Zertifikatsweiterbildung für (angehende) Leitungskräfte in Kindertageseinrichtungen


Kindertageseinrichtungen sind seit jeher Orte, die in vielfältiger Form Begegnungen ermöglichen und fördern: Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts sowie mit heterogenen Biografien und Lernerfahrungen, soziokulturellen Hintergründen und körperlichen Voraussetzungen lernen und arbeiten täglich gemeinsam in diesen Einrichtungen. Cloos und Becker-Stoll konstatieren eben dies und heben zugleich die Notwendigkeit hervor, die entsprechenden Prozesse stärker unter den Vorzeichen von Inklusion in den Blick zu nehmen: „Gegenstand von Konzeptionen, Planung und Reflexion [kann und sollte] sein, wie DiversitätDiversität|||||siehe Diversity auf den unterschiedlichen Ebenen hergestellt, ihr begegnet und darüber gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und ihren Familien ermöglicht sowie sozialer Ungleichheit entgegengewirkt wird“ (ebd., 2015, S. 15f., Herv. i. O.).

Wenn es um die fachlich kompetente Konzipierung, Fundierung und Reflexion einer inklusiven frühpädagogischen Praxis geht, kommt den Leiter*innen von Kindertageseinrichtungen eine bedeutsame Rolle zu. Sie sind nicht nur gefragt, sich über die Heterogenität innerhalb der Kindergruppe, der Elternschaft und des Teams bewusst zu sein, sondern auch und vor allem Reflexionsprozesse in ihren Teams zu begleiten sowie inklusiv-konzeptionelle Weiterentwicklung zu unterstützen und mitzugestalten. Eine wichtige Grundlage für den professionellen Umgang mit einer Diversität stellen daher ein fundiertes Wissen sowie entsprechende Kompetenzen der Kita-Leiter*innen dar, die ein professionelles Handeln - auch in herausfordernden Situationen - ermöglichen.

Fundiertes Wissen und Reflexionsprozesse

„Inklusiv von Anfang an“ lautet so auch der Titel einer Weiterbildung, die in Kooperation der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte (HÖB) in Papenburg und der Hochschule Emden/Leer durchgeführt wird und an der 14 (angehende) Leitungskräfte aus dem Bereich der frühkindlichen Bildung in Niedersachen seit Februar 2017 teilnehmen. Gefördert wird das Projekt durch Mittel des Europäischen Sozialfonds. Die Teilnahme an der Weiterbildung ist für die Teilnehmer*innen kostenlos. Dr. Thomas Südbeck und Julia Fübbeker sowie Prof. Dr. Edita Jung und Ann-Christin Waldschmidt begleiten die berufsbegleitende Weiterbildung, die mit einem Zertifikat „Leitung in inklusiven Kindertageseinrichtungen“ im Juni 2018 abschließt. In neun Seminarblöcken mit 248 Stunden Präsenzzeit werden inklusionspädagogische Inhalte geboten, die ein fundiertes Wissen vermitteln und zugleich Reflexionsprozesse zur Gestaltung der eigenen Praxis anregen.

Ziel der Fortbildung ist der Erwerb von Kompetenzen, die insbesondere Sulzer und Wagner (2011) für eine inklusive Frühpädagogik erarbeitet haben. Dazu zählen neben Fachkompetenz auch wertorientierte Handlungskompetenz, Reflexions- und Analysekompetenz, methodisch-didaktische Kompetenz und Kooperationskompetenz. Aufbauend auf inklusionspädagogischen Grundlagen werden die Module der Weiterbildung systematisch miteinander verknüpft, indem die Verbindung u.a. zu den Themenbereichen Sozialraumorientierung und Vernetzung, Organisations- und Qualitätsentwicklung sowie rechtlichen Grundlagen hergestellt wird. Die inhaltliche Klammer stellt ein fortlaufendes Modul dar, das selbstreflektorische Aspekte in den Fokus stellt. Die Teilnehmer*innen konzipieren in diesem Rahmen ein Praxisprojekt, setzen das Vorhaben in ihrer Kindertageseinrichtung um und erörtern und reflektieren es im Rahmen eines Projektberichtes. Hierzu werden an der Hochschule Emden/Leer die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt.

Wege zum Studium eröffnen

Der Projektbericht ist Voraussetzung für den Erhalt des Zertifikats. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung erwerben die Leitungskräfte auch so genannte „Credit Points“, die auf ein Studium der Kindheitspädagogik an der Hochschule Emden/Leer angerechnet werden können. Im Rahmen der Öffnung von Hochschulen für nicht-traditionell Studierende ist dies eine große Chance für die Teilnehmer*innen, neben einer Erweiterung ihrer Kompetenzen durch die Teilnahme an der Weiterbildung eine Verkürzung der Studienzeit ermöglicht zu bekommen. So kann eine mögliche Hemmschwelle bei Fachkräften für die Aufnahme eines Studiums herabgesetzt werden – und letztendlich bedarf es vielseitig ausgebildeter Fachkräfte, um den langen Weg der Implementierung eines inklusiven Bildungssystems im frühkindlichen Bereich zu gehen.

Literatur:
  • Cloos, P./Becker-Stoll, F. (2015): Inklusion und Frühpädagogik. Inhaltliche Einführung. In: Nentwig-Gesemann, I. et al. (Hrsg.): Forschung in der Frühpädagogik VIII. Schwerpunkt: Inklusion. Freiburg, S. 11-22.
  • Sulzer, A. /Wagner, P. (2011): Inklusion in Kindertageseinrichtungen – Qualifikationsanforderungen an die Fachkräfte. WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern. Expertisen │ 15. München.


Kontakt:

Ann-Christin Waldschmidt B.A.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Hochschule Emden/Leer
Tel.: +49 4921 807-1240
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


 
Ann-Christin Waldschmidt