Zur Begrüßung stellte nifbe-Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer die Fachberatung als zentral für die Qualitätsentwicklung im Feld der frühkindlichen Bildung und als „unerlässliches Bindeglied zwischen KiTa-Praxis, Träger, Politik und Wissenschaft" dar. Nifbe-Moderatorin Maria Korte zeigte die Entwicklung der nifbe-Fachtagungen für Fachberatung auf: Sie führte über einen ersten Austausch und das Wahrnehmen und Anerkennen der Verschiedenheit über die Entwicklung eines Professionsverständnisses und eines entsprechenden Positionspapiers zur Fachberatung bis hin zu der aktuell anstehenden ethischen Grundierung der Fachberatungspraxis.
In ihrem Auftaktvortrag umriss BAG-BEK-Vorstandsmitglied Elke Alsago die aktuelle Situation im Feld der frühkindlichen Bildung und die daraus entspringenden Herausforderungen für die Fachberatung. Fachberatung definierte sie dabei einleitend als „eine personenbezogene strukturentwickelnde soziale Dienstleistung im Rahmen der Jugendhilfe. Sie ist ein eigeständiges Handlungsfeld als Teil des Unterstützungssystems der Kindertagesbetreuung. Sie wirkt qualitätsentwickelnd und qualitätssichernd auf Basis ihrer Grundsätze für das berufliche Handeln.“
Bildungspolitisch sah Alsago aktuell neben der auch die KiTas auf allen Ebenen erreichenden Digitalisierung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine daraus resultierende „institutionalisierte Kindheit“ als zentrale Herausforderungen für die FachberaterInnen. Dadurch, dass Kinder immer früher und auf den Tag bezogen immer länger in die KiTa gingen, wachse die Erziehungs- und Bildungsverantwortung der Fachkräfte. Den steigenden Anforderungen und entsprechend notwendigen Personalressourcen stehe allerdings der akute Fachkräftemangel entgegen.
In einem kurzen historischen Abriss zeigte sie dabei auf, wie Fachberatung sich ab Mitte der 1990er Jahre von der Beratung hin zum Qualitätsmanagement funktionalisierte habe, um dann nach dem PISA-Schock und einer folgenden „Projektitis“ ab den 2000ern vor allen Dingen Programme umzusetzen. Ab 2008 sah sie dann den Trend zur „Spezialisierung und Kontrolle“. Alsago dagegen hob als Kernaufgaben der Fachberatung die „Beratung, Begleitung, Fortbildung und Vernetzung“ heraus.
Als Resultat der verschiedenen Ansprüche und Veränderungswellen an Fachberatung sah Alsago drei Strategien der FachberaterInnen: Den Ausstieg aus dem Berufsfeld, die Loyalität zum Träger als Auftragnehmer oder die Loyalität zur Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung und ihrer AdressatInnen wie Kinder und Eltern. Die dritte Strategie mache es erforderlich, die Stimme gegen unhaltbare Entwicklungen zu erheben und den eigenen Professionalisierungsprozess aktiv voranzutreiben.
Ein konkretes Beispiel für einen solchen Professionalisierungsprozess stellte Alexander Leonhardt vom FachberaterInnen-Netzwerk Erfurt vor. Dort standen die FachberaterInnen mit dem neuen KiTaG ab 2010 vor der Herausforderung „eine eierlegende Wollmilchsau“ mit „baulicher, räumlicher, sächlicher und pädagogischer Verantwortung“ sein zu müssen. In Erfurt begegnete man dem mit der Gründung eines trägerübergreifenden Netzwerks aus zunächst Jugendamt, Diakonie, Caritas, Paritäten und AWO. Die Koordinierung des Netzwerkes übernahm dabei das Jugendamt. Auf einem ersten Vernetzungstreffen 2011 wurden das Verbindende der Fachberatung diskutiert (“Haltung, Kompetenzen, Methoden“) und drei Maximen aufgestellt:
- Fachberatung muss beim Kind ankommen
- Verschiedenheit ist Zugewinn
- Konkurrenz behindert Denken und Handeln
In der Folge wurden trägerübergreifende AG’s gegründet, zunächst zur „Offenen Arbeit“, dann zu „Bildungsräumen“, „U3“ oder Inklusion. Heute bestehen zwölf verschiedene Arbeitsgruppen und zu dem Netzwerk sind seit 2017 auch kleinere Träger und spezialisierte Fachberatungen hinzugestoßen. Nicht zuletzt auf das Wirken des Fachberatungsnetzwerks Erfurt führte Leonhardt die Novellierung des KiTaG in Thüringen ab 2018 zurück, in dem als Aufgaben für die Fachberatung die Qualitätsentwicklung auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Initiierung und Begleitung von Reflexions-, Entwicklungs- und Veränderungsprozessen sowie die sozialräumliche Vernetzung definiert werden. Vorausgesetzt werde ab 2018 in Thüringen auch eine Hochschulabschluss für die Fachberatung – wobei man, so Leonhardt, etwas über das Ziel hinausgeschossen sei, weil man schlichtweg vergessen habe eine Übergangsfrist für die jetzt tätigen FachberaterInnen ohne Hochschulabschluss zu definieren...
Nach den zwei einleitenden Vorträgen erläuterten drei FachberaterInnen, die im Rahmen der AG Fachberatung am Grundlagenpapier zu ethischen und sozialpädagogischen Fundierung der Fachberatung, mitgearbeitet hatten, ihre Intentionen und Erfahrungen. So sei es Ziel gewesen, von Trennenden im heterogenen Arbeitsfeld Fachberatung zum Verbindenden zu kommen und eine „gemeinsame Basis zu schaffen“. Um nicht als „Verfügungsmasse“ nach Belieben funktionalisiert werden zu können, könne eine Berufsethik einen wichtigen „Anker“ darstellen. In diesem Sinne habe man in der AG die „Chance zur Selbstdefinition“ ergriffen. Es gelte „sich gemeinschaftlich auf ein Fundament ethischer Grundhaltungen zu verständigen, sich an einer Gesamtheit an Werten und Normen zu orientieren und daraus ein verantwortungsbewusstes Handeln abzuleiten bzw. es darauf zurückzuführen.“
Als zentrale inhaltliche Bausteine des Grundlagenpapiers definierten die drei FachberaterInnen das „Ausgehen vom Kind auf der Basis der Kinderrechte“ und die Frage, was das Kind wirklich brauche. FachberaterInnen müssten sich als „Anwälte von Kindern und Familien“ verstehen.
In kleinen Arbeitsgruppen für das Grundlagenpapier in der Folge gemeinsam mit den TagungsteilnehmerInnen unter verschiedenen Aspekten intensiv diskutiert. Wie Elke Alsago und Maria Korte abschließend erläuterten, werden die Anregungen und Änderungsvorschläge nun in der AG Fachberatung diskutiert und ggf. in das Grundlagenpapier integriert. Dieses soll dann in den nächsten Wochen noch in weiteren FachberaterInnen-Netzwerken auf Landes- und Regionalebene diskutiert werden, um dann möglichst noch im Frühjahr mit einem (vorläufigen) Grundlagenpapier auch in die bildungspolitische Diskussion auf Bundesebene einzusteigen.
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Karsten Herrmann