Die Referentin für Kulturelle Bildung am Hessischen Landesmuseum für Kunst und Kultur in Wiesbaden erfragte zunächst einmal die Assoziationen der Teilnehmer*innen rund um den Begriff Sammeln und bekam eine wahre Flut von Antworten: Von Steinen, Kastanien oder Stöcken über Erlebnisse, Eindrücke und Erinnerungen bis „einfach zu viel“ reichte das bunte Spektrum.
„Die Motivation zum Sammeln“, so Astrid Lembcke-Thiel, „ist das produktive Entschlüsseln und Verorten der Phänomene der Welt.“ Mit anderen Worten umschrieb es in einem eingeblendeten Kurz-Video der Slam-Poet Lars Ruppe: „Sammeln als Anker der Welt und Spiegel des Selbst“.
Die freie Kuratorin und studierte Kunstvermittlerin führte die Teilnehmer*innen dann in ihre „Wunderkammerkiste“, mit der sie KiTas besucht und die zu „Neugier, Begeisterung und Staunen“ bei den Kleinen und Kleinsten führt. Staunen bedeute dabei „Innehalten, Nachdenken und ein freies, offenes Interesse für den Eigensinn der Dinge“ – und hierfür seien die Kinder Meister, während die Erwachsenen es schon oft verlernt hätten.
In ihrer Wunderkammerkiste hat Astrid Lembcke-Thiel bunte Fundstücke des Alltags, von Straßen, Stränden und aus Wäldern versammelt und die Kinder können sich diesen Dingen forschend nähern, sie untersuchen, kategorisieren und messen, auf Filzplatten sortieren und anordnen oder sie auch verändern und verwandeln und zu eigenen kleinen Performances – z.B. als Einhorn – nutzen.
"Sammlen lehrt und pflegt das Staunen"
An dieser Stelle unterstrich die Referentin auch, dass die Wunderkammerkiste und das Sammeln scheinbar unnützer Alltagsdinge sich nicht nur für Kinder eignen, sondern auch für die Fachkräfte in ihrem herausfordernden Alltag kleine Inseln der kreativen Entspannung und Gedankenflüge biete. Mit Albert Einstein fasst sie zusammen: „Sammeln lehrt und pflegt das Staunen.“Astrid Lembcke-Thiel ermutigte die Teilnehmer*innen auch dazu, mit ihren Kindern in die Museen zu gehen, die zunehmend auch kreative und offene Angebote mit bedeutungsoffenen Materialien und Installationen für Kinder parat halten würden. Museen seien wie KiTas Bildungseinrichtungen und Orte für Sammlungen. Die ausgestellten (Kunst-) Werke seien dabei nicht mehr und nicht weniger als „Haltestellen des Werdens.“
Mit großer Begeisterung und Ideenreichtum führte Astrid Lembcke-Thiel in diesem Vortrag den Fachkräften die Potenziale des Sammelns, der zufälligen Fundstücke und der bedeutungsoffenen Materialien für die ästhetische Wahrnehmung, das forschende Staunen und die kreative Aneignung im Setting KiTa vor Augen. Für Kinder und Erwachsenen wünschte sie sich dabei gleichermaßen: „Mehr wundern, mehr Staunen!“.
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Karsten Herrmann