Bewegungsorientierte Sprachförderung
Ein nifbe-Forschungsprojekt
Inhaltsverzeichnis
In dem von Prof. Dr. Renate Zimmer geleiteten nifbe-Forschungsprojekt Förderung sprachlicher Kompetenzen von Kindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen wurde ein neuer Weg der Sprachförderung erprobt. Dem isolierten Training einzelner Sprachfunktionen wurde ein in den Alltag zu integrierendes und von der Körperlichkeit des Kindes ausgehendes Konzept der Sprachförderung entgegengesetzt. Ein gesonderter Projektteil widmete sich dabei auch gezielt der Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund. Das Gesamtprojekt wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung gefördert.
Co-AutorInnen:
Dipl. Reha.Päd. Nadine Madeira Firmino
M.A. Frühpädagogin Carmen Huser
Hintergrund
Sprache und Bewegung sind zwei wesentliche Dimensionen der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung, die zwar in ihrer Entwicklung getrennt voneinander betrachtet werden können, die sich gleichzeitig aber in Abhängigkeit voneinander entfalten und sich gegenseitig beeinflussen. Durch das Handeln gewonnene Erfahrungen werden in Verbindung mit der Sprache zu Begriffen. Die Begriffe ermöglichen dem Kind die innere Abbildung der Welt (vgl. Zimmer 2010).
Um sich mitteilen und verständigen zu können, stehen dem Kind unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung – verbale und nonverbale. Lange bevor es sprechen gelernt hat, teilt es sich bereits über Gesten, Mimik und Gebärden mit – über seinen Körper. Zunehmend übernimmt die verbale Sprache die Form der Mitteilung und des Austauschs, wobei jedoch auch die anderen Kommunikationsebenen bestehen bleiben. Aber auch sprachliche Kompetenzen im engeren Sinne können über Bewegungshandlungen unterstützt werden
Pilotprojekt: Bewegungsorientierte Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen
Im Rahmen eines Pilotprojekts zur Gesundheits- und Bewegungsförderung in Kindertagesstätten wurde der Einfluss einer bewegungsorientierten Sprachförderung auf unterschiedliche Bereiche der Sprachentwicklung 3- bis 5-jähriger Kinder untersucht (vgl. Zimmer, 2010).
Der Untersuchungszeitraum betrug zehn Monate. In dieser Zeit wurde in zehn Kindergärten mit insgesamt 244 Kindern ein Bewegungsangebot durchgeführt, durch das insbesondere Bereiche der Sprachentwicklung (Wortschatzerweiterung, Prosodie, Phonologie und allgemeine Kommunikationsfähigkeit) angeregt werden sollten. Die Erzieherinnen waren durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen und durch schriftliche Begleitmaterialien in dieses Konzept eingeführt worden und wurden durch Projektmitarbeiter regelmäßig in ihrer pädagogischen Arbeit begleitet (vgl. Zimmer, Dzikowski & Ruploh, 2007; Zimmer, 2008).
Die Auswertung der gewonnenen Daten ergibt deutliche Hinweise darauf, dass die Kinder von der Intervention Sprachförderung durch Bewegung profitierten. Sie verbesserten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich in den Variablen Motorikquotient (als Maß für den motorischen Entwicklungsstand) und Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (als ein Maß für Sprachentwicklung). Ebenfalls positiv, ähnlich wie in der Kontrollgruppe, entwickelten sich die Werte für Satzgedächtnis (ein weiterer Untertest des Sprachtests). Auffallende Verbesserungen in Bezug auf den motorischen Entwicklungsstand und das phonologische Arbeitsgedächtnis, eine bedeutsame Komponente der Sprachentwicklung, zeigten sich bei denjenigen Kindern, deren Werte zum ersten Messzeitpunkt zu den unteren 16 % ihrer Altersgruppe gehörten. Die Werte dieser Gruppe verbesserten sich bzgl. des Motorikquotienten im Mittel in den klinisch-unauffälligen Bereich hinein, während diejenigen der Kontrollgruppe im kritischen Bereich verblieben. Auch in Bezug auf das phonologische Arbeitsgedächtnis fielen die Ergebnisse der Sprachfördergruppe signifikant höher aus als die der Kontrollgruppe, obwohl die Kinder dieser Gruppe z. T. im Untersuchungszeitraum an anderen (Sprach-) Förderprogrammen teilgenommen hatten. Insgesamt können die Befunde als erste Hinweise auf die Wirksamkeit bewegungsorientierter Sprachförderung gedeutet werden. Gestützt wird diese Annahme durch die im Rahmen der abschließenden Evaluation erfragten Bewertung des Programms durch die beteiligten Erzieherinnen (vgl. Zimmer 2010).
Auf den in dieser Pilotstudie gewonnenen Erfahrungen bauten die Vorarbeiten für das Forschungsprojekt zur Förderung sprachlicher Kompetenzen durch bewegungsorientierte Maßnahmen in Kindertagesstätten auf.
- Zuletzt bearbeitet am: Donnerstag, 28. Mai 2015 16:26 by Somebody