Praxisanleitung von Erzieher*innen und Heilerziehungspfleger*innen

Qualitätsaspekte und Rahmenbedingungen für eine qualifizierte Anleitung

Eine qualifizierte Praxisanleitung von Auszubildenden ist ein wichtiger Baustein für gelingende Lern- und Lehrprozesse in der Berufspraxis und somit ein Qualitätsaspekt.

Zu einer fundierten Ausbildung gehören neben den schulischen Inhalten die fachpraktischen Anteile. Damit in der Praxis bestmöglich gelernt werden kann, bedarf es einer kompetenten Begleitung in der Praxis durch erfahrene pädagogische Fachkräfte, die mit Engagement und Interesse die Praxisanleitung von Auszubildenden übernehmen.

Die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stellen - neben dem Feld der Eingliederungs-hilfe, in dem in erster Linie die Heilerziehungspfleger(inne)n ausgebildet werden - einen elementaren Bestandteil in der Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte dar.

Im Rahmen der fachpraktischen Ausbildung vor Ort sind die Rahmenbedingungen sowie Vereinbarungen und Vorgaben der ausbildenden Fachschule unbedingt zu berücksichtigen. Diese basieren auf den Ausbildungsverordnungen des jeweiligen Bundeslandes. Neben der klassischen Ausbildungsform besteht die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten praxisintegrierten Ausbildung (PiA), eine dreijährige fachschulische Ausbildung in Verbindung mit einer vergüteten Anstellung in einer sozialpädagogischen Einrichtung zu absolvieren. Das klassische Anerkennungsjahr wird in dieser Form aufgelöst und als berufspraktischer Teil in die Gesamtausbildung integriert. Die Vergütung kann je nach Anstellungsträger und Ausbildungsjahr unterschiedlich ausfallen. Die Praxis- und die Unterrichtszeiten der herkömmlichen Ausbildung - einschließlich Berufsanerkennungsjahr - sind in der praxisintegrierten Ausbildung in die drei Ausbildungsjahre integriert. Daher stammt die Bezeichnung praxisintegrierte Ausbildung. Sie wurde von zwei Fachschuljahren auf drei Jahre aufgeteilt. Dabei entsprechen die Lehrplaninhalte und die Stundentafel der herkömmlichen Fachschulausbildung. In manchen Bundesländern, z.B. Berlin und Hamburg, werden die Ausbildungen zur/zum staatlich anerkannte/n Erzieher/in oder Heilerziehungs-pfleger/in auch im Rahmen einer verkürzten zweijährigen Ausbildungsform angeboten.

Anforderungsprofil Praxisanleitung

Die Anleitung von Auszubildenden ist eine abwechslungsreiche, spannende und durchaus herausfordernde Aufgabe, die viel Zeit und Engagement erfordert. Neben einer guten Fachkompetenz ist das Wissen um die Phasen in der fachpraktischen Ausbildung mit den zugehörigen Lernaufgaben grundlegend. Zusätzlich kommt dem pädagogisch-psychologischen Aspekt und den kommunikativen Fähigkeiten eine ausschlaggebende Rolle zu, um den Lehr- und Lernprozess für alle Beteiligten erfolgreich zu gestalten (Hartung. In: Kita spezial.2.2023, S. 13).
Als Praxisanleitung übernehmen Sie die Verantwortung für die Qualität in der Fachpraxis: Sie setzen Lernziele und begleiten und fördern stetig Lernprozesse. Zudem sichern Sie den Lerntransfer zwischen Theorie und Praxis und leiten die Auszubildenden zur kritischen Reflexion und Einschätzung sowie zum Ausbau der eigenen Kompetenzen an.

Da es keine bundeseinheitlichen Vorgaben zu Anforderungsprofilen für Praxisanleitungen gibt, bestehen in den Bundesländen unterschiedliche Richtlinien. In allen Bundesländern wird für die Praxisanleitung ein (sozial)pädagogischer Beruf mit staatlicher Anerkennung vorausgesetzt. Darüber hinaus gibt es weitere Qualifikationsanforderungen: Die geforderte Berufserfahrung umfasst inzwischen mehrheitlich mindestens zwei Jahre (13 Bundesländer). Bayern fordert eine mehrjährige, Schleswig-­Holstein eine „umfangreiche“ Berufserfahrung. Elf Bundesländer verweisen auf eine Weiterbildung zur Anleitungsqualifizierung. In den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Bremen, Saarland und Sachsen ist die Teilnahme daran für Praxisanleitende obligatorisch. In Thüringen läuft ein entsprechendes Modellprojekt. In weiteren sechs Bundesländern sollen vorrangig Fachkräfte mit Weiterbildung eingesetzt werden. Dazu gehören Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. (Barbarino, B./ Nachtigall, C. (12.2023). In: Deutsches Jugendinstitut e.V., S. 4f).

