„Huch, das habe ich nicht erwartet“ -


Babys versuchen, die Welt um sich herum besser zu verstehen und lernen hierbei täglich Neues an Wissen hinzu. Situationen, in denen etwas Unerwartetes passiert - zum Beispiel, wenn ein Ball durch einen Tisch hindurch fällt - lassen Babys aufmerksam sein und unterstützen die Kleinen besonders beim Erlernen neuer Informationen. Unklar war jedoch bislang, wie Babys durch unerwartete Ereignisse lernen können und was im Gehirn der Kleinen passiert, während sie neue Informationen abspeichern.

Das haben nun Miriam Langeloh vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Moritz Köster von der Freien Universität Berlin und Stefanie Höhl von der Universität Wien in einer Studie mit neun Monate alten Babys untersucht, die bei Psychological Science erschienen ist.

Das Forscherteam hat neun Monate alte Babys mit ihren Eltern ins Labor eingeladen, um sich Bildergeschichten anzusehen, die entweder einen erwarteten oder einen unerwarteten Handlungsausgang zeigten. Damit es spannend für die Kleinen blieb, wurden ihnen eine Vielzahl von physikalischen und sozialen Ereignissen gezeigt. Zum Beispiel war ein Mann zu sehen, der gerne eine Brezel essen wollte. Diese führte er entweder, erwartungsgemäß, zum Mund – oder, überraschenderweise, auf den Kopf.

Was bei Erwachsenen während Lernvorgängen im Gehirn passiert, wurde schon ausführlich erforscht. Bestimmte Schwingungen der rhythmischen Gehirnaktivität scheinen beim Einspeichern neuer Information eine besonders große Rolle zu spielen – der sogenannte Theta Rhythmus. In ihrem aktuellen Projekt haben sich die Wissenschaftler nun die Frage gestellt, ob der Theta Rhythmus schon bei Babys dabei unterstützt, neue und unerwartete Ereignisse in bestehendes Wissen zu integrieren.

„Um herauszufinden, wie die Kleinen neue Informationen einspeichern, haben wir das Elektroenzephalogramm oder EEG während der Präsentation der Bilder abgeleitet.“, erklärt Miriam Langeloh. Das EEG misst die elektrischen Signale, die dem Informationsfluss zwischen Nervenzellen zugrunde liegen. Das Signal kann bei verschiedenen Frequenzen schwanken, die mit unterschiedlichen kognitiven Prozessen in Zusammenhang gebracht werden.

Die Forscherin beschreibt weiter: „Die Babys bekamen die Bildergeschichten ganz schnell, also flackernd, angezeigt. Und zwar in der Theta-Frequenz mit vier Bildern pro Sekunde, im Vergleich zur Alpha Frequenz mit 6 Bilder pro Sekunde. Bei Erwachsenen synchronisieren die für das Sehen verantwortlichen Hirnareale, also der visuelle Kortex, ihre Aktivität mit der Geschwindigkeit der präsentierten Bilder. Wir konnten zeigen, dass auch das Gehirn der Babys auf das rhythmische Flackern der Theta- sowie der Alpha-Frequenz reagiert hat.“

Im nächsten Schritt hat sich das Forscherteam angeschaut, wie das Gehirn bei jeder der beiden Frequenzen auf die erwarteten und unerwarteten Ereignisse reagierte. „Nur der Theta-Rhythmus war sensitiv für unerwartete im Vergleich zu erwarteten Handlungen. Das bedeutet, dass der Theta Rhythmus für das Einspeichern neuer Informationen im Gehirn der Babys verantwortlich ist. Im Alpha-Rhythmus, den wir uns zum Vergleich angeschaut haben, zeigte sich kein Effekt.“, sagt Moritz Köster.

Der Theta Rhythmus scheint also schon sehr früh, bei neun Monate alten Säuglingen, eine grundlegende Rolle beim Beobachten und Einspeichern von neuen, unerwarteten Informationen zu spielen. Ob sich Lernprozesse bei Babys durch eine visuelle Anregung des Theta Rhythmus auch aktiv fördern lassen, wollen die Wissenschaftler in zukünftigen Studien weiter untersuchen.
 
Quelle: Presseinfo Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften