In ihrem Auftaktvortrag skizzierte Dr. Elke Alsago von ver.di die Entstehung und Etablierung der Fachberatung von den 1970er Jahren bis heute. Sie kennzeichnete dabei neben Aufbruchsbewegungen auch immer wieder Phasen der Stagnation und des „Roll Backs“, die insbesondere auch mit wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusammenhingen – so in den 1980er und ab Mitte der 1990er Jahre. Mit dem „PISA“-Schock und dem massiven Ausbau der Kindertagesbetreuung seien Fachberater*innen dann wieder in den Fokus geraten und 2016 habe sich so auch die Bundesweite AG Fachberatung der BAG-BEK gegründet und in der Folge wurde ein partizipativ erarbeitetes Selbstverständnis der Fachberatung entwickelt. Für Aufbruchstimmung sorgte schließlich auch die bundesweite Fachberater*innen-Tagung 2019 in Kassel, bevor dann mit der Corona-Pandemie wieder ein Abschwung erfolgte.
Grundsätze der Fachberatung
Wie Elke Alsago weiter ausführte, wurden in dem erarbeiteten Selbstverständnis von Fachberatung die „Ansprüche an die eigene und gemeinsame Professionalität“ formuliert und dieses sollte in der Arbeit einen „inneren Kompass“ bilden. Neben der Definition von Fachberatung als „eine personenbezogene strukturentwickelnde soziale Dienstleistung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe“ sind in dem Papier die Grundsätze der Fachberatung sowie ihre Handlungsformen und Adressat*innen ausformuliert. Neben dem Eintreten für soziale Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung hob sie als Grundsätze des Handelns insbesondere auch die Selbstbefähigung aller Akteur*innen im System, die Partizipation und Selbstwirksamkeit sowie die Transparenz hervor – wobei letztere vor allen Dingen auch „im Spannungsfeld von Beratung sowie Dienst- und Fachaufsicht“ unabdingbar sei.„Fachberatung“, so resümierte Elke Alsago die Entwicklung der vergangenen Jahre, „ist nach wie vor noch auf dem Weg zur Profession“. Dies gelte sowohl im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung, die tarifliche Bewertung und Bezahlung der Tätigkeit wie auch auf die gesetzliche Verankerung und Finanzierung auf Landes- und Bundesebene. Durch die Pandemie und den Personalmangel und die unübersehbare Überlastung und Erschöpfung der Fachkräfte stagniere die Entwicklung derzeit wieder und die Professionalität zeige sich als eine „vulnerable“.
Fachberatung sichtbar machen und vernetzen
„Umso wichtiger ist jetzt die Sichtbarkeit der Fachberatung“ unterstrich die ver.di-Referentin. Es müsse darum gehen, sich systematisch zu vernetzen, Allianzen und Verbünde einzugehen und die Stimme für die Professionsentwicklung zu erheben – vom Mandat über die Zugangsvoraussetzungen bis hin zu verbindlichen rechtlich-finanziellen Rahmenbedingungen für Fachberatung.In einem zweiten Vortrag nahm Mirela Schmidt vom nifbe die Vernetzung und Netzwerkbildung von Fachberatung auf Länder- und Bundesebene in den Blick. Netzwerke definierte sie dabei als „prinzipiell offen und ohne formelle Mitgliedschaft“. Netzwerke benötigten aber auf Dauer Ressourcen für Koordination und Impulse.
Die Vernetzung von Fachberatung, so die nifbe-Transfermanagerin, finde auf kommunaler, landes- und bundesweiter Ebene statt – durch Träger und Dachverbände, durch Ministerien und Landeseinrichtungen wie Institute oder Landesjugendämter und auch durch Fortbildungsinstitute. Ziele der Vernetzung seien Austausch über Themen und Erfahrungen, die kollegiale Beratung oder auch das Abstimmen von und das Eintreten für berufspolitische Ziele.
Zum Grad der Vernetzung präsentierte sie Ergebnisse aus einer bundesweiten Befragung von BAG BEK und nifbe. Demnach sind 31% der antwortenden Fachberater*innen verhältnismäßig schwach vernetzt, 40% bewegen sich im mittleren Bereich und 29% demgegenüber stark vernetzt. Je höher die Anzahl der Kitas, für die eine Fachberaterin zuständig ist, desto deutlich stärker ist sie vernetzt. Ebenfalls stärker vernetzt sind ältere und berufserfahrenere Fachberater*innen und solche, die ausschließlich studiert haben. Auch vollzeitbeschäftigte Fachberater*innen und solche, die bei einer Kommune angestellt sind, sind etwas stärker vernetzt.
Vernetzungen auf Landes- und Bundesebene
Beispielhaft zeigte Mirela Schmidt auf, wie das nifbe als Vorreiter auf Landesebene in Niedersachsen von Anfang an die Vernetzung und Professionalisierung von Fachberater*innen unterstützt hat – durch landesweite Fachtage, regionale Treffen, spezifische Workshops, Publikationen und eine stetig aktualisierte Wissenslandkarte auf dem nifbe-Portal mit derzeit rund 350 Fachberater*innen (weitere Infos hier). Unterstützt worden sei ebenso die Gründung einer Niedersächsischen AG Pädagogische Fachberatung, die in der Folge auch zu Anhörungen des Landes rund um die KiTa eingeladen wurden.In den letzten Jahren haben sich weitere Institute auf Landesebene z.B. in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt der Vernetzung von Fachberatung gewidmet. Weit vorangekommen sind aber Brandenburg durch eine LFG Fachberatung und Berlin durch die Gründung einer LAG Fachberatung.
Im Hinblick auf die Bundesebene markierte Mirela Schmidt die AG Fachberatung der BAG-BEK als zentrale Vernetzungsplattform – mit offenen AG-Terminen im Rahmen der Frühjahrs- und Herbsttagungen der BAG-BEK sowie regelmäßigen Stellungnahmen durch die Steuerungsgruppe der AG. Insgesamt musste sie aber insbesondere auf den Landesebenen noch „eine große Intransparenz der Vernetzungsstrukturen“ resümieren.
In der Folge stellte Carolin Fritzsche noch die Aktivitäten des Forums Frühkindliche Bildung in Baden-Württemberg zur Professionalisierung und Vernetzung der Fachberatung vor – durch Summits und Fachvorträge oder auch durch Porträts von Fachberater*innen. Dafür bekam sie auch sehr positives feedback von den Teilnehmer*innen, die sich in diesem Workshop auch emsig der Vernetzung vor Ort widmeten.
In ihrem Ausblick machte Elke Alsago deutlich, dass sich die Fachberater*innen selbst ermächtigen und sich aktiv an den fachpolitischen Diskursen und Netzwerken auf den verschiedenen Ebenen beteiligen müssten, um ihre Profession voranzutreiben. Es gehe um „Voice“, um das Stimme erheben, um das Präsentsein im Feld, in der Öffentlichkeit und in der Politik – und zwar jeder für sich und alle gemeinsam.
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Karsten Herrmann