Laut Rahmenlehrplan haben die Praxisstellen sicherzustellen, dass den Auszubildenden „Fachkräfte zur Seite stehen, die über eine mindestens zweijährige einschlägige Berufserfahrung als Erzieherin bzw. Erzieher verfügen, die für die Anleitung qualifiziert sind und zur Wahrnehmung der Ausbildungsaufgaben hinreichend Zeit zur Verfügung gestellt bekommen“ (KMK.2020, S.16).

Die Entwicklung einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz ist auf kontext-bezogene, praktische Erfahrungen und auf ein systematisiertes Lernen in der Praxis angewiesen (KMK.2020, S.15), welche den Auszubildenden Lernerfahrungen ermöglichen, die in besonderer Weise die Entwicklung ihrer beruflichen Identität anregen. Dies setzt ein beständiges Interesse voraus, den Auszubildenden Wissen anzubieten, sie zum Nachdenken anzuregen sowie eigene Reflexionsprozesse zu unterstützen. Dabei ist die Persönlichkeit der Praxisanleitung das wichtigste Medium der Vermittlung (Hartung, 8.2023, Teil 1, S.1).

„Dem Lernort Praxis kommt eine zentrale Stellung bei der ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   von Fachkräften zu. Der pädagogische Berufsalltag zeichnet sich in hohem Maße durch wechselnde, neue, unvorhersehbare, nicht planbare Herausforderungen aus. Um die dazu notwendigen Einstellungen und Handlungskompetenzen zu erwerben, ist vor allem Praxiserfahrung notwendig. Deshalb sind Erfahrungen der verschiedenen Arbeitsfelder ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung der Fachkräfte. Dabei kommt der Qualität der konkreten pädagogischen Arbeit in der Einrichtung eine ebenso wichtige Bedeutung zu wie die der Praxisbegleitung “ (KMK.2020, S.15).

Die Verzahnung von Theorie und Praxis sowie die Unterstützung und kontinuierliche Begleitung der Auszubildenden bei der Entwicklung einer professionellen pädagogischen Handlungskompetenz, stellt Fachkräfte, die mit der Aufgabe der Praxisanleitung betraut sind, vor eine Reihe von Herausforderungen. Sie sind mit unterschiedlichen Praktikums- und Ausbildungsformen konfrontiert, die sich in Struktur, Form und Zielsetzung voneinander unterscheiden. Im Rahmen der Praxisanleitung ist es zudem grundlegend, sich auf verschiedene Persönlichkeiten, Alters- und Zielgruppen einzulassen sowie auf den Lehr- und Lernprozess innerhalb der aufeinander aufbauenden Praxisphasen. Zusätzlich ist es erforderlich, die unterschiedlichen curricularen Anforderungen an die fachtheoretische wie auch fachpraktische Ausbildung zu kennen und zu beachten (Hartung, 8.2023, Teil 1, S.2).

Pädagogische Fachkräfte in den Feldern der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe sind gefordert, ihre Kompetenzen stets weiterzuentwickeln und auszubauen. Es ist wichtigdass sie über eine professionelle Haltung und Wissen verfügen, die eine Entfaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen sowie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern und Angehörigen ermöglicht. Gleichzeitig bestehen die Themen Inklusion, Kinderschutz, Prävention, Partizipation sowie Heterogenität und Vielfalt. Hierzu gehört das Wissen um die eigenen Rechte eines jeden Menschen, das Erleben von Beteiligung in persönlichen Angelegenheiten sowie das Recht auf Beschwerde und Selbstvertretung. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass sich alle Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe öffnen für ein inklusives Arbeiten. Mit dem am 09. Juni 2021 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurden umfassende Änderungen im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) beschlossen. Die Reform bündelt staatliche Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren in drei Stufen. Die 3. Stufe steht zur Umsetzung eines inklusiven SGB VIII steht zum 01.01.2028 an.
Das in diesem Kapitel aufgeführte Anforderungsprofil nebst den ausgeführten Entwicklungen im Gesamtfeld der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe verdeutlicht, dass die Praxisanleitung neben einer umfassenden Berufspraxis ebenso Kenntnisse der arbeitsfeld-spezifischen Änderungsprozesse aufweisen sollte.

