Sozialdidaktik und Lehrplanentwicklung - ein Vortrag

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist gemeint, wenn von Sozialdidaktik die Rede ist?
  2. Rückblick in Niedersachsen
  3. Schlussfolgerungen
  4. Was können Schulen beitragen?
  5. Ausblick
  6. Literatur

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Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für eine SozialdidaktikSozialdidaktik|||||Sozialdidaktik  ist eine eigenständige Didaktik zur professionelle Ausgestaltung von Lehr- und Lernzusammenhängen in sozialpädagogischen Ausbildungsberufen,  die auf dem Kontext von sozialem und pädagogischen Denken, Konzipieren und Handeln basieren.?

Es gilt festzustellen, dass den Lehrplänen für die Erzieherausbildung in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche didaktische Grundrichtungen und Konzepte zugrunde lagen bzw. liegen. Eine dezidierte Orientierung an den Prinzipien der Sozialdidaktik bzw. deren auch bis in die Gegenwart hinein zunehmende Implementierung in den Richtlinien fehlt allerdings, wobei vor allem das Lernfeldkonzept trotz seiner Spielräume für sozialdidaktische Überlegungen als ein Rückschritt gegenüber den Rahmenrichtlinien von 1998 verstanden werden kann. Der von Dittrich und Krüger erhobene Anspruch auf einen „eigenständigen Ansatz in der Ausbildung für soziale Berufe“  hat bisher in Niedersachsen keinen nachhaltigen Eingang in die Lehrplanentwicklung gefunden – eine Berufsfelddidaktik Sozialpädagogik existiert bisher nicht, zumindest nicht in ausformulierter Form und ist auch in der bundesweiten Diskussion über die Erzieher- bzw. Erzieherinnenausbildung nicht in Sichtweite.

Die Stichworte und die Konzepte werden von der allgemeinen Didaktik, der Schuldidaktik und der Berufspädagogik vorgegeben. Nun ist es nicht schlecht, von anderen zu lernen. Aber was benötigt wird, ist ein eigenes didaktisches Profil, weil die berufliche Tätigkeit einer Erzieherin bzw. elementar- und sozialpädagogischer Fachkräfte eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt (siehe Karsten 2003, Küls 2009). Didaktische Schlussfolgerungen finden sich dazu bisher nur in einigen konzeptionellen Ansätzen.

Nun ist es kein Geheimnis, dass didaktische Innovationen nicht allein von Lehrplänen ausgehen. „Untersuchungen der letzten Jahrzehnte haben erbracht, dass die Orientierung an neuen Lehrplänen außer bei grundsätzlich innovationsinteressierten Lehrern nur bei Berufsanfängern, beruflichen Wiedereinsteigern und im Falle von Unterrichtsvisitationen groß ist.“ (Wiater 2006, S. 177) Das mag etwas ernüchtern. Aber die curricularen Entwicklungen in Niedersachsen wurden von den Lehrkräften zum Beispiel im Rahmen der Treffen der LAG (Landesarbeitsgemeinschaft der Berufsfachschulen Sozialassistent/in und der Fachschulen für Sozialpädagogik in Niedersachsen http://www.lagderfsp.de) durchgehend kritisch begleitet, diskutiert und immer wieder auch in der Lehr-Lernprozessgestaltung erprobt. In den Schulen gab und gibt es darüber hinaus viel mehr sozialdidaktische Kompetenz und Ideenreichtum als dieser Überblick vermuten lässt, d.h. dort ist sehr viel mehr angekommen, als über Lehrpläne und den zugehörigen Fortbildungen und Dienstbesprechungen kommuniziert wurde. Was allerdings fehlt, ist eine „offizielle“ bzw. „offiziell vertretende“ und sich in Lehrplänen widerspiegelnde Fachdidaktik als Berufswissenschaft für Lehrerinnen und Lehrer in der Ausbildung sozialer Berufe.

 

Was brauchen die Schulen bzw. welche didaktische Aufgabe ergibt sich daraus?

Das liegt natürlich auf der Hand: und lässt sich kurz und knapp formulieren: es wird eine Fachdidaktik benötigt oder genauer eine Berufsfelddidaktik Sozialpädagogik – eine solche könnte man dann „Sozialdidaktik“ nennen. Gefordert ist ein didaktisches Modell, dass für das Feld sozial- und elementarpädagogischer Ausbildung wissenschaftlich reflektierte und praxistaugliche Aussagen macht und – da ist der Bezug zu  Jank und Meyer wieder sinnvoll  – systematisch zu den Fragen Stellung bezieht, wer, was, von wem, wann, mit wem, wo, wie, womit und wozu lernt (Jank/Meyer 2002, S.16ff).

Eine solche Berufsfelddidaktik Sozialpädagogik muss handlungsleitend sein für die Lehr-Lernprozessgestaltung in den Schulen und muss das Handeln dort kritisch reflektieren helfen. Und sie muss der Ausbildung der Lehrkräfte im sozialpädagogischen Bereich in der ersten und zweiten Phase – also an Hochschule und im Seminar - zugrunde gelegt werden. Dazu müssen verständliche und hinreichend operationalisierte Aussagen und Bedingungszusammenhänge vorliegen. Was gebraucht wird, ist ein in sich stimmiges didaktisches Konzept, das es zu entwickeln gilt. 

Dazu sollen noch einmal die didaktischen Prinzipien aufgezeigt werden, die als Grundlage für eine weitere Konkretisierung und Konzeptionalisierung einer Sozialdidaktik dienen können. Mit ihrer Hilfe sind, wie schon gesagt, die Inhalte, Ziele und Methoden des Unterrichts bzw. der Ausbildung am Lernort Praxis auszuwählen, zu analysieren und zu integrieren. 

  1. Integrale Persönlichkeitsentwicklung, die den Lernprozess in der Ausbildung sinnkonstruierend gestaltet => Persönlichkeitsorientierung
  2. Die theoretische Ausbildung geht von den Problemlösungen sozialpädagogischer Praxis aus => Situationsorientierung
  3. Doppelter pädagogischer Bezug (Interaktion in der Schule als Modell und Reflexionsgrundlage für die pädagogische Interaktion im Beruf) => Interaktionsorientierung

 

Alles selbstverständlich, denken wir – und doch ist es nicht systematisch in unserem didaktischen Denken verankert.

Diese drei Prinzipien gilt es, unterrichts- und  praxisorientiert weiterzuentwickeln. In Niedersachsen sind die Lehrkräfte teilweise noch dabei, das Lernfeldkonzept umzusetzen und das mit Bauchschmerzen. Diese Bauchschmerzen sind begründet in dem, was daran problematisch erscheint und an anderer Stelle hinreichend diskutiert wurde. Das Lernfeldkonzept enthält aber auch sinnvolle und begründete Aspekte und kann einen sinnvollen Rahmen darstellen. Es muss allerdings erweitert werden um die dargestellten sozialdidaktischen Prinzipien (siehe Küls 2009).

Eine solche Sozialdidaktik ist nicht nur auf die Schulen beschränkt – sie ist auch in Studiengängen der Elementar- oder Frühpädagogik an Hochschulen gefordert. Auch dort muss eine gute Didaktik realisiert werden. Sie ist im Übrigen auch DQR-fähig. und lässt sich ebenfalls in Modularisierungskonzepten umsetzen. Sie ist relativ unabhängig vom institutionellen oder organisatorischen Rahmen.