Sozialdidaktik und Lehrplanentwicklung - ein Vortrag

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist gemeint, wenn von Sozialdidaktik die Rede ist?
  2. Rückblick in Niedersachsen
  3. Schlussfolgerungen
  4. Was können Schulen beitragen?
  5. Ausblick
  6. Literatur

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Was können die Schulen zur Erfüllung dieser Aufgabe beitragen?

 

Wenn hier von „den Schulen“ die Rede ist, sind natürlich die Lehrerinnen und Lehrer gemeint, die in den sozialpädagogischen Ausbildungsgängen tätig sind und/oder als Fachleiterin Referendare ausbilden, in der Fachberatung arbeiten, Fortbildungen leiten, Arbeitskreise besuchen, curricular in Kommissionen mitarbeiten usw. usw. Ihr eigenständiger Beitrag zur Didaktikdiskussion ist wichtig, weil Didaktik – wie schon gesagt - keine Wissenschaft im Elfenbeinturm ist. Die Praxis der  Ausbildung in Form des Unterrichts sowie der praktischen Phasen in den elementar- und sozialpädagogischen Einrichtungen -  ist von Theorie durchdrungen - und didaktische Theorie schließt die Praxis ein.

„Eine Praxis ohne Theorie kann es nicht geben. Aber insbesondere Theoretiker in der Lehrerausbildung müssen erkennen, dass die Verfügbarkeit von Theorien eine wichtige, aber nicht schon hinreichende Bedingung für das Gelingen einer dieser Theorie entsprechenden Praxis ist“ (Dubs 2010, S.120).

Es gibt in Deutschland in der Didaktikentwicklung eine gute Tradition, das Zusammenspiel von Schule und Hochschule in Schul- und Modellversuchen zu realisieren. Wissenschaftler lernen dabei viel von Lehrern und umgekehrt.  

 

Worin besteht nun der konkrete Beitrag der Schulen zur Weiterentwicklung der Didaktik?  

Hier können nur einige wenige Aspekte angerissen werden. Ein erster Beitrag rührt daher, dass die Schulen die sozialpädagogische Praxis kennen. Lehrkräfte denken die sozial- und elementarpädagogische Praxis nicht nur mit, sie besuchen sie regelmäßig im Rahmen der praktischen Ausbildung oder im Kontext der Lernortkooperation. Lehrerinnen und Lehrer erfahren also unmittelbar, welche Anforderungen das Berufsfeld an die Ausbildung stellt – oder bekommen dies von sozialpädagogischen Fachkräften sehr deutlich mitgeteilt. So werden Nachholbedarfe bezüglich der Persönlichkeitsentwicklung oder des Bezugs zur Praxis nicht selten als Forderung geäußert. Häufig verfügen Lehrkräfte zudem aus ihren vorschulischen Tätigkeiten über fundierte Praxiserfahrung.

Das Wozu und Was der Lernprozesse, also die Ziele und Inhalte der Ausbildung, erhalten damit wesentlichen Praxisbezug. Wichtig ist nun, dass dieses Wissen nicht implizit bleibt, sondern theoretisch rekonstruiert wird und über eine kritische Erörterung zur Konstruktion einer gelingenden didaktischen Modellbildung beiträgt. Der Akteur, der die Theoriekompetenz zur Verfügung stellen kann, ist vor allem die Wissenschaft.

In ähnlicher Arbeitsteilung kann Schule viel beitragen als Ort praxisorientierter Diskussion und Reflexion didaktischer Prinzipien und Modelle – welche didaktischen Konzepte und Grundsätze sind unterrichtstauglich? Unter den gegebenen Rahmenbedingungen machbar? Für „unsere“ Schüler geeignet? In „unserer“ Region gewünscht? Schule wird damit zu einem Ort wirkungsvoller Operationalisierung allgemeiner Modellvorstellungen – Didaktische Modelle und didaktische Prinzipien neigen ja manchmal durchaus zur Allgemeinheit und Praxisferne.

Schulen sind aber auch Orte neuer Fragen und Impulse – sie können didaktische Entwicklungen anstoßen und einfordern. Zunehmend mehr wird Unterrichtsevaluation praktiziert. Dazu gehören unter anderem auch Rückmeldungen der Praxiseinrichtungen und der Schülerinnen und Schüler. Sie gilt es aufzunehmen und in die didaktische Entwicklung zu integrieren. Die LAG der FSP in Niedersachsen ist ebenfalls ein starker Akteur, der immer wieder didaktische Fragen kritisch diskutiert – hier ist etwa zu denken an die Einführung der Lernfelder, die auf den Treffen der LAG zu hitzigen Debatten geführt hatte.

Und last but not least - die Lehrkräfte der sozialpädagogischen Schulen verfügen über ein vielfältiges methodisches Wissen und Können, das sozialpädagogisch stimmig ist. Aus den einzelnen beruflichen Biografien bzw. aus persönlichem Interesse hervorgehend gibt es eine teilweise intensive Auseinandersetzung mit sozialdidaktisch fruchtbaren Ansätzen und Konzepten der Lehr-Lernprozessgestaltung. An vielen Stellen existieren gute sozialdidaktisch begründete  Ansätze, die der Persönlichkeitsentwicklung oder dem doppelten pädagogischen Bezug Rechnung tragen. Schulen sind daher Orte von best practice – von praktizierter guter SozialdidaktikSozialdidaktik|||||Sozialdidaktik  ist eine eigenständige Didaktik zur professionelle Ausgestaltung von Lehr- und Lernzusammenhängen in sozialpädagogischen Ausbildungsberufen,  die auf dem Kontext von sozialem und pädagogischen Denken, Konzipieren und Handeln basieren.. Diese Ansätze gilt es zu erfassen, zu analysieren, zu reflektieren, zu evaluieren, zu systematisieren, auf eine Konzept- bzw. Modellbasis zu stellen, dann wieder auszuprobieren und empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden. zu überprüfen… was wiederum Aufgabe der Wissenschaft ist.

Die Schulpraxis kann Wesentliches zur Didaktikdiskussion beitragen und die Theorieauseinandersetzung muss diesen Beitrag aufnehmen. Es sei noch einmal an das sozialdidaktische Prinzip erinnert: „Die theoretische Ausbildung hat von den Problemlösungen sozialpädagogischer Praxis auszugehen“  - auf den vorliegenden Zusammenhang angewandt: Die Theorieauseinandersetzung über gute Didaktik hat von den Problemlösungen unterrichtlicher Praxis auszugehen.