nifbe feiert mit illustren Gästen den zehnten Geburtstag
„Das nifbe ist etwas ganz Besonderes und bundesweit eine einmalige Perle“ – mit diesen Worten gratulierte Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler dem nifbe zu seinem zehnten Geburtstag und unterstrich das politische Ziel, dem nifbe in Zukunft größere Planungssicherheit durch eine „Verstetigung und langfristige Finanzierung“ zu verschaffen.„Auf die ersten Jahre kommt es an!“ – unter diesem Motto wurde das nifbe vor zehn Jahren in innovativer Verbindung von Forschung und Praxis sowie einer landesweiten Vernetzung gegründet. Hintergrund war die Erkenntnis, dass in den ersten Lebensjahren die entscheidenden Grundlagen für die gesamte spätere Bildungs- und Berufsbiographie der Kinder gelegt werden. In diesem Sinne sollte das nifbe mit Förderung durch das Land Niedersachsen dazu beitragen, die Kinder in Familie, Tagespflege und KiTa auf bestmögliche Weise zu begleiten und zu fördern. Mit einem Festakt in der Schlossaula der Universität Osnabrück blickte das nifbe jetzt auf zehn bewegte Jahre zurück und gab einen Ausblick in die Zukunft und die anstehenden bildungspolitischen Herausforderungen. Zu den Gratulanten gehörten neben den Festrednern auch viele Landtagsabgeordnete wie Burkhard Jasper sowie „Gründungsväter“ und Mitstreiter des nifbe - darunter auch der ehemalige Niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann und Eugen Gehlenborg, der viele Jahre operativ zuständige Referatsleiter im Wissenschaftsministerium.
Als Hausherr begrüßte Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang Lücke und wies auf die Kooperation zwischen dem neuen frühkindlichen Forschungszentrum CEDER und dem nifbe hin. In einem „rekursiven Prozess“ würde das nifbe zukünftig „die Übertragung der Forschungsergebnisse in die Praxis sicherstellen.“ Als große gemeinsame Herausforderung stellte er die Inklusion in der frühkindlichen Bildung und darüber hinaus heraus.
Der niedersächsische Wissenschaftsminister Björn Thümler bestätigte dem nifbe in seinem Grußwort zehn Jahre „wichtiger und erfolgreicher Arbeit“ und hob heraus: „Das nifbe ist ein bundesweiter Vorreiter auf dem Weg, die frühkindliche Entwicklung unserer Kinder zu verbessern und voranzubringen“. In den vergangenen fünf Jahren habe das nifbe so auch vielfache inhaltliche Impulse gesetzt und über seine Qualifizierungsmaßnahmen rund die Hälfte der 5.500 Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen erreicht. Thümler betonte: „Wir wollen das nifbe im Bereich der Aus- und Weiterbildung stärken und mit seiner Hilfe den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis der Einrichtungen und Angebote frühkindlicher Bildung verbessern.“
"Unverzichtbarer Baustein für die konsequente Qualitätsentwicklung"
nifbe-Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer unterstrich, dass das nifbe sich in den vergangenen Jahren als „unverzichtbarer Baustein für die konsequente Qualitätsentwicklung und Professionalisierung in der frühkindlichen Bildung des Landes Niedersachsen etabliert hat“. Im Zentrum stehe der „wechselseitige Transfer zwischen Forschung und Praxis und ein Dialog auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten“.
Kritisch ging die Institutsdirektorin auf die von der damaligen rot-grünen Landesregierung initiierte Umstrukturierung im Jahre 2016 ein, durch die das nifbe sein Forschungsstandbein und erhebliche Ressourcen für seine Präsenz in der Fläche verloren habe. Sie erhoffe sich daher „eine Stärkung des nifbe durch die neue Landesregierung und eine langfristige Planungssicherheit.“
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden individuellen, sozialen und kulturellen Vielfalt in den KiTas wird sich das nifbe ab 2018 insbesondere dem neuen Themenschwerpunkt „Vielfalt leben und erleben!“ widmen. Verbunden damit sind kostenfreie Qualifizierungsmaßnahmen für Pädagogische Fachkräfte und MultiplikatorInnen zum kompetenten Umgang mit Vielfalt und ihren zahlreichen Dimensionen wie Flucht- oder Migrationshintergrund, Behinderung oder soziale Lage. „Damit stellen wir uns einer zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderung und leisten einen wichtigen Beitrag für die Chancengerechtigkeit von Anfang an“ unterstrich Prof. Dr. Renate Zimmer.
"Beim Thema Vielfalt entscheidet sich die Zukunft unserer Gesellschaft"
Als Gründungsvater des nifbe erinnerte der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident und Bundespräsident Christian Wulff an die innovative Ausgangskonzeption des nifbe und hob heraus: „Zwischenmenschliche soziale Kompetenzen werden in der zukünftigen beschleunigten globalen digitalisierten Welt der Vielfalt von noch größerer Bedeutung als heute sein. Kinder müssen auf die Zukunft vorbereitet werden, sich aber vor allem optimal und individuell entwickeln können.“In Bezug auf den neuen Themenschwerpunkt des nifbe ab 2018 war sich Wulff sicher, dass „bei diesem Thema sich die Zukunft unseres Landes entscheiden wird“. „‘Ich bin Mensch, weil ich dazugehöre‘“ zitierte er Desmond Tutu und im Sinne einer inklusiven Bildung komme es darauf an, jedes Kind teilhaben und sich ihre Potenziale entfalten zu lassen. „Kinder leben von Vorbildern und ihre zukünftige Haltung wird in den ersten Jahren geprägt“ sagte er und unterstrich die Bedeutung ihrer Sozialisation auch in der KiTa. Wichtig sei „eine offene und wertschätzende Haltung, die aber auch mit Regeln verbunden ist“.
