Digitalisierung aller Lebensbereiche – auch in der Kita!

Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche – sie ist aus der Kita nicht mehr wegzudenken

Digitale Medien sinnvoll in den Kita-Alltag zu integrieren, bedeutet zunächst einmal Berührungsängste zu überwinden. Sich informieren, welche Möglichkeiten es gibt, für seine Einrichtung den richtigen Grad finden, Digitalisierung in die Organisationsentwicklung aufnehmen und so die Fachkräfte mitnehmen – nur so kann die »digitale Kita« gelingen.

Digitale Medien nehmen im Kita-Alltag einen zunehmend größeren Stellenwert ein und spielen in verschiedenen Kontexten eine Rolle. Ob zur Organisation von Abläufen oder in pädagogischen Konzepten verankert – ein geeigneter Einsatz von Digitaltechnologien kann in der Kita-Praxis unterstützend sein und ist es zum Teil schon.

Von der zentralen Platzvergabe, über die Personal- und Urlaubsplanung bis hin zur pädagogischen Dokumentation – geeignete digitale Software kann dem Kita-Management dienen. Auch für die pädagogische Praxis kann der Einsatz von digitalen Medien eine Erweiterung der Lern- und Erfahrungsräume für Kinder darstellen. Und nicht zuletzt können digitale Anwendungen auch dazu beitragen, Bildungspartnerschaften mit Eltern zu intensivieren.

Dennoch: Digitalisierung stellt für viele Kita-Fachkräfte und Einrichtungen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Z.B. fallen Datenschutz und Datensicherheit mit steigendem Grad der Digitalisierung auf all diesen Ebenen viel stärker ins Gewicht als dies bisher der Fall war. Für einzelne Bereiche werden auch von zentraler Seite – etwa von Städten und Kommunen – Anforderungen an die Einrichtung herangetragen, sich einer digitalen Transformation anzupassen. Fachkräfte brauchen hier Orientierung und Unterstützung.

Das Spektrum an Möglichkeiten kennen und nutzbar machen

Um entscheiden zu können, inwieweit Digitaltechnologie beim Organisationsmanagement, im pädagogischen Kontext sowie in der Elternarbeit Einzug erhalten sollen, muss jede Einrichtung für sich das Spektrum der Möglichkeiten erkennen und überlegen, welche dieser Möglichkeiten sinnvoll sind und welche sie sich nutzbar machen möchte. Geht es z.B. darum, Dinge effizienter zu organisieren, zu beobachten oder zu dokumentieren als es die bisherige Praxis erlaubt?

Mit den eingeführten Online-Kita-Navigatoren, mit denen öffentlich geförderte Kindertageseinrichtungen und z.T. freie Träger die Platzvergabe über zentrale Vormerksysteme realisieren, hat sich das Kita-Management bereits strukturell digitalisiert.

Eine weitere grundlegende Kita-Aufgabe ist digitalisierbar: Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren lassen sich ebenfalls durch digitale Lösungen realisieren, z.B. über ein Tablet. Entsprechende Softwares und Apps können zeitlich flexibel und ortsungebunden eingesetzt werden. Die anfallende Berichterstattungs- und Verwaltungsarbeit kann vereinfacht werden, wenn Fachkräften Tablets zur Verfügung stehen, mit denen sie Berichte und Dokumentationen umgehend und vor Ort (z.B. auf dem Spielplatz) erstellen können.

Bildschirme mit Touch-Screen, auf denen die Fotos der Kinder hochgeladen sind, und sich die Kinder selbst einchecken, können die klassische Raumnutzungs- und Tagesplanung digital ersetzen.

Etwas futuristischer mutet da ein Konzept an, dass in vielen Kopenhagener Kitas bereits praktiziert wird: Hier werden über digitale Check-Ins Besuchsstatistiken erstellt und so Kapazitäten und Belegschaft geplant. Für Eltern wird der Vorteil darin gesehen, dass sie ihre Kinder beim Bringen und Abholen schnell ein- und ausloggen können. Mittlerweile gibt es Apps, die so programmiert sind, dass jegliche Kommunikation zwischen Eltern und Kindergartenpersonal über die App stattfindet. Die Idee in Kopenhagen ist auch, den Eltern über die App einen genauen Einblick in den Alltag ihrer Kinder zu geben, ihnen eine bessere Verbindung zu ihrer Kindertagesstätte zu bieten – quasi live dabei zu sein. Sie erfahren so, was das Kind den Tag über erlebt hat, welche Lieder gesungen wurden, ob Ausflüge geplant sind, usw. Fotos erhalten die Eltern ebenfalls direkt.

