Kita-Sozialarbeit – Entlastung für die Kita

Inhaltsverzeichnis

  1. 2. Entlastung für die Kindertagesstätten
  2. 3. Aufgabengebiet der Kita-Sozialarbeit
  3. 4. Benötigte Kompetenzen und Fähigkeiten
  4. 5. Ausblick
  5. 6. Literaturverzeichnis

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SozialraumAbb. 1: Sozialraum aus der Perspektive von Vorschulkindern

1. Einleitung

Kindertageseinrichtungen stehen mehr als je zuvor im Fokus von Politik und Fachwelt. Auslöser der vermehrten Aufmerksamkeit ist der Wandel der Kindheit, die zunehmende Bedeutung frühkindlicher Bildung, veränderter vielfältiger familiärer Lebensformen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die damit neuen Anforderungen und Herausforderungen für die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte (vgl. Nolte 2014 S. 4; Schneider 2015, S. 75). Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der zunehmenden gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnisse sehen sich die professionellen Akteure in Kindertageseinrichtungen mit komplexen Unterstützungsbedarfen konfrontiert (vgl. Drößler 2020, S. 1).

Neben der Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern, als Auftrag der Kindertagesstätte, kommen weitere Aufgaben wie Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit sowie aus dem Bereich der Familienunterstützung und -beratung hinzu (vgl. Schneider 2015, S.75; Kreisverwaltung Mayen-Koblenz 2021, S. 4). Fachliche Debatten zu Demokratiebildung und Inklusion verdeutlichen, die Notwendigkeit, neben Kindern auch die Familien und das Umfeld der Kita im Blick zu haben (vgl. Nolte 2014, S. 4).

Die Diskussion um Frühe Hilfen als niedrigschwelliges Angebot für Eltern und Familien aus belasteten Lebenslagen, erlangen an Relevanz im System der Kindestagesbetreuung (vgl. Nolte 2014, S. 4). Frühe Hilfen als lokales und regionales Unterstützungssystem für Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahren dienen der Stärkung der elterlichen Erziehungs- und Beziehungskompetenz. Durch koordinierte Hilfsangebote sollen Eltern und Familien frühzeitig Unterstützung, Beratung und Begleitung in belasteten Lebenslagen erhalten. Auf diese Weise tragen Frühe Hilfen „maßgeblich zum gesunden Aufwachsen von Kindern bei und sichern deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe.“ (NZFH 2009). Grundlagen Früher Hilfen sind die multiprofessionelle Kooperation und Vernetzung mit anderen passgenauen Institutionen (vgl. NZFH 2009).

Kooperationspartner vor Ort, gelingende Vernetzungs¬strukturen und der Einbezug des Umfeldes der Kita bzw. des Kita-Sozialraums sind notwendig geworden, um den Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsauftrag in guter Qualität zu erfüllen (vgl. Nolte 2014, S. 4). Denn „Kindertagesstätten werden zu Sozialzentren (…).“ und „(…) mehr und mehr zu zentralen Anlaufstellen unterschiedlicher Menschen im Sozialraum“ (Schneider 2015, S. 75).

Damit hat sich die Kindertagesstätte zu einem Begegnungsort für Familien entwickelt, an dem auch Eltern aus unsicheren Lebenslagen erreicht werden können. Die Kita bietet damit eine Plattform für die Förderung von Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Ungleichen Aufwachsbedingungen von Kindern und ihren Familien sowie der Ausschluss der gesellschaftlichen Teilhabe kann entgegengewirkt werden (vgl. Drößler 2019, S. 3).

Um die Kinder und ihre Familien, unter Berücksichtigung ihrer individuellen Lebenswelten und des jeweiligen Sozialraums, adäquat unterstützen und begleiten zu können, müssen die pädagogischen Fachkräfte sich Wissen über diese aneignen, sich an diesen orientieren sowie Netzwerkarbeit im Sozialraum leisten (vgl. Schneider 2015, S. 77).


2. Entlastung für die Kindertagesstätten


Die gestiegenen Anforderungen und Herausforderungen an pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten sind im Alltagsgeschehen kaum zu bewältigen. Der Fachkräftemangel stellt eine weitere Hürde bei der Bewältigung komplexer Unterstützungs- und Beratungsbedarfe der Eltern und Familien da. Besonders die Kindertageseinrichtungen, die in sozial benachteiligten Stadtteilen verortet sind, sehen sich mit gestiegenen Bedarfslagen für Beratung und Unterstützung sowie Angeboten für die Entwicklungsförderung von Kindern mit Entwicklungsrisiken konfrontiert (vgl. Drößler 2020, S. 1).

