„Elterngespräche konstruktiv führen“ von Kathi Ahl ist 2019 im Verlag Vandenhoek und Ruprecht erschienen und möchte einladen, die eigene Handlungskompetenz zu erweitern. Die Autorin ist langjährige Grundschullehrerin und Leiterin einer Frankfurter Grundschule. Zudem hat sie sich kontinuierlich weitergebildet und ist u.a. als systemische Beraterin und Coach freiberuflich tätig.
Das handliche Buch hat 172 Seiten und ist übersichtlich und klar in drei Teile strukturiert. Teil A behandelt Grundlagen für „Einsteiger*innen“, Teil B widmet sich „mittelschweren“ Gesprächen und Teil C den „echten Knacknüssen“. Positiv fällt auf, dass sich Kathi Ahl neben den „Klassikern“ der Kommunikation wie Rogers, Watzlawick oder Schulz van Thun auch neueren Ansätzen widmet. So finden sowohl die gewaltfreie Kommunikation und die neue Autorität als auch Marte Meo Berücksichtigung. Neben der klaren Gliederung erleichtern Checklisten, Schaubilder und Tabellen sowie die Einladung zu Übungen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und das Gelesene für sich selber umzusetzen.
Die Fallbeispiele sind dagegen nicht immer hilfreich. Teilweise unterbrechen sie den Lesefluss oder wirken seltsam konstruiert. Sprachlich tragen sie nicht unbedingt zur Sachlichkeit bei: „Jamie ist ein ausgesprochen hübsches Kind, das alle süß finden“ (S. 72). Da die Beispiele aus dem Alltag von Kathi Ahl sind, spielen sie überwiegend in Schule und Hort und weniger in Kita und Krippe. Auch sind die Beispiele nicht immer universell, sondern beziehen sich offenbar auf das hessische Schulsystem.
Starke Verdichtung und für KiTas nicht immer zutreffend
Die Handlichkeit des Formats und die Vielfalt an Themen führen in diesem Buch zu einer starken Verdichtung. Die schnelle Abfolge, in der unterschiedlichste Methoden rund um die Beratung dargestellt werden, kann auf Berufsanfänger*innen überfordernd wirken. Es ist nach meiner Meinung eher für erfahrenere Fachkräfte oder Leitungen geeignet, die ihr Wissen und ihre Handlungskompetenz für sich selber oder mit ihrem Team vertiefen oder erweitern wollen. Das Buch braucht in jedem Fall Zeit, um es zu lesen und damit zu lernen oder um mit Kolleg*innen Abschnitte daraus zu diskutieren.Ein Kritikpunkt ist die erkennbar mangelnde Kenntnis über den Bereich Kita, so dass das Buch nicht immer hilfreich für Erzieher*innen ist. Kathi Ahl beschreibt so z.B. eine Vertrautheit zwischen Eltern und Erzieher*innen, die häufig mit dem „Du“ einhergeht. Das mag in der Praxis noch vorkommen, steht aber im Gegensatz zu den Professionalisierungsbemühungen des Feldes der vergangenen Jahre. Auf Seite 48 beschreibt sie weiterhin eine Gesprächssituation in der Krippe mit möglichen Fragen, die das Vertrauensverhältnis pflegen sollen. Diese könnten von Eltern aber durchaus auch als übergriffig gewertet werden. Beides steht im Gegensatz zum Kapitel 1.6. „Professionelle Distanz“. Auf Seite 159 wird darüber hinaus der Begriff „Kindergärtnerin“ verwendet, was ebenfalls entgegen der Professionalisierung des frühkindlichen Feldes wirkt.
Das Buch von Kati Ahl ist ein umfassender und methodisch versierter Ratgeber und Leitfaden, der stets positiv, ressourcen- und lösungsorientiert argumentiert und am Ende auch nicht verschweigt, das Beratungen trotz aller Bemühungen scheitern können.
Iris Hofmann