Wie kann ich die Interessen meiner KiTa in der Kommune platzieren und beispielsweise für bessere Rahmenbedingungen oder eine Projektförderung eintreten? Was unterscheidet dabei Lobbyarbeit von Public Affairs und PR? Diese Fragen beantwortete Gwendolin Jungblut im Rahmen der kostenlosen nifbe-Vortragsreihe Partizipation und Demokratiebildung in der KiTa. Moderiert wurde der Vortrag von den nifbe-Transfermanagerinnen Annika Gels und Svenja Rastedt.

Zum Auftakt führte Gwendolin Jungblut zunächst die Verantwortlichkeiten für die KiTas von der Bundesebene über die Kommune bis zum KiTa-Träger sowie die verschiedenen Formen der Einflussnahme vor Augen. Die Politikberaterin, Journalistin und Juristin unterschied so das Lobbying“ (als „interessegeleitetes Einwirken“) von den „Public Affairs“ (als „bewusste und aktive Kommunikation mit der politischen Öffentlichkeit“) sowie von der PR (als eher allgemeinere Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit). Als Kern-Öffentlichkeit für KiTas markierte sie „Eltern und Kinder“, „Kooperations- und Netzwerkpartner*innen“ sowie die „Kommunal-Politik“.

Wie tickt die Kommunalpolitik?

Doch wie tickt die Kommunalpolitik und wo gibt es hier Ansatzpunkte und Strategien für das Einwirken auf sie? Als Motivationslage für das Engagement der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen hob Gwendolyn Jungblut auf der einen Seite „Gestaltungswille“, „Interessenvertretung“, „Gemeinwohlorientierung“ und „spezifisches fachliches Interesse“ hervor. Auf der anderen Seite gehe es aber oft auch um „Selbstdarstellung“ und „Machtstreben“. In dieser motivationalen Gemengelage gelte es mit seiner Botschaft den richtigen Ton und den richtigen Zeitpunkt zu treffen.

Grundsätzlich, so die Politikberaterin, sei Kommunalpolitik von vielerlei Faktoren und insbesondere aufwändigen Entscheidungsmechanismen beeinflusst. So sei das Miteinander von Politik und Verwaltung oftmals von gegenseitigen Vorurteilen geprägt und das ehrenamtlich ausgeführte kommunale Politikmandat führe zu nicht immer professionellen (Sitzungs-) Strukturen oder zu erheblichen fachlichen Niveauunterschieden. Persönliches Geltungsbedürfnis und der Profilierungsdruck aufgrund der nächsten Wahlen kollidierten hier immer wieder mit ideellen Ansprüchen.

Vertrauensaufbau als A und O

„Make friends before you need them“ – mit diesem Satz unterstrich Gwendolin Jungblut, dass Lobbyarbeit und Public Affairs zu „70 Prozent aus Vertrauensaufbau“ und erst dann zu 20 Prozent aus der Darstellung der grundlegenden eigenen Ziele und schließlich nur noch zu 10 Prozent aus dem konkreten Anliegen selber bestünden.

Wichtig sei es für eine KiTa, in einem ersten Schritt Leitlinien für die Interessenvertretung zu erstellen und sich folgende Fragen zu beantworten:
  • Was wollen wir erreichen?
  • Welchen Nutzen stiften wir in der Kommune?
  • Welche Themen sind wichtig?
  • Was sind konkrete Hindernisse?
  • Welche Vorschläge ergeben sich daraus?

In einem zweiten Schritt folge dann die Operationalisierung: Bild

Operationalisierung

Kernbotschaft und Alleinstellungsmerkmal definieren

Immer wieder betonte die Politikberaterin, wie wichtig die Definition der Kernbotschaft und die konkrete Formulierung der Forderungen sei. Zu empfehlen sei es, dieses in einem Positionspapier zusammenzufassen und es der Politik möglichst leicht zu machen, daraus Bausteine für einen Antrag oder eine Anfrage zu entnehmen. Um Politiker*innen vor Ort anzusprechen führte Gwendolin Jungblut verschiedene Formate an:
  • Fraktionsgespräche
  • Einzelgespräche
  • Begrüßung neuer Rats- oder Kreistags-Mitglieder per Brief
  • Teilnahme an Ausschusssitzungen

Neben Vorabinformationen über die Interessen und Schwerpunkte von Fraktionen oder einzelnen Politiker*innen komme es im Gespräch insbesondere darauf an, das Ziel für sich klar zu haben und sich darauf zu fokussieren. Neben der fachlichen Darstellung des Anliegens und der eigenen Alleinstellungsmerkmale böten sich dafür auch konkrete positive Beispiele und das „Storytelling“ an.

Hilfreich für die Gesprächsführung sei die „BIWAK“-Formel (s. Hand-Out) oder der „Elevator-Pitch“: Stellen Sie sich vor, Sie begegnen in einem Fahrstuhl einem Kommunalpolitiker und haben 30 Sekunden Zeit, ihre Anliegen auf den Punkt zu bringen.

Neben den direkten Gesprächen mit Politiker*innen führte die Referentin noch eine Vielzahl weiterer Medien und Mittel, um in der Kommune auf die eigenen Anliegen aufmerksam zu machen und so mittelbar auch die Kommunalpolitik zu erreichen: Das informieren über Tageszeitung, Wochenblätter, Lokalfunk oder Online-Medien, der direkte Dialog mit den verschiedenen "Stakeholdern" im Umfeld der KiTa oder auch kreative öffentlichkeitswirksame Aktionen.

Selbstbewusst dran bleiben

Abschließend unterstrich Gwendolin Jungblut, dass für die Lobbyarbeit und die Public Affairs in Konkurrenz mit den vielen anderen Interessengruppen vor Ort auch eine gewisse Durchsetzungskraft und Hartnäckigkeit notwendig sei. KiTas hätten im Kontext von frühkindlicher Entwicklung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf aber ein unschlagbares Alleinstellungsmerkmal auf diesem Spielfeld: „Sie müssen sich alle nicht verstecken, denn Sie kümmern sich um das Wichtigste überhaupt: Die Zukunft unserer Kinder“.

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Karsten Herrmann