„Partizipation ist entscheidend für das Kindeswohl und eine förderliche Entwicklung des Kindes“ unterstrich die Psychologin und Psychotherapeutin gleich zu Beginn. Sie müsse aber zugleich von allen Seiten – also Kindern und Erwachsenen - gelernt und gelebt werden. Als grundsätzliche Anforderungen für Beteiligungsprozesse in der KiTa führte sie unter anderem an:
- Transparenz
- Freiwilligkeit
- Respekt
- Bedeutsamkeit
- Inklusion
Neben der Erfüllung psychischer Grundbedürfnisse, so Ilona Lubitz, spiele die Partizipation eine wichtige Rolle beim Erlernen von Demokratie, der Unterstützung von Bildungsprozessen und der Erhöhung der Resilienz.
Deutlich wurde aber auch, dass Partizipation bei näherer Betrachtung immer eine Herausforderung und eine Abwägung zwischen dem Kindeswillen auf der einen Seite und dem Kindeswohl bzw. der Kindeswohlgefährdung auf der anderen Seite ist.
Wie Ilona Lubitz ausführte, benötigen Kinder für ihr Wohl neben Schutz und Nahrung insbesondere eine Vertrauens- oder Bindungsperson, Anerkennung, Förderung und Freunde. Gefährdet werde das Kindeswohl andererseits offensichtlich durch physische und psychische Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung oder Häuslich Gewalt. Ebenso könne es aber durch die Nichterfüllung psychischer Grundbedürfnisse wie Bindung, Orientierung und Kontrolle, Selbstwert-Bestätigung bzw. -Erhöhung oder Lustgewinn gefährdet werden. Und diese Grundbedürfnisse, so die Referentin, stehen jeweils in mehr oder weniger enger (Wechsel-) Beziehung zur Partizipation.
Entscheidend für die Partizipation der Kinder, so die Referentin, ist aber letztlich die Haltung der Eltern und der Fachkräfte. Diese stünden an den antagonistischen Erziehungspolen „Freiheit“ und „Grenzen setzen“ häufig an ganz unterschiedlichen Stellen und daher sei hier eine gemeinsame Reflexion und Verständigung notwendig.
Aus entwicklungspsychologischer Sicht führte Ilona Lubitz aber auch aus, dass die Möglichkeit und auch Sinnhaftigkeit von Partizipation auch von der genetischen Disposition der Kinder abhänge. So gebe es von Geburt an unterschiedliche Temperamente der Kinder und diese ließen sich grob in drei bzw. Kategorien einteilen:
- Einfaches, pflegeleichtes Kind
- Schwieriges Kind
- Langsam aktiv werdendes Kind
- Kinder, die zwischen diesen ersten drei Kategorien anzusiedeln sind
In Bezug auf die Temperamente komme es auf das „Modell der guten Passung“ an, da unterschiedliche Erziehungskonzepte wie zum Beispiel restriktives Kontrollverhalten oder eine ausgeprägte Beteiligung jeweils unterschiedliche Effekte hätten. Ein schwieriges Kind brauche zum Beispiel tendenziell mehr Orientierung und mehr Regeln und müsse erst langsam an die Partizipation herangeführt werden.
„Partizipation“, so fasste Ilona Lubitz zusammen, „benötigt Zeit und alle Beteiligten müssen sich erst daran gewöhnen“. Fachkräfte müssten sich gut überlegen, wo und wie sie im KiTa-Alltag echte Partizipation ermöglichen sollten ohne in endlose Aushandlungsprozesse zu geraten.
Als Grundkompetenz der pädagogischen Fachkräfte für eine Kultur der Partizipation benannte sie drei Basics:
- Bedürfnisse und Anliegen der Kinder ernst nehmen
- Eine fragende, offene Haltung einnehmen
- Die Bereitschaft, sich auf ergebnisoffene Prozesse einzulassen
In diesem Sinne wurde deutlich, dass Fachkräfte in der KiTa mit der Partizipation der Kinder auch immer ein Stück Macht und Kontrolle abgeben und sich auf einen Weg begeben müssen, dessen Verlauf und Ziel nicht von vornherein feststeht.
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Zur Dokumentation der Vortragsreihe
Karsten Herrmann