Auf das nifbe bezogen bezeichnete Christian Wulff die „Verknüpfung von Forschung und Alltagspraxis als das eigentliche Lebenselixier“ und forderte das Forschungsstandbein des nifbe wieder zu stärken. Als wichtige Zukunftsthemen in der frühkindlichen Bildung führte er die „geschlechtsspezifischen Lern- und Verhaltensweisen“ an sowie eine stärkere Öffnung für MINT und digitale Themen. In Bezug auf den gesellschaftlichen Effekt von früher Bildung pointierte Wulff: „Zinsen gibt es heute nur noch bei der Investition in unsere Kinder!“
"Die Entwicklung des Kindes in den Mittelpunkt stellen"
Auch Prof. Dr. mult. Wassilios Fthenakis bescheinigte der frühkindlichen Bildung „das effizienteste Instrument zur Minderung sozialer Risiken“ zu sein. Er forderte in seinem Fachvortrag auch „Mut zur Reform“ und sah die Chance das „Bildungssystem von unten nach oben zu entwickeln“. Durch fehlende Kommunikation und Kooperation im Bildungssystem würden die Übergänge im Bildungssystem wie zwischen KiTa und Grundschule heute häufig noch zu Sollbruchstellen.„Nicht die Wissensvermittlung, sondern die Entwicklung des Kindes muss in den Mittelpunkt gestellt werden“ sagte er. Bildung müsse als ein Prozess verstanden werden, der in einen sozialen und kulturellen Kontext eingebettet ist und sowohl von Fachkräften bzw. Eltern als auch von Kindern aktiv ko-konstruiert wird.
Den pädagogischen Fachkräften sprach Fthenakis weniger die Rolle einer Erzieherin, als vielmehr die einer Begleiterin zu, die das gemeinsame Lernen gestaltet. „Wir brauchen ein dialogisches Modell des Lernens“ und „wir brauchen Lernräume, die Neugierde wecken und Interaktionen fördern“ unterstrich er. Angesichts der sich im vollen Gange befindlichen „virtuellen Revolution“ forderte er auch ein verstärktes gemeinsames Lernen mit digitalen Medien.
Plädoyer für "emotionale Wende" in der frühkindlichen Bildung
Auf die unverzichtbaren Grundlagen der frühkindlichen Bildung und Entwicklung ging In einem weiteren Fachvortrag Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll, Direktorin des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München, ein und stellte das sozial-emotionale Lernen von Kindern als Voraussetzung für pädagogische Qualität vor. Zunächst komme es für eine gesunde Entwicklung auf die Befriedigung der psychischen Grundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenzerleben und Autonomie an. Hierfür spiele die Interaktionsqualität eine entscheidende Rolle.„Kinder brauchen vertrauensvolle Bezugspersonen“ unterstrich Becker-Stoll, „denn Kinder lernen vor allem von Menschen, in sozialen Interaktionen und durch emotionale Beziehung zu ihnen.“ Daher hänge der Ertrag früher Bildungsprozesse von Beziehungs- und Bindungsprozessen ab. Bildungsangebote würden nur dann vom Kind wirklich wahrgenommen, wenn sie in funktionierenden Beziehungen eingebettet sind. „In einer solchen Beziehung kann das Kind sich als aktiv handelnde und selbstwirksame Person erleben“ verdeutlichte sie.
Abschließend forderte Becker-Stoll: "Es ist an der Zeit, nach der kognitiven Wende in der frühen Bildung, die Bedeutung der emotionalen und sozialen Kompetenzen der Lehrenden und Lernenden für die weitere Bildungsentwicklung in den Mittelpunkt der Diskussion um Qualität in der Frühpädagogik zu stellen und damit eine emotionale Wende in der frühen Bildung und darüber hinaus einzuleiten.“
Dank an das Team für "tolles Engagement"
Zum Abschluss der Geburtstagsfeier des nifbe überreichte nifbe-Direktorin Prof. Dr. Renate Zimmer zusammen mit den Vorstandsmitgliedern Stephanie Emmel und Menso Cords den nifbe-MitarbeiterInnen eine Hyazinthe „als Symbol für zukünftiges Wachstum und die Blüte des nifbe“. Sie bedankte sich für das „tolle Engagement auch über schwierige Zeiten hinweg“ und unterstrich die „vielfältigen interdisziplinärinterdisziplinär|||||Unter Interdisziplinarität versteht man das Zusammenwirken von verschiedenen Fachdisziplinen. Dies kann auch als „fächerübergreifende Arbeitsweise“ verstanden werden, z.B wenn Psychologen, KinderärztInnen, ErzieherInnen und Lehrende zusammen an einer Fragestellung arbeiten.en Kompetenzen im Team“.Download Präsentation Becker-Stoll
Download Präsentation Fthenakis
Karsten Herrmann