Erfolgsfaktoren für die Anleitungspraxis

Möchte man Erfolgsfaktoren für die Ausbildungspraxis beleuchten, ist ein Fokus auf alle am Ausbildungsprozess Beteiligten zu richten. Eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf stellt eine sorgfältige und vorausschauende Personal- und Organisations-planung von Einrichtungs- und Trägerseite dar. In dieser Planung ist unbedingt zu berücksichtigen, welches Ausbildungs- und vorliegt, weil die Zeiten der Praxisanleitung auf diese Tage auszurichten ist. Die Erarbeitung eines institutionellen Ausbildungskonzeptes bietet einen verbindlichen Rahmen sowie Transparenz und Orientierung für alle Mitarbeitenden und stellt einen Qualitätsaspekt dar. Einige Einrichtungen haben bereits Ausbildungs- und Einarbeitungskonzepte im Rahmen des Qualitätsmanagements integriert. Wichtig ist hierbei, dass Änderungen kontinuierlich einfließen können.
Ein Ausbildungsplan ist ein hilfreiches Arbeitsmittel, um die Kompetenzentwicklung von Auszubildenden im Rahmen des Anleitungsprozesses zu erfassen. Die Reflexion und Bearbeitung des Ausbildungsplans sollte Bestandteil der regelmäßig stattfinden Praxis-gespräche sein, damit die zunehmenden Kompetenzen sowie die noch auszubauenden Fähigkeiten zusammen übersichtlich und transparent reflektiert und bearbeitet werden können.

Praxistipp: Sind die Aufgaben im Ausbildungsplan den Phasen und Praxisjahren zugeordnet sowie nach Lern- bzw. Kompetenzfeldern gegliedert, werden die Übergänge zwischen den Praxisphasen deutlich. Somit können die Entwicklungsprozesse transparent von Praxisanleitung und Auszubildenden gemeinsam reflektiert, besprochen und ausgewertet werden (Hartung. In: Kita spezial.2.2023, S. 14).

Die Evaluationsdaten des Bundesprogramms Fachkräfteoffensive haben belegt, dass konstruktive und enge Kooperationen zwischen den Fachschulen und den Praxiseinrichtungen zur Zufriedenheit mit der praxisintegrierten Ausbildung beitragen und somit einen wichtigen Gelingensfaktor darstellen (vgl. Weltzien u.a. 2021, S.13). Die Fachschulen sollten zu Beginn des jeweiligen Ausbildungsjahres eine Jahresplanung herausgeben, der die Termine bzw. Zeiten für Praxisbesuche oder Prüfungsphasen zu entnehmen sind, damit in der Praxis vorausschauend geplant werden kann. Die für die Praxisanleitung Verantwortlichen sollten in den Fachschulen unbedingt Rückmeldungen zur Zusammenarbeit zwischen Fachpraxis und Fachschule geben.

Weitere Aspekte für erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse während der fachpraktischen Ausbildung in der Praxiseinrichtung sind neben einem positiven Betreuungsverhältnis zwischen Praxisanleitung und Auszubildenden, eine ausreichende Anleitungszeit für regelmäßige Praxisgespräche sowie eine Anleitungsqualifizierung durch eine qualitativ hochwertige und praxisbezogene Fortbildung. Neben den klassischen Anleitungsthemen wie Anforderungsprofil, Grundlagen & Rahmenbedingungen, Aufgaben und Verantwortung der am Lehr- und Lernprozess Beteiligten, Praxisphasen, Praxisgespräche, Kooperation von Fachpraxis und Schule, Rolle(n) von und Erwartungen an Praxisanleitung, Anleitungsstile, Bewertung und Beurteilungen sowie Gesprächsführung sollte in der Fortbildung ein angemessener Raum für Selbstreflexion gegeben sein (Hartung. In: Kita spezial.2.2023, S.15).Die Praxisanleitung sollte unbedingt selbst eine stete Reflexion des pädagogischen Selbstverständnisses vornehmen und über Grundlagen der Gesprächsführung und Strategien zur Konfliktlösung verfügen, um auch heikle Themen zeitnah, konstruktiv und lösungsorientiert ansprechen und klären zu können.

Praxistipp: Fachkräfte, die mit der Begleitung von Auszubildenden betraut sind, sollten Raum für Reflexion und Austausch mit anderen Praxisanleitungen haben und nutzen. Trägerintern kann dies zunächst im Rahmen einer Inhouse-Qualifizierung erfolgen. Anschließend bieten sich moderierte, kontinuierliche Treffen an, um eine Vernetzung von Praxisanleitungen zur gegenseitigen Beratung und Reflexion sowie zur Erarbeitung von Standards zu ermöglichen.