Was es braucht, ist eine neue Akteursebene - „die Kita-Sozialarbeit“, als Entlastung für die pädagogischen Fachkräfte und die Leitung in der Kindertagesstätte. Die Schulsozialarbeit ist bereits als ein Profil an der Schule, in der mehrheitlich mit Schülern und Schülerinnen gearbeitet wird, bekannt und etabliert. Doch was hat es mit der Kita-Sozialarbeit auf sich?
Die Schwierigkeit in der Darstellung des Konzepts von Kita-Sozialarbeit besteht darin, dass es für das neue Handlungsfeld keine einheitliche Definition und kaum Literatur gibt. Des Weiteren bestehen im bundesweiten Diskurs um die Kita-Sozialarbeit unterschiedliche Vorstellungen (vgl. Thielemann 2022).

Trotz dieser Schwierigkeiten wurde in diesem Fachtext der Versuch unternommen, das Konzept der Kita-Sozialarbeit sowie die Profilentwicklung bestmöglich vorzustellen. Dabei standen die Fragen, was Kita-Sozialarbeit ausmacht und was darunter verstanden werden kann, im Fokus der Ausführung.


2.1 Neue Akteursebene Kita-Sozialarbeit
Der Begriff „Kita-Sozialarbeit“ vereint die zwei Handlungsfelder der Sozialen Arbeit und der Kindertagesbetreuung. Das Aufgabenprofil von Sozialarbeitenden und pädagogischen Fachkräften unterscheidet sich u.a. hinsichtlich ihrer professionellen Perspektive und normativnormativ|||||Normativ  bedeutet normgebend, somit wird etwas vorgeschrieben, dass Normen, Regeln oder ein „Sollen“ beinhaltet.en Grundlage. Sozialarbeiter*innen fokussieren die Bedarfe sowie Bedürfnisse von Kindern und ggf. ihren Eltern und agieren, häufig fallgeleitet, im Bereich der Abweichung vom Normalmodell. Pädagogischen Fachkräfte haben hingegen die Entwicklung und Aufwachsbedingungen bzw. Vorbedingungen im Blick. Die normative Grundlage des Handelns pädagogischer Fachkräfte sind Unauffälligkeit und Normalverläufe kindlicher Entwicklung und damit die Konzipierung von Angeboten für alle Kinder (vgl. Drößler 2020, S. 4f).

Die unterschiedlichen fachlichen Verständnisse der zwei Handlungsfelder müssen für die neue Profession „Kita-Sozialarbeit“ als Schnittstelle miteinander verbunden werden. Auf diese Weise lassen sich die Perspektiven und Angebote der Sozialen Arbeit in der Kindertagesstätte etablieren und nutzen (vgl. Drößler 2020, S. 2).

Seit 2015 stellt die Kita-Sozialarbeit ein neues Feld der Sozialen Arbeit da, welches sich seither zunehmend als sozialpädagogisches Zusatzangebot in Kindertagesstätten etabliert. In Deutschland zeigen sich verschiedene Umsetzungsvarianten der Kita-Sozialarbeit und vielfältige Ansätze, die in Form von Projekten und Initiativen erprobt werden. In Rheinland-Pfalz wurde die Kita-Sozialarbeit über die Einführung eines Sozialraumbudgets flächendeckend umgesetzt.

Unterschiede zeigen sich u.a. in dem Verständnis der Zugänge der Institutionellen Verortung sowie in der allgemeinen Organisation der Kita-Sozialarbeit. So können sozialarbeitende Angestellte der Kita Angestellte des Trägers der Kita, des Jugendamts sowie auch von externen Trägern/Institutionen sein (vgl. Thielemann 2022).


