Nicht nur Gummistiefel und schmutzige Buddelhosen, sondern auch die vielen individuellen Entfaltungs- und Fördermöglichkeiten der Kinder in deutschen Kitas sorgten beim Osnabrück-Besuch einer hochrangigen Delegation des Instituts für Elementarpädagogik an der Pädagogischen Universität in Zheijang für Erstaunen.
Zwei Tage lang war deren Vizepräsident Wang Hui mit fünf KollegInnen zu Gast beim Niedersächsischen Institut für Bildung und Entwicklung und seiner Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer. Auf dem Programm standen neben einem Besuch der nifbe-Koordinierungsstelle und Empfängen in Rathaus und Universität Osnabrück insbesondere auch Einblicke in die deutsche Krippen- und KiTa-Praxis.

Erste Praxis-Station war der Katholische Kindergarten St. Antonius in Osnabrück-Haste mit insgesamt sechs Gruppen, davon eine Krippen- und eine Integrationsgruppe. Hier wurden sie vom Team und den Kindern im Morgenkreis mit Liedern herzlich begrüßt und konnten beim gemeinsamen Fingerspiel schnell feststellen, dass dieses alle Sprachbarrieren überbrückt.


Wie Leiterin Monika Bellgardt erläuterte, ist das pädagogische Grundziel der KiTa „die Kinder im Leben zu begleiten und ihre Persönlichkeit zu stärken“. In einem klar strukturierten und Sicherheit spendenden Tagesablauf könnten die Kinder dabei aus einer Vielzahl von Angeboten aktiv auswählen.
 

"Viele Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede"

Nach einem Rundgang durch die KiTa St. Antonius stellten die chinesischen Gäste „viele Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede“ zu der KiTa-Praxis in ihrer Heimat fest. Während ähnliche pädagogische Grundziele verfolgt würden, seien die Methoden und Rahmenbedingungen doch anders. Besonders erstaunt zeigten sie sich so von den großen Freiräumen für die Kinder und von dem weitläufigen Außenbereich mit vielen Spiel- und Abenteuermöglichkeiten. Dies sei in China aufgrund des Verletzungsrisikos ebenso wenig vorstellbar wie bei Wind und Wetter mit Gummistiefeln und Buddelhosen draußen im Matsch herum tobende Kinder.


Große Unterschiede gibt es auch in der Ausbildung zur Erzieherin: In China absolvieren die zukünftigen ErzieherInnen nach einem harten Bewerbungs- und Auswahlverfahren ein vierjähriges Hochschulstudium, in dem Theorie und Praxis eng verbunden sind. Trotz im Verhältnis zu Deutschland deutlich höherer Gebühren versuchen fast alle chinesischen Eltern ihren Kindern den Besuch eines Kindergartens, in dem die Kinder nach Jahrgängen unterteilt sind, zu ermöglichen. Diese gelten schon lange als Bildungseinrichtungen und in China steht dabei vor allen Dingen die kognitive Entwicklung und infolge der “1-Kind-Familien“ auch das soziale Verhalten der Kinder im Fokus. Angesicht wesentlich größerer Gruppen und weniger ErzieherInnen ist im chinesischen Alltag eine individuelle Betreuung oder das Spielen und Lernen zu zweit oder zu dritt eher die Ausnahme. Die Regel sind dagegen angeleitete Bildungs-Prozesse in größeren Gruppen-Kontexten.


Beim Besuch der Geschäfts- und Koordinierungsstelle des nifbe zeigte sich die Delegation um Vizepräsident Wang Hui beeindruckt von der innovativen Konzeption des nifbe, in dem Forschung, Ausbildung, Weiterbildung und Praxis auf systematische Weise verbunden wird. Auf besonderes Interesse stieß auch das von Prof. Dr. Renate Zimmer vorgestellte Konzept der Sprachförderung durch Bewegung, das gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund besondere Erfolge zeitigt. Hierzu wird im Moment ein Modellprojekt mit 50 Kindergärten aus der Region durchgeführt. Im September wird Prof. Dr. Renate Zimmer diesen neuen Ansatz der Sprachförderung auch auf verschiedenen Vorträgen und einer großen Tagung in China vorstellen.
 

Chinesische Delegation mit Prof. Dr. renate Zimmer und der Kita-Leiterin vor Nestschaukel mit Kindern

Besuch in der KiTa St. Antonius. Li. Vizepräsident Wang Hui, in der Mitte KiTa-Leiterin Monika Bellgardt und re. daneben Prof. Dr. Renate Zimmer

Empfang der Chinesischen Delegation durch die Vizepräsidentin der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Martina Blasberg-Kuhnke (Mitte, 2. Reihe)