
Wie Samuel Cosper ausführte, ist unsere Welt von sozialer Interaktion und dem Turntaking durchzogen – von der Sprache über Spiel, Sport und Kultur bis hin zum Verkehr. Die Art der Interaktion können dabei sowohl sprachlicher wie auch gestischer und handelnder Natur sein oder auch in einer geteilten Aufmerksamkeit liegen.
Das Turntaking und die soziale Interaktion findet sich dabei auch schon, wie Samuel Cosper mit einem beeindruckenden Video der Forschungsgruppe untermauerte, bei Primaten wie Gorillas, Schimpansen oder Bonobos – z.B. beim Teilen von Essen, bei der gegenseitigen Fellpflege, beim Spielen oder auch beim koordinierten Handeln wie der Jagd.
Differenziertes universelles Regelsystem
Das Turntaking kann grundsätzlich als differenziertes Regelsystem dazu verstanden werden, wie eine Konversation abläuft und sie scheint damit auch die Grundlage von sprachlichem Dialog zu sein. Die Kernelemente, so Samuel Cosper, sind dabei folgende:- Flexibilität (z.B. bei Länge und Reihenfolge)
- Wer ist als nächstes dran?
- Wann sollte eine Antwort kommen?
- Was ist der nächste Turn?
Was müssen Kinder lernen und wie können wir sie dabei unterstützen?
Wie Samuel Cosper aufzeigte, müssen Kinder beim Turntaking komplexe Abläufe lernen: Sie müssen so insbesondere Verständnis für die Erwartung des Wechsels entwickeln und sie müssen die (richtige) sprachliche, gestische oder handelnde Antwort geben. Dieses Lernen fange schon in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt an und die Regeln der Konversation festigen und verfeinern sich dann bis zum Alter von sechs Jahren.Das Turntaking und die daraus resultierende Kommunikation der Kinder kann, so Samuel Cosper, insbesondere durch das „Scaffolding“ unterstützt werden. Kinder werden dabei sozusagen durch ein Gerüst der Erwachsenen in die nächste Stufe geleitet. Wichtig sei dabei ein kindergerichtete Sprache mit entsprechender Stimmlage, Tonhöhe, Rhythmus und Sprechtempo oder das (korrigierende) Wiederholen. Das (neu) zu lernende Schlüsselwort solle dabei am Ende stehen. Wie in der sprachlichen Kommunikation können die Kinder auch bei der handelnden Interaktion durch (wiederholendes) Vorzeigen unterstützt werden.
Nur Spekulationen ließen die Forschungsergebnisse aus dem Projekt darüber zu, inwieweit das Turntaking möglicherweise auch die Grundlage für Kooperation und Hilfsbereitschaft sein kann. Doch wenn man sich vergegenwärtig, dass mit dem Turntaking auch die Perspektivübernahme und das Einfühlen in das Gegenüber eingeübt werden, liegt die Vermutung nicht ganz fern. Hier offenbarte sich ein weiteres spannendes Forschungsfeld für die vergleichende Kognitionspsychologie.
Download Powerpoint
Karsten Herrmann