Fröbel-Wissenschaftskongress gibt Impulse
Auf dem Fröbel-Wissenschaftskongress im geschichtsträchtigen Berliner Harnack-Haus stand die Frage der Qualitäts-Entwicklung und eines systematischen Qualitätsmonitorings im Fokus. Vorgestellt wurde auch eine entsprechende Machbarkeitsstudie. Hiermit sollte auch ein Signal an die Politik gesendet werden, denn, so der Fröbel-Vorstandsvorsitzende Stefan Spieker „Es ist doch ein Irrsinn, das bald 50 Milliarden Euro in das KiTa-System quasi ohne jegliche Steuerung und Qualitätskontrolle gepumpt werden“.
Stefan Spieker stellte in einem ersten Impulsvortrag auch die neue „Transparenzoffensive Qualität“ von Fröbel vor. Ziel sei es, trotz der sehr unterschiedlichen Rahmen- und Finanzbedingungen in den 16 Bundesländern eine vergleichbare und messbare Qualität zu gewährleisten und so KiTas auch weiter als Bildungseinrichtungen zu etablieren. Dies sei umso wichtiger, als dass seit der Corona-Pandemie und mit dem Fachkräftemangel immer weniger über Bildung und Qualität und immer mehr nur über Betreuung gesprochen werde.
Mit der IQB-Studie und dem SWK-Gutachten richtete der Fröbel-Vorstandsvorsitzende den Fokus auf die Basiskompetenzen im sprachlichen, mathematischen und sozial-emotionalen Bereich und auf eine entsprechende Förderung mit Outcome-Überprüfung. Er plädierte dabei für quantitative Messmethoden, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten und Entwicklungen aufzeigen zu können.
Stefan Spieker stellte in der Folge das Fröbel-Qualitätsmanagement vor, dass in einem Mix aus interner und externer Evaluation, Familienbefragungen und Peer Reviews incl. Kinderperspektiven besteht. Als quantitative Instrumente für die Überprüfung der Prozessqualität kommen dabei KRIPS-RZ, KES-RZ und HUG zum Einsatz. Über die vergangenen Jahre konnte er dabei eine kontinuierliche Verbesserung der Qualität in den Fröbel-Kitas darstellen. In einem weiteren Schritt sollen jetzt die Daten von zunächst 110 Fröbel-Kitas öffentlich gemacht werden. „Unser Ziel“, so Spieker, „ist es, Qualität sichtbar zu machen und gleiche Startchancen für alle Kinder zu bieten.“
Eine „Machbarkeitsstudie zur Ansprache und Umsetzung eines bundesweiten Monitorings zur Prozessqualität“ stellte Prof. Dr. Katharina Kluczniok, wissenschaftliche Vorständin bei der pädquis Stiftung, vor. Hierfür hatte pädquis eine Literaturrecherche vorgenommen, vorhandene Daten ausgewertet, qualitative Befragungen durchgeführt sowie Umsetzungsszenarien erstellt.
Kluczniok unterstrich, dass eine „nachhaltig wirksame“ Steuerung des KiTa-Systems nur auf der Grundlage verlässlicher Daten möglich sei. Für ein Monitoring brauche es verlässliche Ansätze und standardisierte Verfahren der Qualitätsbeobachtung und hier insbesondere der Prozessqualität im KiTa-Alltag.
Aus den Daten-Erhebungen in 355 KiTas nach KRIPS-RZ ergab sich in Krippe und Kindergärten ein mittlerer Gesamtwert von rund 4,4. Höhere Werte ergaben sich insbesondere in der Interaktion und beim Zuhören und Sprechen. Schlechte Werte ergab die domänenspezifische Förderung beispielsweise im sozial-emotionalen oder mathematischen Bereich.
Als Herausforderungen und gleichzeitig Gelingensbedingungen für ein standardisiertes bundesweites Monitoring führte die Wissenschaftlerin u.a. folgende Punkte an:
- Gesicherte Finanzierung
- Einigung auf einheitliches Qualitätsverständnis
- Einigung auf einheitliche Erfassungsinstrumente
- Einigung auf einheitliche Qualitätsstandards
- Flexible Anpassungsmöglichkeiten für Länder
Für die Umsetzung skizzierte Kluczniok vier Szenarien, die von einem bundesweit einheitlichen und zentral gesteuerten Monitoring über landesspezifische Ausprägungen in einem einheitlichen Rahmen bis hin zur rein föderalen Steuerung reichten. Abschließend resümierte sie: „Evidenzbasierte Steuerung führt zur Professionalisierung, Entlastung und Aufwertung des KiTa-Systems.“
Nach der Vorstellung des „National Quality framework“ in Australien durch Dr. Leanne Gibbs wurden in einer Podiumsdiskussion noch einmal verschiedenen Perspektiven auf ein standardisiertes Monitoring diskutiert.
Kathrin Hoffmann von der Fröbel Forschungskita Am Volkspark in Potsdam erzählte von ihren Erfahrungen mit der Evaluation und räumte ein, dass es „natürlich erst einmal nicht schön ist, von außen bewertet zu werden“. „Wir haben die Evaluation aber schließlich nicht als Zwang von außen gesehen, sondern als Schatz für die interne Weiterentwicklung.“ Aus anfänglicher Angst habe sich Mut entwickelt und jetzt sein man stolz auf die Anerkennung der qualitativen Entwicklung gewesen.
Stefan Spieker kritisierte übergreifend den gegenwärtigen Stillstand oder sogar Rückschritt in der Weiterentwicklung des KiTa-Systems und bezeichnete die durch das KiTa-Qualitätsgesetz ermöglichte Beitragsfreiheit als großen Fehler, da diese nichts mit Qualität zu tun habe. Um den derzeitigen Fachkräftemangel zu begegnen müsse man an mehreren Stellschrauben zugleich drehen und er forderte auch eine groß angelegte Kampagne für den Erzieher*innen-Beruf.
Dr. Josefine Koebe, bis vor kurzem im Stabsbereich der Wissenschaftskooperation bei Fröbel und seit Oktober hessische SPD-Landtagsabgeordnete, sprach sich dafür aus „weg vom ständigen Krisen-Narrativ“ zu kommen und stattdessen die positiven Aspekte „des wunderbaren Erzieher*innen-Berufs“ in den Vordergrund zu stellen. Die Debatte brauche mehr Esprit.
Auf die Frage, warum Politik angesichts der erwiesenermaßen hohen Rendite der frühkindlichen Bildung hier nicht mehr investiere, machte sie klar, dass die Früchte der Investition nicht in der laufenden Legislaturperiode geerntet und nur schwer mit dem eigenen Gesicht verbunden werden können. Sie brachte die Idee eines Bildungsfonds und von Staatsanleihen für die frühkindliche Bildung ins Spiel.
Einig waren sich die Diskutant*innen auf dem Podium, dass die Debatte für ein bundesweites Qualitätsmonitoring jetzt weiter Fahrt aufnehmen müsse und man genauer hinschauen müsse, was die qualitätsmindernden und -hemmenden Faktoren für die Prozessqualität in der KiTa sind.
Karsten Herrmann