Blitzlichter aus dem Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme


Seit der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Geburtstag hat sich die FBBE-Teilhabequote der unter 3-Jährigen in NI von 24 % im Jahr 2013 auf 32 % im Jahr 2019 erhöht (höchste Quote in ST mit 58 %; niedrigste Quote in NW und HB mit 28 %). Trotz des Ausbaus besteht in NI eine Kluft zwischen dem elterlichen Bedarf und der Bildungsbeteiligung. So wünschen sich 2019 gut 47 % der Eltern von unter 3-Jährigen in NI laut der „DJI-Kinderbetreuungsstudie“ einen Platz in einer KiTa oder KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung. . Mit einer Differenz von rund 15 Prozentpunkten zwischen der aktuellen Betreuungsquote und dem Bedarf liegt die Kluft in NI im Bundesvergleich im Mittelfeld (größte Differenz mit rund 20 %-Punkten in NW, SL und HB).
 
Für faire Bildungschancen ist eine ausreichende Zahl an Plätzen nicht genug: Die Angebote müssen auch „gut“ und kindgerecht sein. Wichtige – auch wissenschaftlich untersuchte – Gradmesser für die strukturelle Qualität in den KiTas sind der Personalschlüssel, die Gruppengrößen, das Qualifikationsniveau des pädagogischen Personals und ausreichend Leitungszeit. Der Personalschlüssel lässt sich mit den Daten der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statistik) für verschiedene Gruppentypen berechnen. So werden 2019 in NI 32 % der unter 3-Jährigen in Krippengruppen betreut. Mit einem rechnerischen Personalschlüssel von 1 zu 3,7 wird hier nicht die Empfehlung der Bertelsmann Stiftung (1 zu 3,0) erreicht. Weitere 55 % dieser Altersgruppe besuchen auch für 3-Jährige geöffnete Krippengruppen. Der Personalschlüssel liegt hier bei 1 zu 4,0 - etwas ungünstiger als in reinen Krippengruppen. In altersübergreifenden Gruppen werden weitere 6 % der unter 3-Jährigen zusammen mit ebenfalls 6 % der über 3-Jährigen bei einem Personalschlüssel von 1 zu 6,0 betreut. Das ist deutlich ungünstiger als der wissenschaftlich empfohlene Wert von 1 zu 3,75.

 

Für 64% der Gruppen stehen nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung

Der überwiegende Anteil der ab 3-Jährigen (75 %) besucht Kindergartengruppen mit einem Personalschlüssel von 1 zu 8,0 (Empfehlung der Bertelsmann Stiftung: 1 zu 7,5). Mit den Auswertungen zeigt sich, dass im Jahr 2019 in NI für 64 % der Kinder in amtlich erfassten KiTa-Gruppen nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung steht. Dieser Anteil liegt unter dem bundesweiten Wert von 74 %. Die nicht kindgerechte Personalausstattung betrifft etwas häufiger die unter 3-Jährigen (70 %) als die ab 3-Jährigen (63 %).
In den verschiedenen Gruppentypen zeigen sich auch regionale Unterschiede: So liegt im Lkr. Diepholz der Personalschlüssel in Kindergartengruppen bei 1 zu 6,5, in der KfSt. Wilhelmshaven bei 1 zu 9,3. In Krippengruppen zeigt sich ein geringeres Gefälle (Lkr. Osterholz 1 zu 3,1 bis Lkr. Helmstedt 1 zu 4,3). Diese regionalen Unterschiede sind seit 2016 im Krippenbereich geringer und im Kindergartenbereich größer geworden. Im Vergleich zu der regionalen Situation in den anderen Bundesländern befindet sich das Gefälle auf einem mittleren Niveau. Bei den anderen Gruppentypen unterscheiden sich die Personalschlüssel innerhalb von NI ebenfalls voneinander.

Betrachtet man die Entwicklung der Personalschlüssel wird deutlich, dass sich in NI von 2013 bis 2019 die personelle Ausstattung in Krippengruppen von 1 zu 4,2 auf 1 zu 3,7 verbessert hat. Auch in Kindergartengruppen kam es zu einem Ausbau (von 1 zu 8,7 auf 1 zu 8,0). Trotz dieser Entwicklungen muss eine Fachkraft in NI rein rechnerisch 1,1 Kindergartenkinder mehr betreuen als in BW, dem Bundesland mit der günstigsten Personalausstattung.

Nicht kindgerechte Gruppengrößen liegen bei bis zu 88%

Die Gruppengröße ist ein weiterer wichtiger Gradmesser für die Qualität in KiTas. Nach wissenschaftlichen Empfehlungen sollten Gruppen für jüngere Kinder nicht mehr als zwölf Kinder umfassen, für die Älteren nicht mehr als 18.4 In NI trifft dies auf 78 % der amtlich erfassten KiTa- Gruppen nicht zu. Dies ist bundesweit der höchste Anteil (bundesweit: 54 %). Mit 86 % ist insbesondere ein großer Anteil der Kindergartengruppen, die auch für 2-Jährige geöffnet sind, zu groß. Demgegenüber entsprechen mit 60 % weniger Krippengruppen nicht den Empfehlungen. Insgesamt zeigt sich, dass in NI die unter 3-Jährigen etwas seltener von nicht kindgerechten Gruppengrößen betroffen sind (77 %) als die ab 3-Jährigen (88 %).

Wesentliche Voraussetzung für eine „gute“ KiTa-Qualität ist nicht nur zahlenmäßig ausreichendes, sondern auch qualifiziertes Personal. In NI verfügen 71 % der 54.727 pädagogisch Tätigen in KiTas über einen fachlich einschlägigen Fachschulabschluss, etwa zur/zum Erzieher*in; das entspricht annähernd dem bundesweiten Durchschnitt (69 %), liegt aber unter dem Niveau in den ostdeutschen Bundesländern (82 %). Den formal niedrigeren Berufsfachschulabschluss bspw. zur/zum Sozialassistentin*en besitzen in NI 19 % der pädagogisch Tätigen (in Ostdeutschland lediglich 2 %). Weitere 4 % haben einen fachlich einschlägigen Hochschulabschluss. Der Anteil des Personals ohne Abschluss (3 %) oder mit einer sonstigen – nicht fachlich einschlägigen – Ausbildung (3 %) liegt in NI etwas über bzw. unter dem bundesweiten Durchschnitt (2 % bzw. 4 %).

16% der KiTas haben keine Ressourcen für Leitung

Auch die Ausstattung der KiTas mit ausreichenden Leitungsressourcen nimmt eine Schlüsselfunktion für die KiTa-Qualität ein. Nach den Angaben in der KJH-Statistik verfügen 16 % der KiTas in NI über keine Zeit für Leitungsaufgaben. Insbesondere die kleineren KiTas (weniger als 45 betreute Kinder) geben an, keine entsprechenden Zeitressourcen zu besitzen (29 %). Über die von der Bertelsmann Stiftung empfohlene Zeit für Leitungs- und Verwaltungsaufgaben verfügen 2019 lediglich 16 % der KiTas in NI (ohne Horte) (bundesweit: 17 %).
 

Die kompletten Auswertungen und Empfehlungen für Niedersachsen finden Sie im hier im Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme


Quelle: Bertelsmann-Stiftung