Digitale Anwendungen zur Beobachtung und Dokumentation stellen im Prinzip nur eine Erweiterung bereits etablierter Verfahren, z.B. der klassischen PortfolioPortfolio||||| Ein Portfolio bezeichnet ursprünglich  eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Im  Handlungsfeld frühkindliche Bildung werden Portfolios beispielsweise wie "Ich- .Mappen" für Kinder genutzt um eigene Fortschritte zu dokumentieren. Auch in Studiengängen gibt es Beispiele, wo Portfolios als Prüfungsleistung oder Dokumentation von Entwicklungen zählen können. -Arbeit, dar (Bögen ausfüllen, Texte schreiben, Fotos machen, Video- und Audiodateien aufnehmen). Mit ihnen eröffnen sich neue Wege, etwa hinsichtlich der einfachen Auswertbarkeit für die pädagogische Planung auf individueller, Gruppen- oder Kitaebene oder den aktiven Einbezug von Kindern und Eltern. Die Anwendungen lassen sich prinzipiell auch mit den anderen Verwaltungsprogrammen der Kita verknüpfen. Es kann für MitarbeiterInnen eine Erleichterung sein, wenn es nur eine einzige digitale Dokumentationsplattform gibt.

Die Frage ist: Möchte man den Kita-Alltag derart transparent machen bzw. möchte man den Umstieg auf digitale Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren in diesem Maße realisieren?!

Grundsätzlich sollte eine Einrichtung überlegen, inwieweit digitale Medien im Kita-Alltag integriert und sichtbar sein sollen und ob man Eltern die Gelegenheit gibt, komplett digital am Kita-Alltag ihrer Kinder teilzuhaben. Es sollte in jedem Fall ins Gesamt-Konzept der Einrichtung passen.

Sofern Software Einzug erhält, ist es wichtig, dass die eingesetzte Technologie an den Bedarfen der Kita orientiert ist. Es gibt mittlerweile Hersteller für Sozialsoftware, die bei der Entwicklung von Apps eng mit den Benutzern zusammenarbeiten und die Apps für den sozialen Bereich nutzerorientiert programmieren.

Grundsätzlich sollte eine pädagogisch angeleitete Auseinandersetzung von Kindern mit digitalen Medien auch im frühen Alter stattfinden. Der Einsatz von digitalen Medien kann eine sinnvolle Erweiterung der Lern- und Erfahrungsräume von Kindern im Kindergartenalter darstellen. Die Fachgruppe Kita der Gesellschaft für Medienpädagogik- und Kommunikationskultur (GMK) spricht sich aufgrund der rasanten Entwicklungen unserer digitalen Gesellschaft explizit dafür aus, Medienbildung entlang der gesamten Bildungskette, und damit auch in Kita zu verankern (siehe hierzu: Positionspapier der GMK-Fachgruppe Kita vom 30.05.2017).

Es geht darum, Bildung mit und Bildung über Medien zu vermitteln. Dies sollte ganzheitlich erfolgen. Man kann Medien zum Thema machen, etwa die Medienthemen und Medienpräferenzen der Kinder aufgreifen. Das alleinige Thematisieren muss nicht unbedingt unter Einsatz digitaler Medien passieren. Man sollte den Kindern auch Wege aufzeigen, Medien kreativ zu nutzen. Auch hier müssen es nicht zwingend die digitalen Medien sein, die man für den kreativen Einsatz wählt. Es können Medien, Medieninhalte oder deren Machart sein, die in der Lebenswelt der Kinder Bedeutung haben.

Auch kann es darum gehen, die Kinder grundsätzlich für die alltägliche Mediennutzung zu sensibilisieren. Eine alltagsintegrierte, kreative Nutzung digitaler Medien (wie etwa Tablet, Digitalkamera oder WLAN-fähiger Drucker) kann Kindern Gestaltungsprozesse aufzeigen: Manche Fragen, Aufgaben, Probleme sind besser lösbar, wenn auch Tablets, Computer usw. als Werkzeug kreativ genutzt werden, z.B. zum Informieren, Kommunizieren, Analysieren, Organisieren, Planen, Dokumentieren, Rechnen oder Präsentieren.

