Alternative frühkindliche Angebote vor dem Einstieg in die KiTa
Aktuell flüchten zahlreiche Familien aus der Ukraine nach Deutschland und politischer wie humanitärer Anspruch ist es, ihren Kindern so schnell wie möglich eine regelmäßige Betreuung, Bildung und Erziehung zu ermöglichen. Angesichts der nicht erst seit der Corona-Pandemie und einem akuten Fachkräftemangel stark beanspruchten KiTas richtet sich der Blick dabei auch auf alternative frühkindliche Bildungsangebote.Im Rahmen des Bundesprogramms „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“, das seit 2017 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, sind zahlreiche niedrigschwellige Spiel- und Bildungsangebote entstanden und weiterentwickelt worden, die Familien einer sehr heterogenen Zielgruppe den Zugang zum System der frühkindlichen Bildung nahebringen sollen. Um Kinder und Eltern langsam und sensibel an die institutionelle Kindertagesbetreuung heranzuführen, können solche Übergangsangebote einen Vertrauensaufbau und das Kennenlernen von Personen, Strukturen und Abläufen ermöglichen. Auch in Hinblick auf die Bedarfe der aktuellen Situation können solche Angebote genutzt und weiter ausgebaut werden. Dabei gibt es verschiedene Formate und Schwerpunkte:
Offene Angebote wie Cafés („Mütter-Café“, „Spielcafé“, „Café International“ etc.), z. B.:
- „Interkulturelle Schnullercafés“ im Kreis Düren,
- „Interkultureller Frühstückstreff“ im Familienzentrum Eutin im Landkreis Ostholstein,
- „Offenes Familienzimmer“ z. B. mit „Familienfrühstück“ und „Internationalem Kochen“ in Regensburg, das „Sprachcafé mit Kinderbetreuung“ bietet Eltern zusätzlich die Möglichkeit, in einer entspannten Atmosphäre Sprache zu üben, während die Kinder im Familienzimmer betreut werden.
- Offener Treff im Gemeindesaal eines Kinder- und Familienhauses in Freiburg (S.15) oder
- Angebote draußen, z. B. zum Garten mitgestalten in der Kita in Weiden (S. 12) oder mit Bauwagen für Freispiel mit Honorarkräften in Pforzheim (S. 14).
In den offenen Angeboten finden meist frühpädagogische Spiel- oder Bewegungsangebote mit Sprachanreizen für Eltern und Kinder genauso wie Beratungsgespräche statt. Häufig werden gemeinsame Mahlzeiten zubereitet und/oder eingenommen. Teilweise können kita-ähnliche Abläufe und Routinen kennengelernt, erste Hürden und Unsicherheiten überwunden sowie eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Sie werden von täglich mehrstündig bis zu wöchentlich ein- oder mehrstündig angeboten.
Verbindliche Gruppen unter unterschiedlichen Namen und thematischen Aspekten (Eltern- / Mutter-Kind- / Sprach- / Spiel-Gruppen, (Familien ) Spielkreise, Spielstuben, Kinder Familienzimmer, Eltern-Kind-Treffs) als Übergangsangebote für Familien ohne Betreuungsplatz, z. B. in:
Bei den verbindlichen Angeboten ist die Zielgruppe teilweise klarer definiert, die Gruppengröße begrenzt und das Angebot auf eine bestimmte Zeit festgelegt. Die Gruppen finden regelmäßig, z. B. einmal wöchentlich, statt und werden von einer pädagogischen Fachkraft angeleitet. Das freie Spiel der Kinder wird mit entwicklungsgerechten Materialien und Spielangeboten unterstützt und die Eltern zusätzlich für die Entwicklung ihrer Kinder sensibilisiert. Auch bei diesen Angeboten können durch eine kita-ähnliche Umgebung und ritualisierte Abläufe Strukturen der Kindertagesbetreuung kennengelernt werden. Teilweise wird hier bereits mit einem Bezugsbetreuerinnen- bzw. Bezugsbetreuersystem gearbeitet, bei dem jedes Kind einer pädagogischen Fachkraft zugeordnet ist und im Betreuungskontext bereits erste Trennungen von den Eltern eingeübt werden.
Verbindliche Angebote können noch einmal weiter differenziert werden z.B. nach dem Alter der Kinder:
Vorschulangebote, um Kinder speziell vor dem Übergang in die Grundschule zu unterstützen, z. B.:
- im Saarpfalz-Kreis mit dem Gruppenangebot „VorKis“,
- in Gießen mit der „Mini-Kita“ oder
- in Hof die „Vorschulfüchse“.
Angebote für Kinder unter drei Jahren, z. B.:
- der „Babytreff“ mit Inhalten aus dem Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP) in Regensburg oder
- „ElBa“ für Eltern und Babys sowie „SpieKo“ für Kinder ab einem Jahr in Alzey-Worms.
Weiterhin gibt es unterschiedliche thematische Schwerpunkte, z. B.:
- musikalisch, wie in Laatzen „Singen mit Kindern“,
- künstlerisch, wie die „Kreativwerkstatt“ in Regensburg,
- Bewegung, z. B.:
- ebenfalls in Regensburg „Eltern-Kind-Turnen“
- „Bewegungsangebot in Kooperation mit einem Sportverein“ in Straubing,
- Sprachförderung und -bildung, z. B.:
- das „Griffbereit“-Programm in Laatzen für Kinder von einem bis drei Jahren,
- ebenfalls in Laatzen die „Rucksack-KiTa“
- oder Kängurugruppen in Gelsenkirchen.
- ein Spiel- und Beratungsangebot im Spielzimmer im Kreis Segeberg,
- ein Eltern-Café mit Spielegruppe in Ludwigsburg oder
- eine Vorschulgruppe in Berlin Pankow (S. 13).
Eine weitere Möglichkeit, die sehr gut von Familien angenommen wird, sind mobile Angebote, die mit aufsuchender Arbeit Familien den Zugang erleichtern:
- Materialien und Ideen werden gebündelt und gezielt für ein pädagogisches Projekt eingesetzt, z. B. bei der
- „Kita im Koffer“ in Hürth oder
- „Kita aus der Kiste“ im Landkreis Hof.
- Mobile Spielgruppen fahren mit Wohnwagen oder Wohnmobilen direkt zu den Familien, z. B.:
- das „Kids and Care Mobil“ in Alzey-Worms oder
- „Mobile Kita“ wie in Gelsenkirchen.
Immer wieder werden Betreuungsangebote auch in größerem Rahmen angeboten:
- So haben sich in München z. B. sogenannte Kindertageszentren etabliert.
- In Cottbus findet eine Vernetzung von Angeboten im Jugendberatungs- und Familienzentrum „Haus Jule“ statt.
- Als erweiterte Form der Kindertagesbetreuung finden sich Großtagespflegestellen z. B. in
- Haßberge oder
- Ettlingen im Landkreis Karlsruhe als „Kinderstube" nach dem Dortmunder Modell.
Im neuen Bundesprogramm des BMFSFJ „Integrationskurs mit Kind“, das 2022 gestartet ist, können außerdem über Tagespflegepersonen und deren geförderter Ausbildung Betreuungsmöglichkeiten für Integrationskurse geschaffen werden.
- Zuletzt bearbeitet am: Dienstag, 03. Mai 2022 08:43 by Karsten Herrmann