Vom Gruppenraum zum Bildungstraum

Raumbesichtigungen finden oft im Rahmen von expertengeleiteten Inhouse-Fortbildungen zum Thema statt. Jedoch spricht nichts dagegen, einfach mal im Team die Einrichtung mit geschärftem Blick zu erkunden.


Am Anfang steht die Bestandsaufnahme


Starten wir unsere Besichtigungstour durch die Kita im Eingangsbereich, der „Visitenkarte“ einer Einrichtung. Gemeinsam analysieren wir: Wie professionell und gut überschaubar ist die Darstellung des Teams, der Elterninfos, die Transparenz der Bildungsarbeit? Ist ein roter Faden erkennbar, der die konzeptionelle pädagogische Arbeit der Kita sichtbar macht? Im Anschluss nehmen wir die übrigen Räume unter die Lupe: Gruppen-, Neben-, Differenzierungs-, Bewegungs- und Nassräume. Die pädagogischen Fachkräfte reflektieren ihre Tagesabläufe und die daraus resultierenden Bedürfnisse und Wünsche für die tägliche Bildungsarbeit (siehe Checkliste unten).
Oft macht es einem die Betriebsblindheit schwer, die Dinge richtig wahrzunehmen. Zum Beispiel ein Überangebot an Reizen durch Bastel- und Spielmaterialien. Oder fehlende Ästhetik, an die man sich im Laufe der Zeit schlichtweg gewöhnt hat. Außenstehende, neu ins Team gekommene Kolleginnen oder auch Eltern und Kita-Kinder können hier wertvolle Hinweise geben und in die Planung mit einbezogen werden.

Kleine Veränderung, große Wirkung


Folgende Beispiele zeigen, wie mit wenig Budget und vielen kreativen Ideen ein großer ädagogischer Nutzen erzielt werden kann.

Beispiel: Ordnung und Struktur

Das Prinzip von Ordnung und Struktur ist in pädagogischen Räumen eine große Unterstützung für den Tagesablauf. Es ist einerseits eine wesentliche Voraussetzung dafür, dauerhaft eine gewisse Ordnung beibehalten zu können, und andererseits, um den Kindern und Erzieherinnen eine Orientierung für ihr Spiel und ihr Handeln zu geben. Es eröffnet den Blick auf das Wesentliche, sodass dem Kind durch die Übersichtlichkeit schnell klar wird, mit welcher Beschäftigung es sich befassen möchte. Dieser Grundsatz sollte sich in der gesamten Einrichtungsplanung widerspiegeln.

Beispiel 1


Beispiel: Bildungsbereich Kunst und Gestaltung

Orte zum Malen und Gestalten sind für Kinder Orte, an denen sie ihre Spuren hinterlassen können und dürfen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ein sorgfältig ausgewähltes Umfeld für kreativen Ausdruck kann die Lust und Freude am Entdecken von Farben, Materialien und Techniken unterstützen. Auch die Auseinandersetzung mit den Gesetzmäßigkeiten der Farbharmonie, mit Kunst und Künstlern sowie mit der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten sind ein wesentliches Fundament dieses Schwerpunktbereiches

Beispiel 2


Beispiel: Bildungsbereich Bauen und Konstruieren


Kinder haben große Lust und viele kreative Ideen, die reale Welt, die sie umgibt, nachzuspielen. Sie sind sehr erfinderisch wenn es darum geht, ihrer kindlichen Fantasie freien Lauf zu lassen. Der Schwerpunktbereich Bauen und Konstruieren bietet eine Fülle von Möglichkeiten, diese „Welt“ mit Kinderaugen zu erschaffen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechend große (Bau-)Fläche und ein übersichtliches, bewusst ausgewähltes Materialangebot, das dem Entwicklungsstand der Kinder entspricht. Ein im Raum deutlich begrenzter Ort, etwa durch Podeste, ermöglicht ein ungestörtes Hantieren.

Beispiel 3



Beispiel: Bildungsbereich Lesen, Literacy, Sprache


Orte, die zum Zuhören und Betrachten motivieren und ausgewählte Literatur, übersichtlich und kindgerecht angeboten, sind ein Fundament zur Sprachbildung. Alltagsbegleitend und altersgemäß regen gute Kinderbücher die individuellen Interessen der Kinder an, eröffnen zahlreiche Fragen, vermitteln Wissen und unterstützen die Kommunikation. Vorlesen bedeutet Begegnung, ein gemeinsames Erleben, persönliche Zuwendung, Geborgenheit – und liefert ganz nebenbei ein positives Lese-Vorbild.

Beispiel 4






Checkliste Raum: In 10 Schritten zum optimierten Kita-Raum

  1. Wählen Sie einen Raum, mit dem Sie beginnen möchten. Suchen Sie einen Ort in diesem Raum, von dem aus Sie einen Gesamtüberblick haben.
  2. Lassen Sie nun alles auf sich wirken und haken Sie imaginär die Checkliste ab. Entfernen Sie alte Poster, Tesafilmstreifen, Fäden, Nägel von Decken und Wänden.
  3. Das „3-Umzugskarton-Prinzip“: Das Aussortieren kann beginnen. Stellen Sie drei Kartons bereit, bei denen Sie nun wie folgt vorgehen können: Alles was unvollständig, kaputt und nicht zu reparieren und absolut nicht mehr zeitgemäß ist, kann entsorgt werden; Was ein bis zwei Jahre nicht mehr regelmäßig für die pädagogische Arbeit genutzt wurde, werden Sie auch zukünftig nicht mehr brauchen; Saisonartikel, Spiele, Materialien die regelmäßig ausgetauscht werden, legen Sie in den dritten Karton.
  4. Nun haben Sie mehr Platz. Werden Schränke / Regale überflüssig? Wenn ja, können Sie den Raum nun neu gestalten.
  5. Haben alle Aktionsbereiche den optimalen Ort im Raum? (zum Beispiel Malen in Fensternähe, Bauen braucht viel Platz)
  6. Können Arbeitsplätze durch Arbeitsplatten oder Fensterbänke ergänzt werden? Vielleicht benötigen Sie im Raum nun weniger Tische oder Stühle.
  7. Erkennen sie im Raum eine Farbharmonie? Orientieren Sie sich an nicht veränderbaren Farben beispielsweise an Bodenbelag, Fenster- und Türrahmen, Mobiliar und passen Sie die übrigen Farben an.
  8. Planen Sie Zusatzbeleuchtung ein, wenn die Leuchtstofflampen keine angenehme Lichtatmosphäre erzeugen.
  9. Nun sind Sie schon weit fortgeschritten. Widmen Sie sich jetzt den Prinzipien von Ordnung und Struktur.
  10. Schaffen Sie eine vorbereitete Umgebung für die Kinder, in der die Aufforderung zur Neugierde und zum anregenden Spiel gegeben wird





Zum Weiterlesen:

  • Silke Schönrade: Kinderräume, Kinderträume... Oder wie Raumgestaltung im Kindergarten sinnvoll ist. Borgmann, 2012


Erstveröffentlichung in: Meine Kita – Das didacta Magazin für den Elementarbereich, Ausgabe 3/15, S. 10-13. Übernahme mit feundlicher Genehmigung von "Meine KiTa"


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