Wie können wir z.B. herausfinden, ob sich Fische im Fluss befinden? Wir werfen eine Unterwasserkamera an einer Schnur befestigt in den Fluss. Über ein Tablet können wir dann die Unterwasser-Aufnahmen direkt nachverfolgen, es können Gegenstände vergrößert werden und wir sehen die Unterwasser-Welt, wie wir sie sonst nicht sehen könnten. Dies gibt den Kindern eine größere Neugier und einen Einblick in das, was wir können und was wir in Bezug auf Fähigkeiten nicht tun können.

Digitale Medien in das pädagogische Konzept aufzunehmen, kann in vielfältiger Weise geschehen. Mobile Endgeräte, wie Smartphone, Tablet, Laptop sind mittlerweile sehr zugänglich, sowohl für kleine Kinder als auch für pädagogische Fachkräfte – auch für ältere, die nicht mit diesen sozialisiert wurden. Technik allein schafft jedoch noch keine Pädagogik. Hier bedarf es wiederum der Orientierung, Anleitung und letztendlich eines Anstoßes der Fachkräfte.

Datenschutz überdenken – die neue DSGVO

Bei allen Überlegungen, wie man den Kita-Alltag digital gestaltet, sollte man bedenken, dass sich mitunter auch die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit erhöhen. Mit der Einführung der neuen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) stellen sich zum Teil neue Anforderungen an den Datenschutz in Kitas. Welche Daten dürfen erhoben, gespeichert und verwendet werden? Welche Anforderungen gelten beim Anlegen und Verwahren der Bildungs- und Lerndokumentation? Darf ich mit Eltern über WhatsApp kommunizieren? Was muss ich beachten, wenn ich Fotos von Kindern mache, welche Bildrechte muss ich wahren und brauche ich für jedes Foto die Einwilligung der Eltern? – Es empfehlt sich, sich zum Thema genau zu informieren. (Lesetipp: Datenschutz in Kitas)

Jede Einrichtung muss letztendlich auf allen bislang genannten Ebenen für sich entscheiden, wo eine Erhöhung des Digitalisierungsgrades erforderlich ist, wie dies in die bisherigen Praktiken integrierbar ist und wo Digitaltechnologie neue Möglichkeiten birgt, den Kita-Alltag sinnvoll auszugestalten.


INFO
Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) gilt europaweit einheitliches Recht. Auf dem Kita-Server Rheinland-Pfalz (www. kita. rlp. de) und auf der Seite des Rheinland-Pfälzischen Datenschutzbeauftragten (datenschutz. rlp. de) finden sich ein Praxisleitfaden zum Thema Datenschutz für Kitas, aber auch Empfehlungen zum Datenschutz bei Bildungs- und Lerndokumentationen in Kindertagesstätten und Musterbriefe zu Informationspflichten in der Kita.


Digitalisierung als Aufgabe der Organisationsentwicklung

Egal, wie weit der Grad an Digitalisierung in der Kita geht, sie sollte als Aufgabe der Organisationsentwicklung verstanden und wahrgenommen werden. So sollte eine genaue (technische) Ausstattungs- und Supportplanung vorgenommen werden. Es müssen Qualitätsstandards entwickelt und regelmäßig evaluiert werden. Sowohl die digitale Abwicklung von Organisation und Abläufen als auch die pädagogischen Konzepte müssen in die Trägerkonzeptionen aufgenommen werden.

Man sollte sich professionelle Unterstützung bei der Einbettung von entsprechenden Organisationsprozessen und der Etablierung von Bildungskonzepten in das bestehende Kita-Konzept holen. Entscheidend ist es jedoch, sich seine eigene Auffassung bzw. die der Einrichtung klarzumachen. Langfristig sollte die Auseinandersetzung von pädagogischen Fachkräften mit Digitaltechnologie gestärkt werden, um eine sinnvolle Einbindung digitaler Tools in den Kita-Alltag zu gewährleisten.