Phasen in der Ausbildung

Eine Ausbildung lässt sich grundsätzlich in die nachfolgend aufgeführten Praxisphasen gliedern. Diese Phasen sind oft nicht exakt voneinander zu trennen, weil die Übergänge fließend verlaufen. Jede Phase sollte mit einem Reflexions- und Bilanzierungsgespräch zwischen der Praxisanleitung und der/dem Auszubildenden abgeschlossen werden (Hartung, 8.2023, Teil 2, S.1).

Orientierungs- und Einarbeitungsphase
Die Dauer der Orientierungs- und Einarbeitungsphase beträgt im Berufsanerkennungsjahr (Berufspraktikum) ca. 1-2 Monate. In der praxisintegrierten Ausbildung ist die Phase entsprechend dem Stand der Auszubildenden zu verlängern und ist innerhalb des ersten Ausbildungsjahres abzuschließen. Dabei sind die Häufigkeit der Praxistage, die beruflichen Vorerfahrungen und die Lebenserfahrungen zu berücksichtigen. Die Praxisanleitung sollte deutlich formulieren: „Ich bin dazu beauftragt, dich anzuleiten und verantwortlich für dich.“
In dieser Phase gibt die Praxisanleitung Hilfestellungen und Anregungen. Fragen und Herausforderungen werden gemeinsam erörtert und gelöst. Es erfolgt die Klärung der Aufgabenstellungen und Tätigkeitsbereiche, die von den Auszubildenden übernommen werden können und sollen. Zudem finden Reflexionen und erste Auswertungen statt (Hartung, 8.2023, Teil 2, S.1f).

In der ersten Phase der Ausbildung findet im Regelfall ein Anleiter-Treffen in der Fachschule statt. Daran sollte die Praxisanleitung unbedingt teilnehmen , um wichtige Informationen zu erhalten und Fragen stellen zu können.

Praxistipp: Um die Form der gemeinsamen Zusammenarbeit und die Verbindlichkeit im Anleitungsprozess gemeinsam zu erörtern und zu fixieren, ist ein schriftlicher Kontrakt zur Anleitung zwischen Praxisanleitung und der/dem Auszubildenden zielführend. Dieser Kontrakt sollte gleich zu Beginn der Ausbildung gemeinsam geschlossen werden.

Erprobungs- und Vertiefungsphase
Die Erprobungs- und Vertiefungsphase beginnt in etwa im dritten Monat des Berufsaner-kennungsjahres und sollte bis max. zum neunten Monat andauern. Im Rahmen der praxis-integrierten Ausbildung ist diese Phase wesentlich später anzusetzen sowie adäquat zu verlängern. Zu Beginn dieser Phase steht zunächst das Erproben im Vordergrund. Der Arbeitsalltag ist bekannt und die betreuten Kinder, jungen Menschen und Teamkolleg(inn)en können klarer eingeschätzt werden. Daraus resultiert im Normalfall, dass die Auszubildenden selbstsicherer werden und ein zunehmendes Autonomiebestreben einsetzt Mit der weiteren Verselbständigung und Professionalisierung kommt es nicht mehr nur darauf an, dass die Auszubildenden Aufgaben angehen und zu Ende bringen. Es geht vielmehr darum, die Aufgaben korrekt und kompetent zu erledigen. In der Vertiefungsphase sollten die Auszubildenden zudem an das Dokumentieren herangeführt werden“ (Hartung, 8.2023, Teil 2, S.2).
In dieser Ausbildungsphase wird das Aufgabenfeld folglich stetig erweitert und es sollte eine zunehmende selbstständige Erledigung spezieller begrenzter Aufgaben erfolgen. Dies erfordert regelmäßige Reflexionen des Selbstverständnisses im beruflichen Handeln.