Drößler (2020) unterscheidet zwischen zwei Zugängen der Kita-Sozialarbeit, die sich mit Blick auf konkrete Praxiskonzepte und Projekte identifizieren lassen:
  1. Additiv-ergänzend: Sozialpädagogische Fachkräfte werden als eine zusätzliche fachliche Ressource für Kindertagesstätten angesehen, sind aber nicht Teil der Institution. Die Sozialarbeiter*innen sind i.d.R. nur tage- oder stundenweise in den Einrichtungen präsent oder stehen als externe Ansprechpersonen zur Verfügung. Methodisch dominieren klassische Ansätze aus der Sozialen Arbeit wie Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit und Einzelfallhilfe (vgl. Drößler 2020, S. 3f).
  2. Integriert-erweiternd: Kindertagesstätten erhalten eine zusätzliche Ressource in Form struktureller sozialpädagogischer Fachkompetenz. Zentraler Bezugspunkt ist aber die Kindertageseinrichtung als Organisation. Die dort tätigen Fachkräfte werden als Mitwirkende wie Adressat*innen des sozialarbeiterischen Handelns betrachtet (vgl. Drößler 2020, S. 3-7). „Dahinter steht der Gedanke einer Erweiterung und Differenzierung der fachlichen Grundlagen der beteiligten Kindertagesstätten um relevante sozialarbeiterische Inhalte und Methoden“ (Drößler 2020, S. 6). Es wird eine Organisationsentwicklung der Kindertagesstätte aus der Perspektive der Kinder angestrebt.
Als Gemeinsamkeit der bisherigen Pilotprojekte und Konzepte zur Kita-Sozialarbeit sind die Begründung sowie die Zielsetzungen zu nennen. Übergeordnetes Ziel der Kita-Sozialarbeit als zusätzliches Handlungsfeld in der Kindertagesstätte ist es, struktureller und individueller Benachteiligung von Kindern und Familien entgegenzuwirken und deren Chancengleichheit zu fördern (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 5).

Der theoretische Hintergrund für die Kita-Sozialarbeit sind die Lebenswelt- und Sozialraumorientierung, ResilienzResilienz|||||Resilienz kann als "seelische Widerstandsfähigkeit" verstanden werden mit der Fähigkeit Krisen zu meistern und diese als Anlass für Selbstentwicklungen zu nutzen. In der Resilienzförderung geht es speziell darum die Widerstandsfähigkeit von Kindern und Erwachsenen in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen durch schützende Faktoren zu entwicklen, zu ermutigen und zu stärken. Ein verwandter Begriff ist der der Salutogenese.  und das Empowerment (vgl. Swat/Reifenhäuser 2023, S. 32). Die Arbeit der Jugendhilfe und damit auch der Kindertagesstätten sowie der Kita-Sozialarbeit unterliegt den zentralen Prinzipien der Sozialraum- und Lebensweltorientierung (vgl. Hinte 2000; Kessl/Reutling 2007; Noack 2015; Thiersch 2020). Die Orientierung der Kinder- und Jugendhilfe an den Bedingungen des „geografischen, emotionalen und mit Beziehungen gestalteten Raums“ (Kobelt Neuhaus/Refle 2010, S. 11) ist im § 22a SGB VIII seit 2008 gesetzlich verankert. Für die Kita-Sozialarbeit stellt der Kita-Sozialraum den zentralen Arbeitsschwerpunkt dar.

Kita-Sozialarbeit geht dabei über den allgemeinen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag der Kindertagesstätten hinaus, indem sie über die Kindertagesstätte als zentrale Anlaufstelle in den Sozialraum hineinwirkt (vgl. Swat/Reifenhäuser 2023, S. 10). Sie zeigt Ressourcen und Bedarfe von Kindern, Familien sowie dem Sozialraum auf und unterstützt Kindertagestätten und Familien dabei diese zu berücksichtigen bzw. zu nutzen. Die Beratungsinhalte können dabei sehr vielfältig sein, da die Themen immer im individuellen, lebensweltorientieren Kontext der Familien betrachtet werden müssen (vgl. Schmider 2022, S. 17).

Tägliche Hol- und Bringsituationen in der Kindertagesstätte ermöglichen niederschwellige Kontaktmöglichkeiten zu den Kita-Eltern. Kita-Sozialarbeit ist aufsuchende Sozialarbeit, d.h. Kita-Sozialarbeitende befinden sich in der Kindertageseinrichtung sowie im Kita-Sozialraum und gehen aktiv auf die Kita-Eltern und Familien zu. Durch diese Niedrigschwelligkeit sollen Familien leichten Zugang zu Unterstützung finden (vgl. Bläser 2022, S. 9). Durch niedrigschwellige und präventive Interventionen sollen Familien frühzeitig erreicht werden und durch die Vernetzung der Familien untereinander, soll das Selbsthilfepotenzial gefördert werden. Kita-Sozialarbeit beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und Verschwiegenheit (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 5).

