730400326 20133012143826 0x0 NotSet 0 0Am Neujahrstag ist der langjährige Geschätsführer des KTK Bundesverbandes, Frank Jansen, völlig überraschend verstorben. In der Dezember-Ausgabe der Kita Aktuell hat er noch einmal auf den Punkt gebracht, was am  "Gute Kita Gesetz" schlecht ist und worauf es jetzt ankommt, um endlich zu besseren, bundesweit einheitlichen Rahmenbedingungen zu kommen.

Das Spiel beginnt von vorne

Ins Leben pädagogischer Fachkräfte eingetaucht sind sie nicht, die Mitglieder der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Ansonsten würden sie die Arbeitsvoraussetzungen in Kindertageseinrichtungen kennen und hätten vor 3 Jahren ein wirklich »Gutes-KiTa-Gesetz« verabschiedet. Genau das aber ist am 14. Dezember 2018 nicht passiert. Und deswegen war dieser Tag kein guter Tag für all diejenigen unter uns, die dringend eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen anstreben.

Gegen 10 Uhr verabschiedete der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD das von der ehemaligen Familienministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) vorgelegte Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung – bekannt als das »Gute-KiTa-Gesetz«.
Kurze Zeit später stimmte der Bundesrat zu. Am 1. Januar 2019 ist das Gesetz in Kraft getreten. Das Regelwerk stieß nicht nur bei der Opposition auf massive Kritik. Auch der Verband Katholischer Kindertageseinrichtungen (KTK) – Bundesverband und der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) deutlich gemacht, warum das »Gute-KiTa-Gesetz« kein wirklich gutes Kita-Gesetz ist. Und wer sich an die Öffentliche Anhörung am 5. November 2018 im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erinnert, der kann nachvollziehen, warum der 14. Dezember 2018 kein guter Tag war. Neun von zehn Sachverständigen, darunter auch der Autor dieses Standpunkts, sprachen sich gegen die Verabschiedung des Gesetzes aus. Genützt hat das alles aber nicht.

Das, was wir befürchtet haben, ist eingetreten

Im Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung ist geregelt, dass bis 2022 für die Bundesländer insgesamt 5,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln zur Verfügung stehen. Diese Befristung wurde von vielen Seiten mit dem Hinweis kritisiert, dass eine dauerhafte Beteiligung des Bundes dringend erforderlich sei. Allen Beteuerungen zum Trotz ist bislang immer noch unklar, inwieweit der Bund an seinem finanziellen Engagement über 2022 hinaus festhalten will. Im aktuellen Finanzplan des Bundes, dem eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde liegt, sind hierfür keine Mittel eingestellt.
Im Gesetz ist geregelt, dass auch Maßnahmen für einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel und für mehr Leitungsressourcen von vorrangiger Bedeutung sind. Das hört sich erst einmal gut an. Ist es aber nicht. Problematisch bleibt, dass ebenso Maßnahmen zur Entlastung der Eltern bei den Kita-Gebühren als förderfähig anerkannt werden. Das hat dazu geführt, dass über 30 Prozent der Bundesmittel von den Ländern genau hierfür verwendet werden.

Allen voran Mecklenburg-Vorpommern, das Bundesland mit dem schlechtesten Personalschlüssel in Kindergartengruppen. Rein rechnerisch ist hier eine Fachkraft für 13 Kinder zuständig. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg liegt das Verhältnis bei einer Fachkraft und sieben Kindern.

Damit ist eingetreten, was wir befürchtet haben. Es gehen Gelder verloren, die für eine dringend notwendige Verbesserung struktureller Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen erforderlich sind.
Eine Entlastung der Eltern bei den Gebühren ist grundsätzlich wünschenswert. Diese notwendige familienpolitische Maßnahme kann und darf aber nicht der erste Schritt zu mehr Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit für alle Kinder sein. Eine Einschätzung, die selbst Eltern teilen.

