Zunächst zeigte Johanna Pangritz auf, dass das klassische Familienmodell aus der 1950er und 1960er Jahren noch immer wirkmächtig ist. Hier nahm der Mann die Rolle als Ernährer ein und die Frau war für den Haushalt und die Erziehung der Kinder zuständig. Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung war dabei, so Pangritz, an den Dualismen von „produktiv und reproduktiv“, „öffentlich und privat“ sowie „entlohnt und nicht entlohnt“ ausgerichtet. Passend zu diesem Bild und aus heutiger Sicht schon fast unvorstellbar, ist, dass der Mann bis 1977 einer Berufstätigkeit seiner Frau zustimmen musste.
Über "Weiblichkeitsfiguren" und Professionsbilder
Wie die Referentin weiter ausführte, hatte und hat der klassische Frauenberuf immer eine Nähe zu Care-Arbeit wie Pflege und Erziehung, wird schlecht bezahlt und leidet unter einer geringen gesellschaftlichen Anerkennung. Er stehe im Ruf einer „Semiprofessionalität“ und weise in der Regel wenig Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten auf.Passend dazu seien die „Weiblichkeitsfiguren“ im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Diese hätten ihren Ursprung in dem eigentlich einmal emanzipatorisch ausgerichteten und von Henriette Schrader-Breymann und Alice Salomon geprägten Professionsleitbild der „Geistigen Mütterlichkeit“. Nähe bestehe hier auch noch zum Bild der „Schwester“ im diakonischen Sinne, die sich durch Nächstenliebe und Aufopferung auszeichne.
Einen kritischen Blick warf Johanna Pangritz auf die vom Bund geförderte Initiative „Mehr Männer in Kitas“, die einerseits männliche Rollenvorbilder in der KiTa fördern und zugleich dem Fachkräftemangel begegnen wollte. Hier sah sie unter anderem die Gefahr, dass weibliche Fachkräfte in ihrer Professionalität abgewertet und Rollenklischees gefördert würden.
(Bastel-) "Tanten"- und "Kümmerer"-Syndrom
Die soziale Anerkennung der pädagogischen Arbeit stand im Fokus des zweiten Vortrags-Teils von Prof. Dr. Julia Schütz. Aus ihren Studien geht hervor, dass die Zufriedenheit mit der gesellschaftlichen Anerkennung im Elementarbereich mit gut 10% am niedrigsten und im Hochschulbereich mit rund 70% am höchsten ist.Das elementarpädagogische Feld leide unter einem (Bastel-) „Tanten“- und „Kümmerer“-Syndrom, das sowohl aus Selbst- wie aus Fremdzuschreibungen resultiere. Es sei eng mit der Beziehungs- und Erziehungsarbeit verbunden und entsprechend weniger mit der höher angesehenen Bildungsarbeit. „Sprache konstruiert Wirklichkeit“ unterstrich Julia Schütz an dieser Stelle.
Als zentrale empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.e Einflussgrößen für die gesellschaftliche Anerkennung stellte die Referentin folgende dar:
- Lebensalter der Klientel (je jünger, desto geringer die Anerkennung)
- Nähe zu lebenspraktischen Aufgaben (je größer die Nähe, desto geringer die Anerkennung)
- Geschlecht (je mehr Frauen, desto geringer die Anerkennung)
- Nicht-Sichtbarkeit der Leistung (Effekte frühkindlicher Bildung zeigen sich erst später)
Gemeinsam der Abwertung entgegenstehen
Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen diskutierten die Referentinnen dann die Frage, wie die gesellschaftliche Anerkennung der pädagogischen Fachkräfte in KiTas entgegen diesem Trend gestärkt werden könne und was die Fachkräfte dazu selber beitragen müssten. Im Kern stand das Ergebnis, dass sich die Fachkräfte im Bildungsbereich - wie zum Beispiel auch im Medizinbereich -miteinander solidarisieren müssten. „Gemeinsam können wir viel erreichen“ unterstrich Julia Schütz und rief damit auch zur berufsständischen und / oder gewerkschaftlichen Organisation auf.Karsten Herrmann