Nach einem kurzen kritischen Blick auf die Resilienz als Modebegriff, der in verschiedensten Disziplinen verwendet und oftmals auch als „Allheilmittel“ verkürzt oder verzerrt dargestellt wird, umriss Maike Rönnau-Böse die Grundzüge der Resilienz. Sie definiere sich als „Seelische Stabilität und psychische Widerstandskraft“, die den erfolgreichen Umgang mit Belastungen und schwierigen Lebenssituationen beinhalte. Resilienz resultiere dabei sowohl aus personalen wie sozial vermittelten Ressourcen und entwickle sich immer in enger Wechselwirkung von Kind und Umwelt.
Als Paradebeispiel für ein resilientes Kind führte die Gesundheits- und Resilienz-Expertin Pipi Langstrumpf an, die selbstbewusst, selbstwirksam und kompetent eine an sich schwierige Lebenslage bewältige – wenn auch nicht immer zur Freude der Erwachsenen.
Maike Rönnau-Böse unterstrich mehrfach, dass Resilienz nicht angeboren und „keine Charaktereigenschaft“ sei, sondern ein multidimensionaler und kontextabhängiger Entwicklungsprozess. Resilienz setze sich immer aus verschiedenen Einzelkompetenzen zusammen und folgende sechs seien dabei entscheidend:
- Angemessene Selbst- und Fremdwahrnehmung
- Selbststeuerung
- Selbstwirksamkeit
- Soziale Kompetenz
- Aktive Bewältigungskompetenz
- Problemlösefähigkeit
Beziehung als Schlüsselfaktor
Auf der Grundlage von zahlreichen internationalen Längsschnittstudien stellte die Referentin verschiedene personale und soziale Schutzfaktoren vor, die zur Resilienz beitragen. Als wichtigsten Schutzfaktor hob sie eine „stabile, unterstützende und zugewandte emotionale Beziehung“ heraus. Hier biete sich Fachkräften in der KiTa „großes Potenzial“, um auch fehlende positive Beziehungen im Elternhaus zu kompensieren. Fachkräfte könnten hier die Rolle von „Schlüsselpersonen“ und als „Türöffner für neue Perspektiven“ einnehmen.Das Verhältnis von Resilienz und Partizipation beschrieb Maike Rönnau-Böse als eine „starke Wechselwirkung“. Die Partizipation und Mitbestimmung hänge eng mit dem Gefühl von Selbstwirksamkeit zusammen und sei damit eine „Voraussetzung für die Resilienzförderung“. Die Mitbestimmung rege aber insgesamt auch komplexe Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern an. Sie fördere neben der Selbstwirksamkeit so auch die Autonomie, den realistischen Weltbezug und prosoziale Beziehungen. Kurzum: „Partizipation macht stark“ schlussfolgerte sie.
"Stärkenorientierte Haltung"
Als Voraussetzungen für die Partizipation führte Maike Rönnau-Böse die „Begleitung durch feinfühlige Erwachsenen“ und eine „dialogische Interaktion“ an. Erwachsenen müssten dabei Macht abgeben und den Kindern „Zutrauen und Vertrauen“ schenken. Wichtig sei in der KiTa mit ihren ganz unterschiedlichen Kindern auch realistische Umsetzungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für alle zu schaffen. Es gelte, im Dialog den Eigensinn der Kinder zu ergründen und Möglichkeiten zum entsprechenden Ausdruck zu schaffen. Sie plädierte für ein „stärkenorientierte Haltung“, die aber auch immer die – mitunter schmerzhaften – Bewältigungsprozesse z.B. bei Transitionen im Blick behalte. Als sinnvolle stärkenorientierte Instrumente für den KiTa-Alltag führte sie u.a. folgende an:- Stärkenbuch, Portfolios, Bildungs- und Lerngeschichten
- Gefühlsuhr
- Übertragung von Aufgaben
- KiTaführungen
Einbindung in das Gesamtkonzept
Maike Rönnau-Böse stellte heraus, dass es bei Partizipation und Resilienzförderung nicht um einzelne Projekte in der KiTa und auch nicht um zusätzliche Aufgaben gehe. Vielmehr müssten sie in die Organisationsentwicklung und das pädagogische Gesamtkonzept der KiTa eingebunden werden. Wichtig sei es, den Alltag unter der „Resilienz- und Partizipations-Brille“ zu betrachten und vorhandene Möglichkeiten konsequent zu nutzen. Zum Abschluss zitierte sie Uri Bronfenbrenner, der plastisch auf den Punkt brachte, was Kinder im Kern brauchen, um stark und resilient zu werden: „Every child needs somebody who is completely crazy about him!“ (Bronfenbrenner, 1979)Download Präsentation
Karsten Herrmann