis der Fachberatung, über trägerübergreifende Standards und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen ist dringend an der Zeit."

 

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Unter der Gesamtmoderation von Maria Korte-Rüther formulierten zunächst fünf niedersächsische Fachberaterinnen von unterschiedlichen Trägern ihre nachdrücklichsten Erkenntnisse aus der didacta-Fachtagung und ihre Erwartungen an den weiteren Prozess. Auf der didacta-Tagung, so Erika Brahms von der Diakonie, sei noch einmal sehr deutlich vorgeführt worden, wie heterogen die Fachberatung aufgestellt sei. „Das für mich Neue war, dass dies nicht unbedingt als Schwäche, sondern als qualitative Stärke gesehen werden kann, da Fachberatung so passgenauer auf die jeweiligen Erfordernisse eingehen kann". Wichtig sei aber, um diese Unterschiede zu wissen und hiervor ausgehend dann, so Stefanie Emmel von der Stad Langenhagen, „in Richtung gemeinsames Berufsverständnis zu denken". Sie hoffe auch darauf, dass sich Fachberatung stärker gemeinsam organisieren und „eine gemeinsame Stimme auch in Richtung Politik" entwickeln könne.


Im Anschluss diskutierten die rund 70 niedersächsischen FachberaterInnen in „Open Space"-Panels unter der Patenschaft von FachberaterInnen und Moderation durch nifbe-NetzwerkmanagerInnen folgende zentrale Fragestellungen:

 

  • Steuerung versus Beratung (Patin: Karin Schätzlein / Johanniter)
  • Qualitätsmanagement für KiTas und Fachberatung selber (Patin: Monika Kleine-Kuhlmann / Caritas)
  • Was braucht Fachberatung? (Patin: Stefanie Emmel / Stadt Langenhagen))
  • Beratungsverständnis & Beratungssettings (Patin: Erika Brahms / Diakonisches Werk)
  • Praxiskontakt & Praxisnähe von Fachberatung (Patin: Hannelore Kleemiss / Elterninitiativen)


An drei Themenfeldern sollen in der Folge die Diskussionen und Ergebnisse näher aufgezeigt werden. Viele grundsätzliche Fragen wie das Spannungsverhältnis zwischen Beratung und Steuerung sowie einer daraus notwendigen „Klärung der Rolle" spiegelten sich in allen Runden wieder.

 

Zwischen Steuerung und Beratung


In der Runde zu Steuerung & Beratung schilderte Karin Schätzlein von den Johannitern zunächst die Vorteile einer Fachberatung mit Fach- und Dienstaufsicht „aus einer Hand": „Es ist hilfreich, in bestimmten Situationen auch Entscheidungen treffen zu können." Für Erwin Drefs von der Lebenshilfe Delmenhorst stellte sich eine gleichzeitige Berater- und Vorgesetzten-Rolle allerdings als „unvereinbar" dar: „Die Fach- und Dienstaufsicht sollte bei der Geschäftsführung und nicht bei den FachberaterInnen liegen".


In der weiteren Diskussion zeigte sich aber auch die „Freiheit der reinen Beratungsfunktion als Illusion". In gewisser Weise werde auch hier immer Steuerung ausgeübt und häufig gebe es eine „versteckte Kopplung dieser beiden Funktionen", die nicht immer von der formalen Position abhänge. Letztlich werde die Rolle der Fachberatung aber vom Arbeitgeber bestimmt, auch wenn es hier häufig an entsprechenden Arbeitsplatzbeschreibungen fehle.
Wichtig für eine Fachberaterin sei es, sich über ihre Rolle Klarheit zu verschaffen und diese gegenüber den KiTas transparent zu machen: „Was ist mein Auftrag, wo sind meine Grenzen?" In der konkreten Ausgestaltung der Rolle sei aber auch immer entscheidend „wie man in Beziehung steht." Elke Alsago von der Evangelischen Hochschule in Hamburg konstatierte für die vergangenen Jahre „grundsätzlich einen Trend hin zu Steuerung" und entsprechenden Instrumentarien wie zum Beispiel Qualitätsmanagementsysteme. Hier sah sie einen deutlichen Widerspruch zur aktuellen Frühpädagogik, die vom Kind ausgehe und auf das selbstaktive und selbstkompetente Kind setze.


In der von einer hoch engagierten Diskussion geprägten Runde zeigte sich so ein hohes Spannungsverhältnis zwischen den Polen der ursprünglichen sozialpädagogischen Beraterrolle und einer Vorgesetzten- und Managementrolle von Fachberatung, das nicht einfach aufzulösen ist.

