Rassismus und Rechtextremismus in KiTa und Tagespflege

Rassistische und rechtsextremistische Äußerungen und Verhaltensweisen dürfen in Kindertageseinrichtungen nicht toleriert werden, da sie beleidigend sind und die Freiheit und Rechte anderer Menschen verletzen. Pädagogische Fachkräfte können damit in Situationen mit Kindern, Eltern und auch im Team konfrontiert werden. In jedem Fall sollte angemessen und klar reagiert werden.

Was Rassismus und Rechtsextremismus bedeuten

Rassismus ist eine spezielle Form von Vorurteil, die häufig auch zur Ideologie wird. Dabei werden Menschen aufgrund von ihnen zugeschriebenen ethnischen Gemeinsamkeiten kategorisiert, stigmatisiert und abgewertet, ohne das Individuum dabei zu berücksichtigen. Personen wird Gleichheit aufgrund weniger – meist äußerlicher – Merkmale (z. B. Hautfarbe oder Kleidung) und der daraus abgeleiteten Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe unterstellt. Diese wird gegenüber der konstruierten Gruppe, in die man sich selbst einordnet, in der Regel abgewertet. Auch eine Betonung eher positiver Eigenschaften (z. B. „Afrikaner“ könnten gut tanzen) kann jedoch dazu führen, dass sich Betroffene als „anders“ empfinden. Ihnen wird damit vermittelt, fremd zu sein und nicht dazuzugehören. (1)

Rechtsextremismus zeichnet sich nach Wienold im Kern durch die Ablehnung von Gleichheitsgrundsätzen aus, die sich in den Menschenrechtkonventionen abbilden. Es werden „von Natur aus gegebene“ Rangordnungen (z. B. zwischen „Rassen“) propagiert, denen auch mit Gewalt gesellschaftliche Geltung verschafft werden soll. Dabei wird eine liberale und rechtsstaatliche Demokratie bekämpft und die leitende Idee einer „Volksgemeinschaft“ idealisiert, in der für „von Natur aus“ Minderwertige kein Platz mehr wäre. (2)

Diskriminierung in der Kita: Zum Handeln verpflichtet

Im Alltag ist es nicht immer einfach, zwischen „unreflektierten Sprücheklopfern“ und rechtsextrem Gesinnten zu unterscheiden. Bedenklichen Äußerungen und Verhaltensweisen in Kindertageseinrichtungen – ob auf Ebene der Kinder, Eltern oder der Einrichtung selbst – sollte in jedem Fall entgegen getreten werden. Wird in diesen Situationen nicht reagiert, kann das, auch von anwesenden Kindern, als Akzeptanz ausgelegt werden.

Diskriminierungen unter Kindern

Wenn ein Kind aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, Hautfarbe, sozialer Herkunft oder weiterer Merkmale nicht mitspielen darf, handelt es sich klar um eine Diskriminierung. Da den betreuten Kindern Schutz zu gewährleisten ist, muss in einer solchen Situation eingegriffen werden. Zunächst sollte sich die Fachkraft dem diskriminierten Kind zuwenden, es trösten und dessen Unrechtswahrnehmung bestärken, bevor mit dem diskriminierenden Kind gesprochen wird. Bedacht werden sollte dabei, dass es sich nicht um Erwachsene handelt: Im Kindergartenalter entwickelt sich das Moralverständnis erst noch und Kinder benötigen hierfür Orientierung. Übermäßige Empörung kann die Kinder eher verwirren und beschämen, weshalb eine ruhige, aber bestimmte Reaktion angemessen ist. Beispielsweise durch die Erinnerung an eine Grundregel: „Hier wird niemand ausgeschlossen“. Zu hinterfragen ist dabei, ob die Ablehnung wirklich mit den Identitätsmerkmalen zu tun hat (es sich also um eine Diskriminierung handelt) oder ob es andere Gründe gibt. Mit einer klaren eigenen Wertvorstellung der Fachkräfte kann hier der respektvolle Umgang miteinander vorgelebt und Orientierung gegeben werden. (3) Bei wiederholten Diskriminierungen sollten Fachkräfte die Eltern der Kinder einbeziehen.



Ein im Team gemeinsam entwickeltes Leitbild hilft, sich über gemeinsame demokratische Grundwerte zu vergewissern und Sicherheit zu gewinnen, die in Diskriminierungssituationen handlungsfähig macht. Dieses Leitbild sollte sich auch deutlich in der Hausordnung widerspiegeln, die von den Eltern mit dem Abschluss eines Betreuungsvertrags zur Kenntnis genommen und akzeptiert wird. Auf diese kann auch im Umgang mit rassistischen Äußerungen, rechtsextremer Kleidung und Symbolik hin-gewiesen werden. (3) Ebenso sollte bei Neueinstellungen von Fachkräften das Leitbild bereits im Bewerbungsgespräch thematisiert werden. (4) Das Mittragen dieses demokratischen Leitbildes kann als verpflichtend für die Tätigkeit in der Einrichtung formuliert sein.