Die Notwendigkeit der Einführung von Kita-Sozialarbeit wird häufig durch die guten Erfahrungen mit der Schulsozialarbeit begründet und wird als wichtiges Instrument der Prävention verstanden. Denn soziale und familiäre Probleme können bereits im Kleinkindalter entstehen und sich im Schulalter verfestigt haben. Eine frühzeitige Unterstützung der Eltern und Familien dient dem Ausgleich sozialer Benachteiligung (vgl. Thielemann 2022). Beide Profile unterscheiden sich in ihren Strukturen sowie in der Zielgruppe. Die Schulsozialarbeit fokussiert neben den Lehrer*innen und Eltern insbesondere die Arbeit mit den Schüler*innen. Die Adressat*innen der Kita-Sozialarbeit sind neben den pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen insbesondere die Kita-Eltern, aber weniger die Kita-Kinder (vgl. Thielemann 2022).

Die Intensivierung der sozialräumlichen Arbeit der Kindertagesstätten durch die Kita-Sozialarbeit, dient der Entlastung von pädagogischen Fachkräften und Kita-Leitungen und ergänzt das elementarpädagogischen Leistungsprofil von Kindertagesstätten um strukturelle und fachliche Angebote der sozialen Arbeit. Die Kindertagesstätten und Kita-Familien profitieren von vermehrten Beratungs- und Unterstützungskapazitäten und der Eröffnung von präventiven Maßnahmen und Angeboten (vgl. Drößler 2020, S. 4).

2.2 Kita-Sozialarbeit in Rheinland-Pfalz
Aus dem DiskursDiskurs|||||Der Begriff Diskurs kann verschiedene Bedeutungen haben, wurde ursprünglich jedoch als  „hin und her gehendes Gespräch“ verwendet. Weitere Bedeutungen sind: theoretische Erörterung, systematische, methodische Abhandlung, gesellschaftliche Auseinandersetzung, Erörterung. Sinnverwandt sind auch Debatte, Diskussion, Disput.  heraus, die Kindertagesstätten fachlich und strukturell zu unterstützen, wurde die neue Akteursebene Kita-Sozialarbeit flächendeckend in rheinland-pfälzischen Kitas ab Juli 2021 im Kontext des Sozialraumbudgets implementiert. Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland, in dem die Möglichkeit besteht, die personelle Ressource „Kita-Sozialarbeit“ über einen Projektstatus hinaus flächendeckend in den Regionen einzusetzen.

Das rheinland-pfälzische KiTa-Zukunftsgesetz (KitaG) regelt erstmalig in § 25 Abs. 5 ein Sozialraumbudget. Dieses ermöglicht über die personelle Grundausstattung nach §§ 21 und 22 hinausgehende personelle Bedarfe abzudecken, die in Tageseinrichtungen aufgrund ihrer sozialräumlichen Situation oder anderer besonderer Bedarfe entstehen können. Dieses Budget kann seit Juli 2021 u.a. zum Einsatz von Sozialarbeitenden in Kindertageseinrichtungen über eine anteilige Regelförderung genutzt werden (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 4). Um dauerhaft Unterstützung zu erhalten, müssen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Grundlage der Bedarfe im Sozialraum eine entsprechende Konzeption zum Einsatz des Sozialraumbudgets erstellen (vgl. BM o.J.).

Mittlerweile befinden sich landesweit annähernd 300 Kita-Sozialarbeitende im Einsatz. Das Feld der Kita-Sozialarbeit in Rheinland-Pfalz ist heterogen. Die praktische Arbeit der Fachkräfte wird auf vielfältige Art und Weise realisiert. Dies liegt u.a. an den unterschiedlichen lokalen Rahmenbedingungen (vgl. Swat et al. 2023, S. 68). Jede Region weist individuelle Besonderheiten und verschiedene Bedarfe innerhalb der Kindertageseinrichtung und ihrem Sozialraum auf. Diese gilt es im Rahmen eigener regionaler Konzeptionen sowie in der konkreten Praxis der Kita-Sozialarbeit zu berücksichtigen (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 7).

