Sprachlich-kulturelle Vielfalt in KiTa-Teams

Inhaltsverzeichnis

  1. Sprachlich-kulturelles Mismatch
  2. Sprachlich-kulturelle Orientierungen
  3. Sprachlich-kulturelle Potenziale
  4. Ausblick
  5. Literatur

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Sprachlich-kulturelles Mismatch – Gibt es ein Ungleichgewicht in den Proportionen der Vielfalt?

 
Die „gefühlte“ Zunahme an Migrationsaufkommen und die Entwicklung zur multikulturellen Gesellschaft und Sprachenvielfalt in Deutschland spiegelt sich in manchen Kindertageseinrichtungen in einem bis zu 75% überproportionalen Anteil an Kindern wider, die als Herkunfts- und Familiensprache nicht Deutsch sprechen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 53). Demgegenüber zeigt sich jedoch das pädagogische Personal mit Migrationshintergrund im Elementar- und Primarbereich mit 7% (vgl. DIPF 2010, o. S.) deutlich unterrepräsentiert. Das Ungleichgewicht offenbart sich damit im unbalancierten Verhältnis des Migrationsanteils zwischen pädagogischen Fachkräften und betreuten Kindern.

Darüber hinaus weist auch der proportionale Vergleich des Migrationsanteils der beschäftigten pädagogischen Fachkräfte gegenüber der erwerbstätigen Bevölkerung allgemein eine Unterrepräsentanz auf (vgl. Statistisches Bundesamt 2012, S. 334f). Dabei zeichnet sich nach einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2008 in der regionalen Gegenüberstellung der Unterschied in den östlichen Bundesländern noch wesentlich stärker ab (vgl. Fuchs‐Rechlin 2010, S. 49). Eine Ungleichverteilung pädagogischer Fachkräfte mit Migrationshintergrund in Kindertagesstätten ist zudem im niedrigeren Qualifikationsstatus (höherer Anteil an Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern bzw. Sozialassistentinnen und Sozialassistenten) festzustellen (vgl. ebd.). Ebenso sind der Beschäftigungsumfang in der Einrichtung (mehr Verträge mit reduzierten Wochenarbeitszeiten) (vgl. a.a.O., S. 14) sowie die Beschäftigungssicherheit (erhöhter Anteil von befristeten Arbeitsverträgen) (vgl. a.a.O., S. 19) bei pädagogischen Fachkräften mit Migrationshintergrund häufiger herabgesetzt.

Somit besteht die Gefahr, dass Team-Mitglieder mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer eher geschwächten beruflichen Position und den teilweise prekären Arbeitsverhältnissen weniger Einfluss auf die konzeptionelle Arbeit in Kindertagessstätten ausüben können. Die vorteilhafte Integration und Entfaltung sprachlich-kultureller DiversitätDiversität|||||siehe Diversity im KiTa-Team kann dadurch gehemmt werden.

Innerhalb des skizzierten Ungleichgewichtes entsteht ein ‚sprachlich-kulturelles mismatch’, nämlich eine Passungsschwierigkeit zwischen Kindern, Eltern und pädagogischem Personal. Dabei bildet sich die vorhandene sprachlich-kulturelle Vielfalt bei den Kindern der Einrichtungen nicht entsprechend im tatsächlichen Potenzial der KiTa-Teams ab (vgl. Lüdtke 2013a).

So stehen beispielsweise laut einer Erhebung nur in 7 % von 117 Kindertageseinrichtungen des Landes Rheinland-Pfalz mehr als drei Sprachen zusätzlich zu Deutsch als Verständigungsmöglichkeit zwischen Kindern und erwachsenen Bezugspersonen zur Verfügung (vgl. Montanari 2007, S. 54).

Demgegenüber ergab eine weitere Befragung von 186 Kindertageseinrichtungen in Bayern, Brandenburg und Hamburg im Auftrag einer Expertise für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass durchaus verschiedene Sprachen in den Teams vorzufinden sind. Vor dem Hintergrund der schulisch basierten Fremdsprache sind in 43% der Einrichtungen Englischkenntnisse vorhanden und im Zuge unterschiedlicher Migrations-Tendenzen sind das Russische ebenso mit 43 % sowie das Türkische mit 30 % und das Polnische mit 25 % vertreten (vgl. Meyer 2008, S. 36).

Aus dem Vorkommen an verschiedenen Sprachen in KiTa-Teams kann aber nicht eindeutig abgeleitet werden, dass dieses Potenzial tatsächlich quantitativ ausreichend und qualitativ passgenau hinsichtlich der herkunftssprachlichen Bedürfnisse der Kinder und deren Eltern in der Kindertagesstätte vorliegt (vgl. Lüdtke 2013a, 2013b). Zudem ist noch nicht garantiert, dass die pädagogischen Fachkräfte ihre herkunftssprachlichen und kulturspezifischen Kenntnisse in der Kommunikation und Interaktion mit den Kindern wirklich gezielt und regelmäßig anwenden.