Seiten aus prezi 2Wie sehen eigentlich die Kinder Corona und wie gehen sie in der KiTa damit um? Diese Frage beleuchtete Ruben Wendrock mit den Ergebnissen einer kurzfristigen wissenschaftlichen Studie in der kostenlosen digitalen nifbe-Vortragsreihe „KiTa in Corona-Zeiten“.

Der stellvertretende Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Frühe Bildung der Hochschule Magdeburg-Stendal betonte einleitend, dass mit der im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt durchgeführten Studie „die Stimme der Kinder hörbar gemacht“ und entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention auch die Sicht bzw. der Wille der Kinder berücksichtigt werden könne. Beteiligt an der Studie waren 10 KiTas in Sachsen-Anhalt, von denen 28 Kinder im Alter von 3-7 Jahren mit qualitativen Interviews befragt wurden. Befragt wurden sowohl Kinder, die in der Notbetreuung waren, als auch Kinder, die während des Lockdowns in den Familien betreut wurden. Die Fragen und Antworten bezogen sich auf verschiedene Hauptkategorien vom „Verständnis von Corona“ über „Veränderungen des pädagogischen Alltags“ bis zu „Zukunftswünschen“ der Kinder.

Zum „Verständnis von Corona“ konnte Ruben Wendrock berichten, dass Kinder „konkrete Vorstellungen über Corona“ und über die Gefahr des Ansteckens und die Gefahr des Virus hätten. Es sei eine „Krankheit, wegen der man zuhause bleiben muss“ und an der „viele sterben“, ein „unsichtbares Wesen“ und „böse“.

Die Notbetreuung in der KiTa empfanden die Kinder einerseits als positiv, weil es ruhiger war und es mehr Zeit zum Spielen gab. Andererseits wurden die fehlenden Freund*innen, die räumlichen Beschränkungen und eine reduzierte Anzahl an Spielzeug negativ bewertet. Knapp zwei Drittel der befragten Kinder wurden während des Lockdowns zuhause betreut und sahen dies im Nachhinein vor allen Dingen auch positiv: Weil es viel gemeinsame Zeit mit der Familie gab, weil sie viel draußen waren, viel gebastelt haben und auch häufiger als sonst Medien nutzen durften. Vermisst wurden aber auch hier die Freund*innen aus der KiTa und die KiTa selbst als Lebens-, Lern- und Bildungsort.

 

Zwischen Befremdung und Selbständigkeit

Wie Ruben Wendrock weiter ausführte, haben die Kinder den veränderten KiTa-Alltag durch Corona genau registriert. So empfanden sie die Bring- und Abholsituation vor der KiTa einerseits als befremdlich, schätzten aber andererseits auch ihre dadurch größere Selbständigkeit und eine ruhigere Garderobensituation. Negativ wurden auch die eingeschränkten Spielmöglichkeiten und das Abstandhalten sowie die reduzierte Partizipation in der Essenssituation bewertet: Hier durften sie sich nicht mehr selber auftun und wählen, was und wie viel sie essen wollten. Gut fanden die Kinder aber, dass es in der Corona-Zeit häufiger ein „Picknick draußen“ gegeben habe.

Auch wenn die Kinder in der KiTa oder in der Öffentlichkeit in der Regel keinen Mund-Nasen-Schutz tragen mussten, wurde dieser als sehr unangenehm bewertet: Es sei zu heiß darunter, man könne schlecht atmen, man sehe keine Emotionen des Gegenübers und könne ihn schlecht verstehen. „Akzeptiert und verstanden“, so Ruben Wendrock, wurde aber das häufige Händewaschen in der KiTa – im Gegensatz zum Hände desinfizieren, das von einigen Kindern als unangenehm empfunden wurde - z.B. weil es bei Wunden brannte. Als nicht weiter schlimm wurde das seltenere Zähneputzen in der KiTa gesehen und geschätzt wurde von den Kindern, dass es im Bad und auf der Toilette kein Gedrängel mehr gab.

Für die Zukunft wünschten sich die Kinder laut den Studienergebnissen vor allen Dingen, dass Corona „weggeht“ und „nie mehr wiederkommt“ und dass das normale Leben wieder Einzug hält. Ganz abgeklärt-philosophisch reagierte ein Kind auf die Frage nach seinen Zukunftswünschen mit der herrlichen Aussage „Die Zukunft darf machen, was sie möchte“.
 

Patizipations- und Teilhabemöglichkeiten im Blick behalten

Zwar sind, wie Ruben Wendrock resümierte, nicht alle Auswirkungen von Corona von den Kindern als negativ eingestuft worden, aber insbesondere wurden die gewohnten Spielgefährt*innen und auch die gewohnte Partizipation und Teilhabe im KiTa-Alltag schmerzlich vermisst. Hier hatten die Kinder auch eine ganze Reihe von Lösungsstrategien für die Zukunft:
 
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Die mit der Studie erhobenen Erfahrungen und insbesondere auch Lösungsstrategien der Kinder sollen, so Ruben Wendrock, jetzt einen Beitrag zur Entwicklung von (pädagogischen) Konzepten auch für zukünftige Pandemie-Situationen leisten.
 
 
In der von den nifbe-Transfermanager*innen Jörg Hartwig und Gisela Röhling moderierten Diskussion nach dem Vortrag wurde von den Teilnehmer*innen sehr gewertschätzt, dass die Studie des Kompetenzzentrums Frühe Bildung die Perspektive der Kinder in die Debatte um eine Pädagogik unter Pandemie-Bedingungen gebracht habe. Wichtige Diskussionspunkte waren vor allen Dingen, wie hier die Kinderrechte und das Recht auf Partizipation trotz der Einschränkungen durch Abstands- und Hygieneregeln berücksichtigt werden könnten. „Wichtig“, so eine Fachkraft, sei, „dass in der Arbeit mit den Kindern, die sich nicht in dieser Form mitteilen können, die Partizipation besonders beachtet, besprochen und praktiziert wird. Die Signale der Kinder sollen wahrgenommen und wertgeschätzt werden, und die Kinder sollen fühlen, dass es um sie geht, um ihre persönlichen Belange.“
 
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Karsten Herrmann