Damit Kita-Sozialarbeit seinen präventiven Charakter entfalten und den Ansatz zu multiprofessioneller Arbeit in den Kindertageseinrichtungen stärken kann, benötigen Kita-Sozialarbeiter*innen vielfältiges Wissen und Kompetenzen, um den Auftrag, zu mehr Chancengerechtigkeit beizutragen, zu erfüllen (vgl. Landtag Rheinland-Pfalz 2019, S. 52).

In Rheinland-Pfalz haben sich seither verschiedene Institutionen / Organisationen der Fort- und Weiterbildung mit der Qualifizierung der Profession der Kita-Sozialarbeit beschäftigt. Derzeit stehen, an der Hochschule Koblenz und der katholischen Hochschule Mainz zwei Zertifikatskurse für bereits Tätige im Feld der Kita-Sozialarbeit sowie für Interessierte Fachkräfte aus pädagogischen Handlungsfeldern zur Weiterqualifizierung zu Verfügung. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein Motivationsschreiben sowie ein Praxisnachweis, der die Tätigkeit in einem pädagogischen Handlungsfeld begründet. Fortbildungs- und Vernetzungsangebote für Kita-Sozialarbeitende bestehen auf lokaler Ebene, je nach Jugendamts-Konzeption. Überregional werden von Institutionen Fachtagungen zur Kita-Sozialarbeit angeboten (vgl. BM o.J.).



3. Aufgabengebiet der Kita-Sozialarbeit


Das Aufgabenspektrum der Kita-Sozialarbeiter*in ist ebenso vielfältig wie die Lebenswelten und Sozialräume der Kinder, Eltern und Familien.
Was machen Kita-Sozialraumarbeiter*innen nun praktisch? Beschreiben lässt sich das Aufgabengebiet Kita-Sozialarbeit in zwei Dimensionen, als Fallarbeit auf drei Ebenen und mit vier Handlungsfeldern.
Zunächst zur sozialräumlichen Fallarbeit orientiert an Hinte (2000) - diese lässt sich für die Kita-Sozialarbeit in drei Ebenen aufteilen (vgl. Hinte 2000, S. 100):

  1. Fallspezifische Arbeit: Die Fachkräfte arbeiten spezifisch in der Einzelfallhilfe, indem sie vertrauensvoll mit Familien zusammenarbeiten und diese unterstützen, bspw. im Umgang mit Ämtern und Behörden oder in Krisensituationen.
  2.  Fallübergreifende Arbeit: Die Fachkräfte arbeiten fallübergreifend vernetzt mit anderen Akteur*innen im Sozialraum und in der Kita. Dabei wirkt die Kita-Sozialraumarbeit als Schnittstelle zwischen den Familien, der Kita und dem Sozialraum. Von diesen Interventionen profitieren mehrere Familien.
  3.  Fallunspezifische Arbeit: Die Fachkräfte arbeiten unabhängig vom Einzelfall, indem sie Netzwerke initiieren und sich in bestehenden Netzwerken im Sozialraum engagieren. Außerdem initiieren sich Eltern-Bildungsangebote. Davon profitieren alle Familien im Sozialraum (vgl. Bläser 2022, S. 6f).

Damit lassen sich vier Handlungsfelder beschreiben, mit denen Kita-Sozialarbeit zusammenarbeitet, kooperiert und sich vernetzt:
  1. Mit Gruppen (Familien)
  2. Mit einzelnen Personen (Eltern)
  3. Mit pädagogischen Fachkräften in der Kita und Netzwerkarbeit (Kita-Team, Sozialraum-Team)
  4. Mit der Arbeit im Sozialraum mit den verschiedenen Hilfesystemen und behördlichen Akteur*innen.
Darüber hinaus muss Kita-Sozialarbeit auch übergeordnete Aufgaben leisten wie beispielsweise Bedarfserhebungen im Kita-Sozialraum, in Öffentlichkeitsarbeit und Berichtwesen etc. Kita-Sozialarbeitende sind Teil des Kita-Teams sowie eines eigenen Kita-Sozialraum-Teams (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 12). Sie haben einen eigenen Auftrag und werden nicht regulär im Gruppendienst eingesetzt und stellen eine personelle Ressource der Kindertageseinrichtung dar.