Verselbständigungsphase
Die Verselbständigungsphase setzt voraus, dass Auszubildende eine gewisse professionelle Festigung erfahren haben, um vorausschauend zu arbeiten, Situationen fachlich einschätzen und pädagogische Interventionen begründen zu können. Bei vielen Auszubildenden erreichen wir die Phase erst in Richtung Abschluss, manche sind bereits früher an diesem Punkt. Es greifen mehrere ausschlaggebende Facetten ineinander: Hierzu zählen an erster Stelle die Persönlichkeitsreife der auszubildenden Person, kombiniert mit Selbstsicherheit, Lernbereit-schaft und Reflexionsfähigkeit. Eine weitere Rolle spielen die erfahrene Lernumgebung und die vorhandenen Rahmenbedingungen in der Praxiseinrichtung. Diese wiederum sind in Verbindung mit dem Lern- und Anleitungsprozess zu betrachten. In dieser letzten Phase wandelt sich Anleitung in Richtung Beratung. Die Auszubildenden arbeiten überwiegend selbständig. Ein weiterer Faktor geht von der Fachschule und der Art und Weise der Verzahnung und Kooperation mit der Praxiseinrichtung aus.

Ausgangsbasis der Verselbständigungs- und Professionalisierungsphase ist der Anspruch, dass die Auszubildenden mit Abschluss der Ausbildung in der Lage sein müssen, eine Gruppe eigenverantwortlich führen zu können (Hartung, 8.2023, Teil 2, S.2). Das setzt voraus, dass die Auszubildenden den Überblick über die Gesamtgruppe halten sowie die eigenständige Durchführung von komplexen Aufgabenstellungen bewältigen können.

Abschlussphase
In der letzten Phase der Ausbildung erfolgt die abschließende Gesamtauswertung des Lernprozesses. Die Art der Abschiedsgestaltung hängt davon ab, ob ein/e Auszubildende/r in der Organisation verbleibt oder im Anschluss an die Ausbildung ein Gruppen- oder Einrichtungswechsel stattfindet. Die Auszubildenden erhalten ein Abschlusszeugnis, welches von der Praxisanleitung (vor-) formuliert werden kann. Die Endversion liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Leitung bzw. des Trägers.

Die Praxisgespräche

Die Praxisgespräche zwischen Praxisanleitung und Auszubildenden sind der Kernpunkt des gemeinsamen Lehr- und Lernprozesses. Sie sind regelmäßig durchzuführen, damit ein kontinuierlicher gemeinsamer Lehr- und Lernprozess gewährleistet ist und regelmäßiges gegenseitiges Feedback erfolgen kann. Bezogen auf Gespräche in emotional belastenden Situationen ist besonders wichtig, dass die Praxisanleitung zuhören kann, Geduld aufbringt sowie als Vertrauensperson fungiert und Mut zuspricht.
Durch diese Gespräche sollen Auszubildende stets erfahren,
  • was bereits gut läuft und auf diesem Niveau zu halten ist,
  • was ist - bzw. welche Bereiche sind - noch auszubauen bzw. zu entwickeln und
  • was unbedingt zu verändern ist.

In den Gesprächen sind die eigene Haltung und das Selbstverständnis der Berufsrolle grundlegend. Um effektive und zielführende Reflexionsprozesse durchführen zu können, sollte das Verhältnis geprägt sein von Wertschätzung, gegenseitigem Vertrauen, Akzeptanz und Ehrlichkeit (Hartung, 8.2023, Teil 2, S.3).

Fazit

Die Anleitungsaufgabe wird immer von berufsspezifischen Prägungen und persönlichen Rollendefinitionen bestimmt sein. Daher ist die kontinuierliche Reflexion eine Grundbedingung, um einen konstruktiven Umgang miteinander und mit sich selbst in einer Situation des praktischen Lehrens und Lernens zu gewährleisten.

Praxisanleitung beansprucht zeitliche und fachliche Ressourcen. Deshalb sollte diese anspruchsvolle Aufgabe institutionell vorbereitet und in den Arbeitsalltag eingebettet werden.

Zudem sind die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen, der Leitung und des Trägers grundlegend, um die Anleitungsaufgaben gut durchführen zu können.

Der Einsatz lohnt sich in jedem Fall, denn mit einer qualifizierten Anleitung von Auszubildenden tragen Sie dazu bei, deren Fachlichkeit auszubauen und zu stabilisieren. Damit geht ein wichtiger Qualitätsaspekt für alle sozialpädagogischen Einrichtungen einher. Und bestenfalls gewinnen Sie durch Ihre erfolgreiche und kompetente Anleitung eine engagierte Fachkraft, die Sie im Rahmen des gemeinsamen Lern- und Lehrprozesses bereits kennen und schätzen gelernt haben (Hartung. In: Kita spezial.2.2023, S. 17).