Soweit die Kritik am Gesetz – und so geht’s nun weiter
Politische Ordnungsverhältnisse sind immer auch Machtverhältnisse. Und diese setzen sich aus der Gesamtheit der politischen Diskurse, Institutionen und Initiativen zusammen. Zu unserem politischen System gehört es, dass Politik nicht ohne Gegenpolitik auskommt. Mit Blick auf das in Kraft getretene »Gute-KiTa-Gesetz« ist die Konsequenz aus dieser politischen Logik klar: Wir können das Gesetz so nicht akzeptieren und deswegen starten der KTK-Bundesverband, die AWO und die GEW mit ihrer Forderung nach einem Bundesqualitätsgesetz neu durch. Und das aus gutem Grund: Auf was kommt es an, wenn die Qualität in der Kindertagesbetreuung mit dem Ziel weiterentwickelt werden soll, gleichwertige Lebensverhältnisse für das Aufwachsen von Kindern herzustellen und bestehende qualitative Unterschiede zwischen den Ländern abzubauen, so wie es mit dem Gesetz anvisiert wird?

Die Frage ist schnell und eindeutig beantwortet. Es kommt auf die pädagogischen Fachkräfte an und darauf, dass diese angemessene und vor allem bessere strukturelle Rahmenbedingungen in ihren Kindertageseinrichtungen vorfinden.

Um das Recht des Kindes auf eine hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen unabhängig vom Wohnort sicherzustellen und optimale Rahmenbedingungen für die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte zu schaffen, sind strukturelle Standards notwendig, die in einem Bundesqualitätsgesetz verankert sind, und die länderübergreifend umgesetzt werden.

Um auf die neue Regierungsbildung und auf den Koalitionsvertrag Einfluss zu nehmen, haben der KTK-Bundesverband, die AWO und die GEW im September 2021 ihre Position für ein Bundesqualitätsgesetz an über 140 Organisationen und Einzelpersönlichkeiten mit der Bitte um Unterzeichnung versandt. Darin wird die neue Regierung dazu aufgefordert, ein Bundesqualitätsgesetz in Kraft zu setzen, in dem einheitliche Standards verbindlich festgeschrieben sind.

Dazu gehört ein verbesserter Fachkraft-Kind-Schlüssel, der sich an wissenschaftlichen Empfehlungen orientiert. Hierfür ist nach Auffassung des KTK-Bundesverbandes, der AWO und der GEW ein Schlüssel von 1:2 für unter Einjährige, 1:3 für Ein- bis Dreijährige, 1:8 für Dreijährige Kinder bis zum Schuleintritt und 1:10 für Kinder ab 6 Jahren anzusetzen.
In der Position wird zudem gefordert, ausreichend Zeit für die mittelbare pädagogische Arbeit zu berücksichtigen. Die Vielfalt der Anforderungen an die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung setzt eine gründliche Planung und Reflexion der pädagogischen Arbeit, Beobachtung und Dokumentation, eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und vieles mehr voraus. Hierfür sind mindestens 25 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit einzuplanen. Des Weiteren ist es zwingend erforderlich, Leitungskräften für ihre komplexen Anforderungen und Aufgaben ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die Leitungen in unseren Kindertageseinrichtungen managen den pädagogischen, personellen und wirtschaftlichen Betrieb und sie tragen die Verantwortung für die Konzeption, die Personalführung, die Teamentwicklung und vieles mehr. Hierfür sind 20 Stunden je Woche erforderlich, wobei dieser Umfang durch 0,35 Stunden pro Ganztagsplatz auszuweiten ist.

Fazit

Wieviel Bündnispartner den Aufruf des KTK-Bundesverbandes, der AWO und der GEW am Ende unterzeichnet haben, war zum Redaktionsschluss dieser Zeitschrift noch offen. Ganz sicher werden es am Ende jedoch so viele Unterzeichner sein, die im Zuge der neuen Regierungsbildung die eine oder andere Partei daran erinnern, dass sie auf einen Bundesparteitagsbeschluss für ein Bundesqualitätsgesetz zurückgreifen kann.

Frank Jansen

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
Kita Aktuell ND, S. 302-303