Rassistische Äußerungen von Eltern

Auch Eltern, die fundamental andere Meinungen und Wertorientierungen vertreten, sind für Fachkräfte wichtige Kooperationspartner und als solche anzuerkennen und wertzuschätzen. In der Praxis kann das herausfordernd sein, beispielsweise wenn Eltern ihren Kindern in Anwesenheit anderer das Spielen mit Kindern anderer Hautfarbe verbieten und dabei rassistische Zuschreibungen nutzen. (5) Die beteiligte Fachkraft sollte in einer solchen Situation deutlich darauf hinweisen, dass in der Einrichtung Äußerungen dieser Art unerwünscht sind. Dabei sollte jedoch vermieden werden, das Elternteil vor dem eigenen Kind bloß zu stellen. Wichtig ist zudem, im Nachgang das Gespräch mit den jeweiligen Eltern zu suchen, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Einrichtung ein bewertungs- und diskriminierungsfreier Raum sein soll.

Fragen wie „Welche Bedenken haben Sie? Machen Sie sich Sorgen um die Sprachförderung?“ (6) ermöglichen einen wertschätzenden Einstieg in solch schwierige Elterngespräche und signalisieren Interesse am Gegenüber. Belehren und Moralisieren wird als kontraproduktiv gesehen, ebenso das Ein-lassen auf politische Diskussionen. Sollten offensichtlich rechtsextreme Meinungen geäußert werden, muss auf die Nichtakzeptanz solcher Aussagen in der Einrichtung hingewiesen werden.

Reflexion im Team der Einrichtung

Die wenigsten Fachkräfte würden sich als rassistisch bezeichnen. Daher ist es für sie wichtig, sich – beispielsweise anhand eines gemeinsamen Leitbildes – immer wieder mit dem Thema auseinanderzusetzen, viel über unbewusste Diskriminierungsprozesse zu lernen und handlungssicherer zu werden. Gerade in herausfordernden Situationen mit Eltern und Kindern die kollegiale Beratung zu suchen, ermöglicht die gegenseitige Rückversicherung. Spezielle Beratungsstellen, wie zum Beispiel die Mobile Beratung, geben weitere Informationen dazu und unterstützen bei Teamprozessen.


Anmerkungen

(1) Kulturbüro Sachsen e. V. (2017). Ist die Kita ein Schutz-raum vor Gesellschaft und Politik? Dresden. Zitat S. 29. http://kulturbuero-sachsen.de/phocadownload/ AB_fachcoaching/Kita-Broschuere-Web.pdf

(2) Wienold, H. (2014). Was wollen die Rechten? Rechtsext-remismus in Deutschland heute. In Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Wer kommt denn da sein Kind abholen? (S. 12). Berlin. https://www.boell.de/sites/default/files/ orientie-rung_rechtsextremismus_kitas_1.pdf

(3) Wagner, P. (2015). Was tun bei diskriminierenden Äuße-rungen von Kindern? In Projekt ElternStärken (Hrsg.), Eine Broschüre über Rechtsextremismus als Thema in der Kita (S. 43-46). Berlin. https://www.licht-blicke.org/elternstaerken2/wp-content/ uploads/ES-BRO2016-web.pdf

(4) Prausner, E. (2015). Elternarbeit zwischen Wertschätzung und Positionierung. In Projekt ElternStärken (Hrsg.), Eine Broschüre über Rechtsextremismus als Thema in der Kita (S. 38-42). Berlin. Download-Link siehe Wagner, P.3

(5) Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.). (2014). Wer kommt denn da sein Kind abholen? Berlin. Zitat S. 14. Download-Link siehe Wienold, H.2

(6) Amadeu Antonio Stiftung (2018). Ene, mene, muh – und raus bist du! Ungleichwertigkeit und frühkindliche Päda-gogik (i. B. S. 49). Berlin. https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/ w/files/pdfs/kita_internet_2018.pdf



Hinweis:

Dieser Text ist im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des vom Bundesfamilienministerium geförderten Programms „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ durch das nifbe entstanden. Er ist ein Teil des digitalen Sammelordners "Kita-Einstieg Wissen kompakt" mit knappen prägnanten Texten zu diesem Themenbereich und einer Einführung zum Hintergrund.

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