 

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Was braucht Fachberatung?


In der Runde zur der Frage „Was braucht Fachberatung", sammelten die TeilnehmerInnen ganz konkret notwendige Kompetenzen und Eingangsvoraussetzungen für Fachberatung. Auch hier zeigte sich ein Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch, Standards zu setzen und andererseits eine möglichst hohe Durchlässigkeit und Flexibilität für das Berufsfeld zu bewahren. Im Konsens wurden u.a. folgende Kompetenzen für FachberaterInnen als unabdingbar angesehen:

 

  • Beratungskompetenz
  • Empathie / Beziehungskompetenz
  • Konfliktfähigkeit / Lösungsorientierung
  • Kommunikations-Kompetenz / Rhetorische Fähigkeiten
  • Beobachtungsfähigkeit
  • Steuerungs- / „Helikopter"-Kompetenz
  • Vernetzungskompetenz
  • Haltung / humanistisches Menschenbild
  • Hohe Lernbereitschaft
  • Selbstorganisations- / Selbststeuerungskompetenz

 

Als Eingangsvoraussetzungen standen insbesondere eine abgeschlossene Berufsausbildung / ein abgeschlossenes Studium sowie Berufs- und Felderfahrung im Fokus. Zusatzqualifikationen wie Coaching, Supervision oder Mediation seien dabei vorteilhaft.


In der Open Space-Runde zu „Beratungsverständnis & Beratungssettings" wurde grundsätzlich eine häufig „diffuse Auftragssituation" für Fachberatung konstatiert, die im Graubereich zwischen Steuerung und Beratung liege. Hier gelte es, eine Klärung und Transparenz herzustellen. Grundsätzlich müsse Beratung sich an der Situation vor Ort orientieren und dabei flexibel auf die jeweiligen Rahmenbedingungen und Erfordernisse eingehen. Vertraulichkeit könne, müsse dabei aber nicht vereinbart werden. Zu einem professionellen Beratungsverständnis gehöre schließlich auch die „Fähigkeit zur Abgrenzung".

 

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Am Nachmittag diskutierten die niedersächsischen FachberaterInnen schließlich, was auf dem weiteren Weg der Entwicklung eines gemeinsamen Professionsverständnisses, der gemeinsamen landesweiten Organisation / Vernetzung und der inhaltlichen Stärkung / Weiterqualifizierung notwendig sei. Grundsätzlich sahen die TeilnehmerInnen das nifbe als „trägerübergreifende Plattform", die diesen Prozess begleiten und organisieren solle. Konkret wurden folgende Punkte gewünscht:

 

  • 1-2 Mal jährlich ein landesweites Treffen der niedersächsischen FachberaterInnen, das vom nifbe und einer trägerübergreifenden Vorbereitungsgruppe organisiert wird
  • Regelmäßige trägerübergreifende regionale Austauschforen für FachberaterInnen (soweit in den Regionen nicht vorhanden bzw. nicht offen, müssten durch das nifbe welche organisiert werden)
  • (Landesweite) Foren zu aktuellen Themen (wie z.B. Flüchtlingskinder oder Sprach-KiTas)
  • Durchführung bzw. Organisation bzw. Transparentmachung von thematischen bzw. methodischen Qualifizierungen für FachberaterInnen durch das nifbe
  • Förderung der Vernetzung bzw. der Kollegialen Beratung durch eine nifbe-Online-Datenbank zu Fachberatungen und deren Themenschwerpunkten
  • (nifbe-) Publikation (z.B. in der Reihe Beiträge zur Professionalisierung) zum Thema Professionsverständnis von Fachberatung
  • Regelmäßige Online-Zeitschrift bzw. Newsletter vom nifbe in Zusammenarbeit mit FachberaterInnen zum Thema Fachberatung in Niedersachsen (Themen, Termine, Aktuelle Meldungen etc.)


Zum Ende des Jahres soll nun die nächste landesweite nifbe-Fachtagung zur Fachberatung stattfinden und der eingeschlagene Weg so konsequent weiter fortgeführt werden.

 

Karsten Herrmann

 

Einen Rückblick auf den Fachtag Fachberatung auf der didacta 2015 einschließlich der Präsentationen von Prof. May von der Hochschule Rhein-Main sowie Maria Theresia Münch vom Deutschen Verein finden Sie hier:

 

Quo vadis Fachberatung?