In der Abbildung 2 wird das vielfältige Aufgabenspektrum der Kita-Sozialarbeit übersichtlich dargestellt, unterteilt auf den drei Ebenen: der Arbeit mit und im Kita-Team sowie der übergeordneten Aufgaben. Jede der drei Ebene hat einen gleich hohen Stellenwert und ist bei der Aufgabenplanung gleichermaßen zu berücksichtigen, damit eine ganzheitliche Ausrichtung von Kita-Sozialarbeit gelingen kann (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 8).

Grafik Kita SozialarbeitAbb. 2: Aufgabenspektrum Kita-Sozialarbeit (Eigene Darstellung in Anlehnung an Stadtjugendamt Neuwied 2021, S. 33).


Kita-Sozialarbeitende haben vor allem Ressourcen im Blick, sowohl personelle, materielle wie auch sozialräumliche. Damit leistet die Kita-Sozialarbeit als institutionsbezogene und sozialräumlich ausgerichtete Fallarbeit einen wichtigen präventiven Beitrag im Feld der Kindertagesbetreuung. Problemlagen werden angemessen aufgefangen und soziale Probleme minimiert. Es muss dabei transparent gemacht werden, dass Kita-Sozialarbeit für alle Kinder, Eltern und Familien im Kita-Sozialraum greifen kann. Dieses Bewusstsein verhindert die Stigmatisierung und Marginalisierung.



4. Benötigte Kompetenzen und Fähigkeiten


Welche Kompetenzen, Fertigkeiten und welches Wissen benötigen Kita-Sozialarbeiter*innen für die Ausführung ihrer Profession?

Hier zeigt sich, dass an die Kita-Sozialraumarbeit ein hoher Anspruch und eine weite Zielsetzung geknüpft sind. Gleichzeitig machen die unterschiedlichen Aufgaben dieses Arbeitsfeld so spannend und attraktiv. Es beinhaltet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und Handlungsspielräume (vgl. Swat/Reifenhäuser 2023, S. 24).

Ein Blick auf das Kerncurriculum Soziale Arbeit zeigt, dass Studiengänge in diesem Bereich einen großen Anteil an Kompetenzen und Wissen vermitteln, die Schlüsselqualifikationen für die Arbeit als Kita-Sozialarbeiter*in darstellen (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 23). Ein akademischer Abschluss wird neben der Berufserfahrung in pädagogischen Handlungsfeldern als sinnvolle Grundqualifikation für die Tätigkeit in der Kita-Sozialarbeit erachtet (vgl. IBEB 2020, S. 12).

Kita-Sozialarbeiter*innen benötigen Fähigkeiten im Bereich der Sozialraum- und Lebensweltorientierung, d.h. die Bedarfe der Kita-Eltern zur Stärkung der Erziehung und Bildung der Kinder zu ermitteln und die Ressourcen des Sozialraumes nutzbar zu machen sowie Impulse für das Sozialraumnetzwerk zu platzieren.

Zudem benötigen die Fachkräfte kommunikative Kompetenzen für Beratung und Zusammenarbeit mit Eltern sowie einen reflexiven Umgang mit Sprache, eine Vermittlungskompetenz und Verweisungswissen, Kenntnisse über die Strukturen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie andere Sozialleistungen und Sozialgesetzgebung (vgl. IBEB 2020, S. 12f).

Für all das benötigen Kita-Sozialraumarbeiter*innen eine vorurteilsbewusste Haltung und die Fähigkeit, vernetzt zu denken und zu handeln. Insbesondere müssen sie mit dem Kita-System mit den unterschiedlichen Zuständigkeiten der Akteure*innen und deren Aufgaben vertraut sein (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 23ff).

Notwendige fachliche Kompetenzen und Kenntnisse für das Arbeitsfeld der Kita-Sozialraumarbeit sind:
  • Rechtliche Grundlagen, welche die Kita-Sozialarbeit betreffen
    • Schweigepflicht und Datenschutz
    • Wissen zu Verwaltungsakten und Sozialverwaltungsverfahren
    • Fähigkeiten, rechtliche Sachverhalte einschätzen und strukturieren zu können und die Fähigkeit, unter Anwendung von rechtlichem Fachwissen anwaltlich für ihre zu begleitenden Familien einzutreten
  • Kompetenzen, Sozialraumanalysen (quantitativ und qualitativ) durchzuführen bzw. die Ergebnisse handlungsorientiert zu interpretieren und die gewonnenen Schlussfolgerungen in der Praxis umzusetzen
  • Kita-Sozialarbeiter*innen benötigen grundlegende Kenntnisse zu Kindeswohlgefährdung, Kinderrechte und Kinderschutz
  • Sie müssen in der Lage sein, partizipative Prozesse zu initiieren und zu gestalten
  • Wesentliche Voraussetzung sind weit gefächerte kommunikative Fähigkeiten und Strategien
  • ein hohes Maß an Reflexionswissen und der Fähigkeit zur Selbstreflexion (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 25f).


