Inklusion in der Krippe
Mittendrin von Anfang an
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Mit dem Inkrafttreten der UN-Konvention zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung in der Bundesrepublik Deutschland stehen auch Krippen vor der Aufgabe, das gemeinsame Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderung in der pädagogischen Praxis zu ermöglichen. Nicht mehr die Frage danach, ob ein entwicklungsgefährdetes Kind aufgenommen werden kann, sondern welche Bedingungen in der Institution geschaffen werden müssen, um die individuellen Bedürfnisse aller Kinder zu beachten, muss das frühpädagogische Handeln unter der Zielperspektive von Inklusion bestimmen. Im Ausbau der Kindertagesbetreuung liegen große Chancen, wenn der bildungspolitische Blick nicht nur auf die Bereitstellung einer Anzahl an Plätzen, sondern auch auf die Weiterentwicklung der Qualität gerichtet wird. In der aktuellen Debatte um Fremdbetreuung deckt der Gedanke der Inklusion allerdings auch Widersprüche auf: Einrichtungen, die sich dazu entschließen, ein Kind mit einer (drohenden) Behinderung aufzunehmen, stoßen dabei auf Widerstand, da eine mit der Aufnahme verbundene reduzierte Gruppengröße das Platzangebot der Einrichtung reduziert. In der frühen außerfamilialen Bildung, Betreuung und Erziehung gibt es im deutschsprachigen Raum allerdings nur wenige empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.e Ergebnisse, die die Chancen der Inklusion von Anfang an dokumentieren. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst dargestellt, an welchen Stellen die Praxis der Integration von Kindern mit Behinderung in der Krippe an strukturell bedingte Grenzen stößt. Auf der Basis von Forschungsergebnissen werden dann Impulse für die Weiterentwicklung von Krippen formuliert.Bildung für alle von Anfang an
Die durch die PISA-Debatte angestoßene Entwicklung von Bildungs- und Orientierungsplänen in den einzelnen Bundesländern hat zum Verständnis beigetragen, Bildungsprozesse nicht mehr auf die Institution Schule zu beschränken. Als erster „geplanter Bildungsort“ (Rauschenbach 2005, S. 4) nimmt die Krippe in diesem Zusammenhang einen wichtigen Stellenwert ein. Während die Basis für eine erfolgreiche Bildungsbiographie in der Familie bereitgestellt wird, besteht die bildungspolitische Hoffnung, dass herkunftsbedingte Benachteiligungen am wirksamsten in frühen Entwicklungsphasen durch eine qualitativ hochwertige Betreuung außerhalb der Familie überwunden werden können. So besteht fachliche Einigkeit darin, dass der allein auf die Quantität ausgerichtete Ausbau dem Anspruch auf Bildung von Anfang widerspricht (vgl. Laewen 2007): Tietze et al. (1998) konnten belegen, dass nicht der Besuch einer Kindertageseinrichtung allein, sondern vielmehr die pädagogische Qualität einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklungschancen von Kindern einnimmt. Die mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (BMFSFJ 2005) angestoßenen Herausforderungen decken in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit „grundlegende[r] und intensive[r] (Weiter-)Entwicklungsbemühungen“ (Rossbach 2008, 322) für die frühpädagogische Praxis auf. Wie Inklusion in diesem Verständnis zu einem Qualitätsmerkmal von Krippen werden kann, soll im Folgenden ausgeführt werden. Zunächst wird dabei der Unterschied in der Praxis der Integration zur Praxis der Inklusion dargestellt.
- Zuletzt bearbeitet am: Freitag, 26. Februar 2016 11:12 by Karsten Herrmann