Durch den Einsatz von Digitaltechnologie können aber auch Spannungsfelder für fachliches Handeln entstehen, genauso wie für die Gestaltung von Rahmenbedingungen. Gerade hinsichtlich der Digitalisierung von Arbeitsprozessen stehen technische oft fachlichen Logiken gegenüber. Diese müssen zunächst aufgebrochen werden.

Fachkräften Orientierung im Digitalisierungsprozess geben

Es ist wichtig, Mitarbeiter/innen frühzeitig in die Digitalisierungsprozesse einzubeziehen und ihnen eine Orientierung für Einsatz und Umgang mit digitalen Medien an die Hand zu geben.

Digitale Medien gehören zwar zum alltäglichen Leben dazu. Aber: Digitale Medien werden im beruflichen Kontext ganz anders genutzt als im privaten. In der täglichen pädagogischen Arbeit werden sie häufig noch als große Herausforderung gesehen. Somit braucht es Richtlinien, Regeln und Konzepte, die Mitarbeiter/innen entlasten, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar regeln und fachliches Arbeiten ermöglichen.

So bedarf es der Orientierung hinsichtlich der Kommunikation mit Eltern, KollegInnen, ggf. sogar Kindern:
  • Welche Dienste und Programme dürfen genutzt werden? Sind WhatsApp, Outlook und Facebook erlaubt?
  • Nutzung privater und dienstlicher Endgeräte: Ist private Handynutzung erlaubt? Wie darf das Diensthandy verwendet werden? Wann muss ich telefonisch erreichbar sein?
  • eingesetzten Fach-Software: Wie funktioniert diese? Zu welchem Zweck wird sie eingesetzt? Wie ist sie zu verwenden?
  • Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit: überall, wo personenbezogene Daten (auch Bilder und Videos!) erhoben, gespeichert oder weitergeben werden.
  • Pädagogischen Konzepte.

Hier und sicherlich noch zu weiteren Aspekten zeigen sich Reflexionsbedarfe, die systematisch von Einrichtungsleitung und Fachkräften in den Blick genommen werden müssen. Es sollten Wege gefunden werden, wie Mitarbeiter/innen die Gelegenheit bekommen, den Digitalisierungsprozess mitzugestalten, etwa im Rahmen von Konzeptionsarbeit, bei der gemeinsam oder in Redaktionsgruppen überlegt und verschriftlicht wird. Auch wäre es denkbar, Medienbeauftragte zu bestimmen, die als Multiplikatoren ein entsprechendes Konzept erarbeiten. In jedem Fall sollte man auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit geben, das Spektrum der Möglichkeiten kennenzulernen und über deren spezifischen Einsatz mitzuentscheiden.

Auch müssen Anreize geschaffen werden, sich für das Thema zu öffnen. Man sollte Mitarbeiter/innen Gelegenheit und Unterstützung geben, sich im Thema fort- und weiterzubilden. Letztendlich sollen bislang bewährte Vorgehensweisen ebenfalls einen Platz zwischen all den anderen digitalen Bereichen verdient haben – dies muss man auch den Fachkräften vermitteln.

Fazit

Die »digitale Kita« sollte Kindern den Rahmen für ihre Entwicklung in einer digitalisierten Gesellschaft schaffen und diesen so ausgestalten, sie mit digitalen Medien experimentieren können und so Fähigkeiten im Umgang mit ihnen zu entwickeln. Fachkräfte sollen aus dem Einsatz von Digitaltechnologe ihren Nutzen ziehen – sowohl bei ihren organisatorischen als auch pädagogischen Aufgaben.



TIPP's
  • Hilfreiche Hintergrundinformationen und Beratung zu Medienbildung bieten verschiedene Institutionen, etwa die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (gmk-net.de), der Verein Blickwechsel (blickwechsel.org), die Initiative Me Ki (medienkindergarten.wien) oder die medien+bildung.com gGmbH (medienundbildung. com).
  • Über die Bildungsserver, Fachverbände und Ministerien, medienpädagogische Institutionen oder auch direkt bei Entwicklern für Sozialsoftware lassen sich nicht nur hilfreiche Informationen rund um das Thema Digitalisierung beziehen, auch bieten die Institutionen konkrete sowie passgenaue Konzepte und Beratung.


Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
KiTa aktuell ND, 2-2019, S. 44-46






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