Das Aufgabenprofil ist vielfältig und hat Schnittmengen mit dem Aufgabenspektrum anderer Berufsfelder der Sozialen Arbeit. Dies birgt die Gefahr der Vermischung der verschiedenen Aufgabengebiete. Eine klare Rollendefinition, Abgrenzung und Transparenz zu den anderen Professionen (bspw. Insofern erfahrene Fachkraft, Kita-Leitung, Fachberatung, Gemeinwesenarbeit etc.) sind von enormer Bedeutung, um Kita-Sozialarbeit als eigenständiges Feld der Sozialen Arbeit zu etablieren und professionalisieren (vgl. Reifenhäuser 2021, S. 9).


5. Ausblick


Zur Realisierung der erfolgreichen Umsetzung des Bildungsauftrags und der Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern und ihren Familien sowie des Abbaus von Belastungen und Disparitäten in Kitas bedarf es transparenter, verlässlicher und bedarfsorientierter Angebotsstrukturen sowie angemessener struktureller und professioneller Rahmenbedingungen in Kindertagesstätten. Ein solcher Zugang, der den dargestellten Anforderungen auf allen Ebenen gerecht werden kann, ist das Konzept der Kita-Sozialarbeit.

Mithilfe von Kita-Sozialarbeit können in Kitas weitere bedarfsgerechte Hilfen für Kinder und ihre Familien angeboten sowie Fach- und Leitungskräfte entlastet werden. Dadurch wird mit diesem jungen Arbeitsfeld u. a. eine Lücke zwischen den Frühen Hilfen und der Grundschulsozialarbeit geschlossen. Dies stellt eine Erweiterung der Präventionskette für die Kinder dar (vgl. Sielaff/Meyer 2022, S. 2).

Notwendig ist eine konkrete Rollendefinition zur weiteren Profilschärfung von Kita-Sozialarbeit sowie eine transparente Abgrenzung von anderen Professionen und Erörterung von Schnittstellen (vgl. IBEB 2020, S. 17). Kita-Sozialarbeit ist im System der Kinder- und Jugendhilfe verortet und stellt eine Entlastung für die Kita da, die sich an der Lebenswelt und dem Sozialraum orientiert und kooperiert. Sie stellt keine sozialräumliche Ressource da, sondern ist eine personelle Ressource der Kita und wird vom Sozialraum bedingt.

Kindertagesstätten als erster institutioneller Begegnungsort von Kindern, Eltern und Familien eignen sich, um von der Heterogenität und Vielfalt gegenseitig zu profitieren und Synergieeffekte zu nutzen. Durch die Initiierung von Netzwerken und niederschwelligen Angeboten für alle Familien im Sozialraum können das Selbsthilfepotenzial gestärkt und Eltern frühzeitig erreicht werden, bevor sich Probleme verfestigt haben (vgl. Kreisverwaltung Mayen-Koblenz 2021 S. 5).

Eine wichtige Aufgabe von Kita-Sozialarbeit ist es, Hemmschwellen bei Eltern und Familien abzubauen, damit Beratungs- und Unterstützungsangebote wahrgenommen und Kita-Sozialarbeit zum Türöffner werden kann. Kita-Sozialarbeit arbeitet niederschwellig und präventiv und kann zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen (vgl. Swat/Reifenhäuser 2023, S. 24).

In dem Auftrag und den Zielen von Kita-Sozialarbeit sind bereits klare Ansätze zu erkennen, um den gestiegenen Anforderungen an Kitas entsprechen zu können. Der Einsatz von Kita-Sozialarbeit kann daher zur Abdeckung der komplexen Bedarfe von Kindern und ihren Familien sowie zu einer deutlichen Verbesserung der Lage im deutschen Kita-System beitragen. Wünschenswert wäre die flächendeckende Implementierung von Kita-Sozialarbeit auf Bundesebene.


6. Literaturverzeichnis



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