Erstveröffentlichungen (Ursprungsfassungen):
  • Hartung, M. (2023): Relevanz von qualifizierter Anleitung während der Ausbildung - Aufgaben, Themenkomplexe und Herausforderungen qualifizierter Anleitung. In: Kita spezial. S. 13-17. Ausgabe 2.2023. Personalpolitik/Qualifizierte Anleitung von Auszubildenden. Carl Link Verlag. Abrufbar bei Wolterskluwer: https://www.wolterskluwer.com/de-de/expert-insights/anleitung-waehrend-der-ausbildung
  • Hartung, M. (8.2023) Die Relevanz qualifizierter Anleitung während der Ausbildung – Aufgaben, Themenkomplexe und Herausforderungen mit Blick auf die praxisintegrierte Ausbildung von Erzieher*innen. In: Botzum & Neumann (Hrsg). Betreuung von Kleinstkindern. Qualität von Anfang an in Krippe, Kindergarten und Kita. Praxisanleitung, Personalentwicklung und Teamkultur. 41. Lieferung. 8.2023. Teil 1. Beitrag VII 1.29, Teil 2 Beitrag VII 1.30. Carl Link Verlag.

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Literaturhinweise

  • Barbarino, B & Nachtigall, C. - Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (12.2023). In: Deutsches Jugendinstitut e.V. (Hrsg): Praxisanleitung in Kindertageseinrichtungen. Qualifikation, zeitliche und finanzielle Ressourcen - eine bundesweite Dokumentenanalyse. WiFF Arbeitspapiere. Nr. 12.
  • Fischer, S./Speck-Giesler, K. (2014): Praxisanleitung pädagogischer Fachkräfte. Der Weg zu mehr Qualität. Berlin: Cornelsen.
  • Kempf, M., Müllerschön, U./Neuburger, E. (2002): In: Skribanek, S./Teske, I. (Hrsg.): Qualitätskriterien für PraxisanleiterInnen. Theoretische und praktische Überlegungen zur Praktikumsgestaltung. FH Ravensburg-Weingarten. Fachbereich Sozialwesen.
  • König, A./Kratz, J./Stadler, K./Uihlein, C. (2018): Aktuelle Entwicklungen in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen für Sozialpädagogik Organisationsformen, Zulassungsvoraussetzungen und Curricula - eine Dokumentenanalyse: eine Studie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). Verfügbar unter:https://www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen/detail/aktuelle-entwicklungen-in-der-ausbildung-von-erzieherinnen-und-erziehern-an-fachschulen-fuer-sozialpaedagogik).
  • KultusministerkonferenzKultusministerkonferenz|||||Die KMK  ist die ständige Konferenz der Länder in der BRD, wurde 1948 gegründet und ging aus der "Konferenz der deutschen Erziehungsminister" hervor. Sie basiert auf dem freiwilligen Zusammenschluss der zuständigen Minister/Senatoren der Länder für Bildung, Erziehung und Forschung. Da nach dem Grundgesetzt und sog." Kulturhoheit der Länder" die Zuständigkeiten für das Bildungswesen bei den einzelnen Ländern liegt, behandelt die KMK Angelegenheiten von  überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer "gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung, sowie der Vertretung gemeinsamer Anliegen".  (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.06.2020): Rahmenlehrplan für die Fachschule für Sozialpädagogik. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2020/2020_06_18-RVFS-RLP-Sozpaed.pdf
  • Kultusministerkonferenz (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.2011 i.d.F. vom 24.11.2017): Kompetenzorientiertes Qualifikationsprofil für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen und Fachakademien.Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2011/2011_12_01-ErzieherInnen-QualiProfil.pdf)
  • Kultusministerkonferenz (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.09.2010, Be-schluss der Jugend- und Familienministerkonferenz vom 14.12.2010): Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern - Gemeinsamer Orientierungsrahmen „Bildung und Erziehung in der Kindheit“. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2010/2010_09_16-Ausbildung-Erzieher-KMK-JFMK.pdf
  • Ministerium für Bildung in Rheinland Pfalz: Trägerübergreifende Rahmenvereinbarung in Rheinland Pfalz, neue Fassung, gültig ab 15.08.2022. Verfügbar unter: https://kita.rlp.de/traeger-und-fachkraefte/praxisanleitung#c72809
  • Weltzien, D./Hoffer, R./Hohagen, J./Kassel, L./Wirth, C. (2021): Expertise zur praxis-integrierten Ausbildung. Überblick, Perspektiven und Gelingensbedingungen. Freiburg.
  • Verfügbar unter: https://fachkraefteoffensive.fruehe-chancen.de/aktuelles/expertise-zur-praxisintegrierten-ausbildung-veroeffentlicht/


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